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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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dachte sie an sich selbst. Sie hätte jetzt tausend Dinge lieber gemacht, als sich aus dem Fenster eines mit Vollgas dahinbretternden Autos zu hängen und an einem anderen rumzufummeln.
    Lauren warf ihr einen Seitenblick zu. »Bereit?«
    »Nein. Aber los geht’s.«
    Sie ließ das Fenster geschlossen, während Lauren das Gas durchtrat und die Lücke zwischen ihnen und Erik schloss. Chess rutschte das Herz mit jedem Meter, den sie näher kamen, tiefer in die Hose.
    Erik merkte, dass sie aufholten, und legte einen Zahn zu. Lauren blieb an ihm dran. Chess biss die Zähne zusammen. Ihre Handflächen fühlten sich dreckig und klebrig an; sie wischte sie an den Knien ab und wünschte, sich hätte sich niemals auf die Sache eingelassen. Wen kümmerte es schon, wenn Lauren sie für ’ne Pussy hielt? War das wirklich den Arm wert, den sie bei dem Manöver mit ziemlicher Sicherheit verlieren würde?
    Ein dritter Wagen zog vor Eriks Nase auf die Überholspur rüber, sodass er in die Eisen steigen musste und Lauren damit zwang, dasselbe zu tun.
    »Warte.« Chess Kehle war ausgedörrt; sie schnappte sich ihre Wasserflasche und nahm einen Schluck. »Der rafft doch sofort, was wir Vorhaben. Wir müssen ihn irgendwie ablenken.«
    »Dann schieß ich auf ihn.«
    »Bist du völlig ... Nein! Hier wird nicht geballert. Du könntest mich treffen. Wie wär’s denn mit ... Scheiße!«
    Vanhelm brach aus und hätte sie fast gerammt - nur Laurens schnelle Reflexe hinter dem Steuerrad bewahrten sie davor.
    »Los, mach schon«, sagte sie. »Da kommt er schon wieder, siehst du?«
    Chess erhaschte einen Blick auf Vanhelms Profil und sah wie in Zeitlupe seine Hände, die am Lenkrand zerrten. Sie griff nach dem Sender. Beugte sich aus dem Fenster.
    Zwischen ihr und einem blutigen Unfalltod auf dem grauen Asphalt unter ihnen befand sich jetzt nur noch der Türrahmen. Ihr Haar raubte ihr vollkommen die Sicht und peitschte ihr schmerzhaft das Gesicht. Sie konnte nicht atmen und nichts sehen. Sie streckte die Haut mit dem Sender aus und biss die Zähne zusammen, während sie auf das Splittern der Knochen und das Reißen des Fleisches wartete.
    Der Sender berührte das Auto. Der Wagen schwenkte wieder auf sie zu; eine grauenhafte Sekunde lang verlor sie das Gleichgewicht und fiel nach vorn. Gleich würde sie zermalmt werden, der schwarze Kotflügel von Vanhelms Auto türmte sich vor ihr auf wie eine Ziegelmauer, auf die sie mit Höchstgeschwindigkeit zuflog ...
    Finger schoben sich in den Hosenbund ihrer Jeans und rissen sie zurück ins Auto. Mit einem schmerzhaften Rumms krachte ihr Kopf gegen den Türrahmen. Vanhelms Wagen verfehlte Laurens um Haaresbreite; Lauren trat auf die Bremse, Vanhelm zog davon, und Chess schaffte es gerade noch, nicht zu kotzen.
    Erik schwenkte rechts rüber und flog quer über alle vier Spuren, um die Ausfahrt Richtung Mercer zu erwischen. Downside. Verdammt, den Weg hatten sie wirklich wie im Flug zurückgelegt! Man wusste eben gar nicht, wo die Zeit blieb, wenn man dem sicheren Tod ins Auge sah.
    Immerhin hatte sie mit dem Ziel recht behalten. Und jetzt, wo sie sein Auto anpeilen konnten, durften sie sich auch ein bisschen zurückfallen lassen.
    Was, wie ihr plötzlich klar wurde, gar nicht so viel Sinn machte. Klar, sie konnten den Wagen aufspüren, und das war vielleicht auch nützlich, aber sobald er ausstieg, hatten sie ihn verloren. Ohne Chance, ihn jemals wiederzufinden. Verloren in der Masse der Hoffnungslosen, die in den Straßen von Downside Vergessen suchten - genau wie sie.
    Lauren war noch nicht gewallt, die Jagd aufzugeben. Sie riss das Steuer herum und folgte ihm, begleitet von kreischenden Reifen und einem Hupkonzert.
    Rote Ampeln reckten sich mahnend am Ende der Straße, aber Erik war nicht gerade ein gesetzestreuer Bürger. Er schlingerte auf die Kreuzung und bog rechts ab, während Lauren ihm auf den Fersen blieb.
    Sie jagten mit einem derartigen Tempo durch Mercer, dass selbst Chess, die an Terribles Bleifuß gewöhnt war, sich in den Sitz kauerte. Laurens Auto war einfach eine ganze Ecke kleiner und zerbrechlicher, und Lauren war zwar eine gute Fahrerin, aber lange nicht so gut wie er. Ihre Hand schmerzte; sie hatte den Empfänger des Peilsenders so fest umklammert, dass ein Abdruck in ihrer Handfläche zurückgeblieben war. Eigentlich hätte sie das Ding sowieso wieder in Laurens Tasche stecken sollen, aber man konnte ja nie wissen ... sie schlang sich das Band ums Handgelenk und hielt auch die

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