Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
Vom Netzwerk:
Boot, das ihm heute viel kleiner erschien als früher. Dann nahm er den Korb und die Decke, verstaute beides unter einer der Ruderbänke und streckte dann Fiona die Arme entgegen. »Wenn es leichter für dich ist, mach einfach die Augen zu und lass dich fallen. Dir wird nichts passieren. Ich bin da.«
    Mit bleichen Lippen murmelte sie etwas vor sich hin. Dann schloss sie tatsächlich die Augen und machte einen Schritt ins Leere. Er fing sie auf und versuchte gleichzeitig, das Schwanken des Boots mit seinen Füßen auszugleichen. Natürlich spürte sie trotzdem etwas. Aufschluchzend klammerte sie sich an die Ärmel seiner Jacke.
    Trotz ihrer fast übermächtigen Angst hatte Fiona ihm vertraut und war mit geschlossenen Augen ins Boot gestiegen. In Aidan stieg kribbelnde Wärme auf, während er ihr half, sich hinzusetzen. Dann legte er ihr die Decke um die Schultern und setzte sich auf die gegenüberliegende Bank. Dabei ließ er sie keine Sekunde aus den Augen und bewegte sich so langsam und vorsichtig wie es nur ging, damit das Boot möglichst ruhig auf dem Wasser lag.
    Fiona saß vollkommen bewegungslos da und schien die Bäume drüben auf der Insel anzustarren. Die Hände hatte sie unter der Decke hervorgeschoben und umklammerte den Bootsrand so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten.
    »Es dauert nicht lange«, versuchte er sie zu beruhigen. »Höchsten zehn Minuten, obwohl ich zugegebenermaßen etwas aus der Übung bin.« Verdammt. Er hätte ihr nicht sagen sollen, dass er schon länger nicht gerudert war, das verstärkte womöglich noch ihre Angst.
    Sie löste jedoch ihren Blick von der Insel, sah ihn an und zog die Mundwinkel zu einem mühsamen Lächeln hoch und flüsterte: »Danke.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Ach weißt du, mir ist jedes Mittel recht, nicht am Schreibtisch sitzen zu müssen.« Wieder hatte er in seinem Bemühen, sie abzulenken und zu beruhigen, etwas Falsches gesagt. Fiona sollte ja nicht denken, dass sie für ihn nur eine x-beliebige Ablenkung von seiner Arbeit war. Oder war es ihr am Ende sogar ganz recht, wenn er so empfand? Aidan wurde einfach nicht schlau aus ihr und ihrem Verhalten. Ihre Augen schienen ständig etwas anderes sagen zu wollen als ihr Mund. Andererseits – wie konnte er von ihr erwarten, dass gerade sie mit dem umgehen konnte, was zwischen ihnen geschehen war, wenn er selbst hoffnungslos zwischen Sehnsucht und Abwehr schwankte?
    In diesem Moment, hier auf dem See, dachte Fiona jedoch ganz sicher nicht über ihre Gefühle ihm gegenüber nach. Sie hatte Angst und brauchte all ihre Kraft, um diese zu bekämpfen. Als sie den Blick hob, sah Aidan jedoch auch Entschlossenheit in ihren funkelnden Augen. Und angesichts ihrer Tapferkeit wurde sein Herz plötzlich weich. Wenn eine Frau eine solche Mutprobe für ihre Schwester auf sich nahm, die sie viele Jahre nicht gesehen hatte, was würde sie dann erst für den glücklichen Mann tun, dem sie eines Tages ihr Herz schenken würde?
    »Aidan, erinnerst du dich, dass wir neulich über den Fluch gesprochen haben, der angeblich auf den Männern der MacNaughtons liegt?«
    Ihre Stimme klang erstaunlich fest und klar. Sie schaute ihn eindringlich an und schien jeden Blick auf irgendetwas außerhalb des Boots zu vermeiden.
    Er nickte. Unter anderen Umständen hätte er sich vielleicht geweigert, ernsthaft über dieses Thema zu reden, aber jetzt war es gut, wenn sie abgelenkt war. »Worum ging es da nochmal genau in dem Fluch?«, erkundigte er sich deshalb im Plauderton.
    »Um Liebe«, erwiderte sie knapp, und in ihre Wangen stieg wieder ein wenig Farbe.
    »Um Liebe? Sind wir etwa zur Liebe verflucht?« Sein Lachen blieb ihm in der Kehle stecken. Plötzlich hatte er ein merkwürdiges Gefühl in der Magengegend. Fiona sah ihn an, als würde sie ihre Worte nur allzu ernst meinen.
    »Nein«, antwortete sie leise. »Catriona hat die Männer deiner Familie verflucht, niemals wirklich lieben zu können.«
    »Das ist doch Quatsch!«, entfuhr es ihm.
    »Vielleicht.« Sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder und unternahm einen zweiten, erfolgreicheren Anlauf: »Hast du denn schon einmal wirklich geliebt?«
    Ihre Frage erschreckte ihn so, dass ihm fast das Ruder aus der linken Hand geglitten wäre. Als er sich ruckartig zur Seite bewegte, geriet das Boot ins Schwanken. Fiona blieb erstaunlich ruhig. Sie klammerte sich immer noch mit beiden Händen am Bootsrand fest, schrie jedoch nicht auf, sondern sah ihn nur weiter starr an. Er

Weitere Kostenlose Bücher