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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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Lungen. Jemand hatte sie neben dem Binnsal an die Tunnelwand gelegt. In der Mitte saß der Fetisch, dessen Körper mit klebrigem Blut beschmiert war. Es sah aus, als würde er sie angrinsen. Das
    Krötenmaul klaffte weit auf, sodass sie die Kräuter im Inneren erkennen konnte wie einen Mundvoll Insekten. Das erklärte auch, warum die Energie so viel stärker war. Das Blut eines Ermordeten in Kombination mit ohnehin schon übler schwarzer Magie ergab etwas, über das sie lieber nicht weiter nachdachte.
    Sie schnappte sich ihre kleine Kamera und, wo sie schon mal dabei war, auch gleich noch ein paar Cepts.
    Lex lehnte sich gegen die Wand und sah ihr zu. »Mir ist da was eingefallen.«
    »Ach ja? Was denn?« Die Kamera blitze. Über den Bauch der Kröte zogen sich wieder dieselben dicken, krummen Fäden, wie Eisenbahnschienen, die ein halluzinierender Irrer verlegt hatte. In die Beinchen war etwas eingeritzt, das wohl Glyphen oder Runen sein mussten.
    Sie seufzte und trat näher, wobei sie gegen ihre wachsende Übelkeit ankämpfte. Aus nächster Nähe versuchte sie ein paar Detailaufnahmen zu schießen, auf denen die einzelnen magischen Zeichen zu erkennen waren.
    »Könnten wir die Leiche nicht hier wegschaffen? Sie irgendwo anders abladen?«
    »Wirklich? Dann müsstest du ...« Sie konnte ihr Erstaunen nicht verbergen, als sie sich zu ihm umdrehte. Jedenfalls so lange, bis ihr ein neuer Gedanke kam. Einer, der sehr viel wahrscheinlicher war als die Vermutung, dass Lex einfach nur ein guter Freund sein wollte. »Moment mal! Warum?«
    »Na warum denn nicht?«
    »Ja, aber ... warum solltest du mir denn helfen?«
    »Ach komm schon, Tülpi. Wann hörst du endlich auf, so gemein zu mir zu sein? Wie soll man denn da vernünftig nachdenken, wenn du immer so kratzbürstig bist?«
    »Von wegen. Als ob du die ganze Zeit supernett wärst oder ... was war das?«
    »Was?«
    »Pst!« Sie wartete und hielt die Kamera bereit. Hatte sie da gerade etwas gehört? Oder war es nur eine ...
    Nein. Da war es wieder. Ein leises Geräusch, eine Folge von patschenden Geräuschen. Wie kleine, nackte Füße, die über ...
    Oh Scheiße! »Lex«, sagte sie und machte einen Schritt auf ihn zu. Sie sprach leise, im Flüsterton. »Ich glaube, wir müssen hier raus, okay? Schnell.«
    »Ja? Warum denn? Was ist denn los?«
    »Ich glaube, sie sind hier. Der Händler, von dem ich dir erzählt habe, und seine Familie - oder zumindest ein Familienmitglied. Und ich bin mir sehr, sehr sicher, dass sie uns hier auf keinen Fall erwischen sollten.«
    »Du bist immer so verdammt nervös. Hey, ich hab mein Messer und ’ne Pistole dabei ...«
    »Nein. Das ist jetzt nicht ...«
    Das Gelächter hallte durch den Tunnel und jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Jedes Härchen an ihrem Körper richtete sich auf.
    Lex runzelte die Stirn. »Ein Familienmitglied?«
    »Ja, bitte, können wir nicht einfach ...«
    Ein Krachen wie von einem Gong, laut und schmerzhaft in dem abgeschlossenen Raum, gefolgt von einem höheren, metallischen Sirren.
    Schlagartig gingen die Lichter aus.

30
    Die Kirche macht die Gesetze. Die Kirche macht die Regeln. Die Kirche erwartet Gehorsam.
    Das Buch der Wahrheit, »Gesetze«, Artikel 3
    Jede Faser ihres Körpers schrie Lauf. Sie mussten hier raus, weg von Vanhelms verstümmelter Leiche, weg von den Lungen und dem Fetisch, raus aus den Tunneln.
    Aber Lex’ Fland quetschte ihren Arm, als könnte er ihre Gedanken lesen. Sie hörte, wie er mit der anderen Fland langsam den Hahn seiner Pistole spannte, während sich seine Lippen an ihr Ohr pressten. »Nicht einfach losrennen, Tülpi. Lass uns erst mal kurz nachdenken, ja?«
    Wasser platschte; wie weit war das weg? War das ein Fuß gewesen? Etwas anderes? Sie stellte sich vor, wie Dinge in das Rinnsal geworfen wurden, Medizinbeutel, Voodootalismane und Fetische, Dinge, die das Wasser zu ihnen spülen und über ihre Füße schleifen konnte. Ihr Herz pochte so heftig, dass sie glaubte, es würde ihr in den Mund springen.
    »Und lass das bloß mit dem Kamerablitz bleiben«, fuhr er fort. »Wir wollen ihnen ja nicht verraten, wo wir sind. Gib mir mal die Hand, ja?«
    Sie nickte nur, weil sie wusste, dass er die Bewegung spüren konnte.
    »Ich kenn den Weg, kein Problem. Die Tür ist nicht weit weg, ja? Da gehen wir einfach nur den Weg zurück. Bleib dicht bei mir, okay?«
    Sie nickte erneut. Nicht genug Luft, es war nicht genug Luft im Tunnel, in der ganzen Welt gab es nicht genug Luft. Frische

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