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Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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man eine eilige Fracht geladen hatte, beschloss man, ein wenig
     zu bleiben und Freunde und Familien zu besuchen, die man schon so lange nicht mehr gesehen hatte. Nach Hause zu kommen, ordentliche
     Hausmannskost zu essen und eine Nacht im eigenen Bett zu schlafen, war natürlich verlockend. Aber mehr als eine Nacht kam
     nicht infrage, denn, wie gesagt, sie hatten es ziemlich eilig.
    Gleich südlich des Sundes trafen sie auf das Lotsenboot aus Österskär. Die Fahrrinne nach Krabbsjögrund war tückisch und alle
     Schiffe benötigten die Hilfe eines Lotsen, um die Einfahrt zu bewältigen. Lautlos glitt das Lotsenboot heran,fast schien es in der Herbstdunkelheit auf die Vallona zuzuschweben.
    Der Lotse war groß gewachsen und blass, ein junger Mann, der nicht aus der Gegend kam. Er trug einen weiten Mantel und erklärte
     den Männern, dass der gewöhnliche Lotse erkrankt und er deshalb eingesprungen sei.
    Die Besatzung war misstrauisch. Die besten Lotsen sind die, die vor Ort aufgewachsen sind, die die Mündung wie ihre Westentasche
     kennen. Dieser Grünschnabel konnte wohl kaum Erfahrung haben – er stammte ja nicht einmal von hier! Aber er wirkte doch gelassen
     und schien sich seiner Sache sicher zu sein. Er würde sie ohne Schwierigkeiten oder Probleme an Land bringen, sagte er. Und
     die Männer an Bord wollten so schnell wie möglich zu ihren Frauen und Mädchen nach Hause. Sie wollten die Sache nicht durch
     unnötige Scherereien erschweren. Und so nahmen sie sein Boot in Schlepp und zeigten dem Lotsen die Brücke.
     
    Es war ein lauer Abend im Indian Summer. Ein zauberhafter Sternenteppich erstreckte sich über das Himmelszelt, aber sobald
     der Lotse seine Seestiefel auf das Eichenholzdeck der Vallona gesetzt hatte, geschah etwas. Der Wind schlugum – und im Kielwasser des Lotsenbootes waberte Nebel in schweren, zähen Fetzen über die Wasseroberfläche. Er schluckte alles,
     was ihm in die Quere kam, ertränkte Holme, Schären und kleine Felseninseln.
    Die Seevögel verstummten und das Meer wirkte mit einem Mal zähflüssig. Die Besatzung stand an Deck und sah zu, wie die Welt
     um sie herum verschwand. Verräterisch ruhig und glatt lag das Meer vor ihnen, wie pechschwarzes Öl.
    Widerwillig überließ der Kapitän dem jungen Lotsen das Ruder. Irgendetwas stimmte nicht, das spürte er. Als wäre der Fremde
     von Finsternis umgeben. Und kaum kam der Lotse in die Nähe des Schiffskompasses‹, begann dieser zu rotieren.
    Ohne ein Wort nahm der Lotse die Fahrt durch den Sund auf und schickte den Kapitän und seinen Steuermann von der Brücke. Er
     wollte alleine sein. Alle wussten, dass die Fahrrinne vor ihnen voller tückischer Riffe und Untiefen war, und immer dichter
     zog sich der Nebel um sie herum zusammen. Vielleicht war es das Beste, dem Lotsen seinen Willen zu lassen und ihn nicht bei
     seiner schwierigen Arbeit zu stören. So ließen sie ihn am Ruder alleine.
    Es dauerte nicht lange, da tönten die Schreieund das Heulen derer über das Meer, die über die Jahre vom Nebel verschluckt worden waren. Es waren die Stimmen von Frauen,
     Alten und Kindern, aber vor allem die der Seeleute. Gequälte Kreaturen, die durch Zeit und Raum irrten und jetzt zurückgekommen
     waren, um von ihrer Tragödie, ihrem Schiffbruch und ihrem Ertrinken zu erzählen. Wie dunkle Schatten zogen sie am Schiff vorbei
     und der drückende Gestank der Verwesung breitete sich über dem Meer aus.
    Die Matrosen wurden bleich vor Entsetzen. Sie hatten schon viele Nebel erlebt – aber nie einen wie diesen. Das war der Graue,
     von dem die Legenden erzählten, vor dem die Alten sie gewarnt hatten. Der Nebel, der über das Meer wanderte, immer auf der
     Jagd nach einem Schiff, das er überwältigen konnte.
    Niemand wagte es, den Namen auszusprechen, aber alle wussten, dass es stimmte. Der Graue war hinter ihnen her. Er wollte sie
     verschlingen und für immer in seiner feuchten, kalten Umarmung wiegen.
     
    Obwohl der Wind den Atem anzuhalten schien und die Luft stillstand, erhoben sich die Wellen immer höher und mächtiger über
     das schwarze Wasser. Das Meer schien sein eigenes Leben zuführen. Nur der Lotse verzog keine Miene. Blass und reglos stand er am Ruder, starrte hinaus in den Grauen und steuerte das
     Schiff entschlossen durch die schwere See. In der Ferne ertönte das Tuten der Leuchttürme.
    Neben den tückischen Riffen schien das ganze Meer nun voll schattengleicher Geisterschiffe, die im Nebel Gestalt annahmen
     und

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