Geisterreigen
kratzen. "Das kommt aber nicht aus dem Keller." John March ließ den jungen Arzt einfach stehen und eilte in den hinteren Teil der Halle.
Timothy war schneller als der alte Mann. Er erreichte zuerst die Tür, die in einen der unbewohnten Flügel führte, und riß sie auf. Willow schoß an ihm vorbei, stoppte dann und kehrte zu ihm z urück. Mit den Vorderzähnen packte er den Arm des Tierarztes. Energisch begann er in Richtung des Turms zu ziehen.
"Wir sollen mitkommen, da bin ich mir ganz sicher", sagte T imothy erschrocken. "Es muß etwas passiert sein. Kommen Sie, Mister March!"
Als Willow merkte, daß die Männer ihm folgen würden, ließ er den Tierarzt los und rannte davon. Nach einigen Metern kehrte er zurück, kläffte und jagte weiter. Er ließ Timothy und John March kaum Zeit, um einmal Atem zu schöpfen.
"Das gibt es doch nicht!" stieß John March entgeistert hervor, als sie vor der Maueröffnung standen. "Es wurde immer von einem Geheimgang geredet, aber niemand konnte mehr sagen, wo er sich befunden hat. Generationen von Rowlands haben nach ihm gesucht, weil..."
"Mister March, das können Sie mir alles noch später erzählen", fiel ihm der junge Tierarzt ins Wort. "Jetzt brauchen wir erst ei nmal Taschenlampen und vielleicht auch ein starkes Seil. Es..." Er wehrte Willow ab, der wieder sein Handgelenk packte. "Wir kommen, Willow, aber das geht alles nicht so schnell. Wir können nicht ohne Licht diesen Gang betreten."
"Bleiben Sie hier, ich hole die Sachen."
"Warten Sie", befahl Dr. Lansing. "Tibor soll mich begleiten. Verzeihen Sie, aber Sie sind etwas zu alt für dieses Unternehmen."
"In Ordnung." Der Butler eilte davon.
Willow wollte nicht begreifen, weshalb ihm der Tierarzt nicht sofort folgte. Immer wieder rannte er in den Gang, kehrte zurück, winselte, griff nach Timothys Hosen oder Handgelenk. Dem jungen Mann gelang es kaum, den Hund zu beruhigen.
Endlich kam John March mit Tibor. Er reichte Timothy eine starke Taschenlampe und das Seil. "Ich werde auf alle Fälle Do ktor Hunter verständen", versprach er.
"Ja, vielleicht brauchen wir ihn", erwiderte Timothy. Dann wandte er sich an Tibor, um ihm zu sagen, daß es sicher nicht ganz ungefährlich sein würde, diesen Gang zu betreten.
"Es gibt nichts, was ich für Miß Rowland nicht tun würde", versicherte der junge Bursche. "Worauf warten wir noch?"
"Ja, worauf warten wir noch?" wiederholte Timothy und folgte Willow in den Gang.
Diana wußte, daß es keinen Sinn haben würde, um Hilfe zu rufen. Sie war viel zu weit von der Burg entfernt, um gehört zu werden. Ihre einzige Hoffnung war Willow. Bis jetzt war er noch nicht zurückgekehrt, das konnte nur heißen, daß sich die Mauer nicht wieder geschlossen hatte.
Wenn sie aufblickte, glaubte sie, noch immer die Kinder tanzen zu sehen. Hin und wieder erklang Mary's Lachen. Ohne Lucy wäre Diana längst verrückt geworden, aber das kleine Mädchen war bei ihr. Sie spürte es ganz deutlich.
Plötzlich hörte sie ein entferntes Bellen. Sie sprang auf. "Willow!" rief sie angst- und hoffnungsvoll zugleich. "Willow!"
Der Hund tauchte am Schachtrand auf. Aufgeregt bellte er zu ihr hinunter.
"Diana!"
Die junge Frau konnte es kaum fassen. "Timothy", flüsterte sie heiser. "Timothy." Sie fühlte, wie Tränen über ihr Gesicht rannen. Es kostete sie Mühe, ihrer Stimme Kraft zu geben. "Timothy!" Sie streckte die Arme nach oben. "Timothy!"
Dr. Lansing eilte mit Tibor zu dem Schacht. Der Lichtschein von Dianas Taschenlampe wies ihm den Weg. Er warf sich auf den Boden und leuchtete nach unten. "Hast du dir etwas gebrochen?" rief er.
"Nein, ich habe nur ein paar blaue Flecke", antwortete seine Verlobte unter Tränen. "Bitte, hol mich hier 'raus. Bitte." Sie schluckte. "Hier unten liegen die Skelette der kleinen Mädchen. Wenn Lucy nicht gewesen wäre, ich... Timothy, bitte, hol mich 'raus."
"Willow, ruhig", befahl Dr. Lansing, da der Hund so einen Krach vollführte, daß der junge Arzt kaum die Stimme seiner Verlobten hören konnte. "Wir haben zum Glück ein Seil mitgebracht. Noch ein paar Minuten und du hast es geschafft, Darling."
Diana zwang sich, nicht die Nerven zu verlieren. Sie fand es lächerlich, jetzt noch zusammenzubrechen, aber sie spürte, daß sie am ganzen Körper zitterte. Zudem war sie jetzt alleine in der Höhle. Lucy war beim Klang von Timothys ersten Worten ve rschwunden.
Es dauerte noch fast zwanzig Minuten, bis Timothy und Tibor es geschafft hatten, die junge Frau nach
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