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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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war zwar noch nicht allzu schlimm, lenkte sie aber trotzdem ab, und Ablenkung war jetzt das Letzte, was sie brauchen konnte. Nicht, wenn sie es wahrscheinlich gleich mit mindestens einem Lamaru zu tun kriegen würde, wenn nicht mehr.
    Lauren rückte ihr viel zu dicht auf die Pelle, während sie behutsam mit den Dietrichen im Schloss hantierte. Chess spürte ein Zucken im Nacken. Die einzige Person, deren Atem sie gerne im Nacken spürte, war ... ach, genug davon.
    Das Schloss öffnete sich mit einem leisen Klicken. Chess streckte die Hand nach dem Türknauf aus, besann sich eines Besseren und drückte aus der Spritze ein bisschen Öl auf die Scharniere. Wahrscheinlich war es dafür sowieso zu spät, aber schaden konnte es auch nicht. Lauren drehte den Knauf, und sie schlüpfte in den dunklen Schlachthof.
    Es stank. Sie standen in einer Art offenem Stall; Chess’ Stiefel schlurften durch eine dünne Schicht salmiakgeschwängerten Strohs und an warmen Tierkörpern vorbei, die ihr den Weg versperrten und sich von allen Seiten an sie drängten. Sie musste sich bewusst auf ihren Atem konzentrieren, um weiter Luft zu bekommen; Klaustrophobie und Kuhmist waren beim Atmen nicht wirklich hilfreich, selbst wenn ihr die Brust nicht noch aus ganz anderen Gründen eng geworden wäre. Einen Moment lang sah sie die Hand vor Augen nicht, bevor sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatte. Es war tatsächlich ein Stall. Die Kühe ringsum schliefen, und Lauren hielt sich mit der zarten Hand das empfindliche Näschen zu. Als sie Chess’ Blick bemerkte, gestikulierte sie voran. Richtig. Hier würden sie bestimmt nichts finden. Selbst wenn es hier etwas interessantes gegeben hätte, hätten sie es wohl sowieso nicht entdeckt. Chess machte ihren
    Job ja wirklich gerne, aber sie würde hier sicherlich nicht im Dung wühlen, nur für den Fall, dass vielleicht ein Lamaru etwas fallen gelassen hatte. Nicht, wenn es nicht absolut notwendig war.
    Sie zog ein paar Latexhandschuhe aus der Tasche - ihre Hand streifte das Pillendöschen, oh Mann, sie brauchte dringend einen unbeobachteten Moment - und streifte sie über. Nur um ganz sicherzugehen. Falls es doch noch zur Schatzsuche im Dung kam, wollte sie lieber vorbereitet sein.
    Außerdem warteten da drinnen vielleicht die Lamaru auf sie, da konnte man sich nie sicher sein, womit man am Ende in Berührung kam.
    Und da waren sie auch schon. Sie konnte sie spüren. Die Dunkelheit, die von ihnen ausging, kroch ihr über die Haut, krabbelte ihr den Rücken hinauf und verursachte ihr Schwindel. Die Kühe um sie herum sahen aus wie schwarze Monster, die bedrohlich näherrückten, während sich in ihrem Kopf alles drehte und ihr Körper kribbelte.
    Sie musste die Lamaru finden. Sie brauchte ihre Pillen.
    Seite an Seite mit Lauren schlängelte sie sich durch die schlafende Kuhherde wie die Würmer durch den Verdauungstrakt. Chess konzentrierte sich ganz aufs Atmen und darauf, nicht auszurutschen, vorsichtig einen Fuß vor den anderen zu setzen und vor dem nächsten Schritt immer schön das Gleichgewicht wiederzufinden.
    Gerade eben noch in Hörweite erklang Stimmengemurmel. Stimmen und leises Fiepen. Hunde.
    Chess schob sich rascher zwischen den Kühen hindurch. Sie konnte zwar keine Tür erkennen, aber es musste irgendwo eine geben. Mit jedem Schritt wurden die Stimmen lauter. Sie sah zu Lauren hinüber, die den Kopf hob. Sie lauschte also. Gut.
    Endlich stießen sie auf eine Tür. Abgeschlossen. Chess griff schon nach ihren Dietrichen, hielt aber inne, als Lauren sie am Arm berührte. Was denn nun schon wieder?
    Lauren beugte sich zu ihr herüber und kam ihr dabei schon wieder viel zu nahe. »Cesaria, du hattest recht.«
    »Was?«
    »Du hattest recht. Mit den Psychopomps. Es tut mir leid, dass ich so abweisend war.«
    Was sollte sie denn jetzt dazu bitte sagen? Und was war sie für ein Mensch, dass sie nicht einmal Laurens Entschuldigung annehmen konnte? Immerhin klang sie doch ganz aufrichtig. »Naja, schon gut.«
    Lauren hatte ihren Arm nicht losgelassen; sie drückte ihn leicht, bevor sie die Hand sinken ließ. »Danke.«
    Okay, egal. Jetzt war wirklich nicht der Moment, Laurens Beweggründe zu hinterfragen, und eigentlich waren sie ihr auch sowieso ziemlich egal. Also knackte sie blind das Schloss, und sie fanden sich in einem weiteren Fabrikbereich wieder. Bis auf die Stahlrampen, die bis zur Hälfte der Wände aufragten, war die Halle leer. Die Rampen. Der Weg, auf dem die Tiere dem Tod

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