Geisterstunde
während ich mich zu erinnern versuchte, was da zwischen mir und der Tür auf mich lauerte.
Ich hörte, wie jemand den rostigen Riegel vorschob.
Das war nicht der Wind. Sondern jemand, der mich offenbar nicht sehr schätzte.
Keine gute Lage, Garrett. Das Schlafhaus lag weit ab vom Schuß. Die Wände waren aus dickem Stein. Ich konnte mir die Lungen aus dem Leib schreien, ohne daß mich jemand hörte. Die Tür war der einzige Weg nach draußen und auch die einzige Lichtquelle.
Ich fand sie und tastete sie ab. Ich drückte vorsichtig dagegen und schnaubte dann verächtlich. Ich trat einen Meter zurück und trat dann mit aller Kraft zu.
Die Verschlußspange riß aus dem alten, mürben Holz und die Tür flog auf. Ich sprang hinaus, das Messer in der Hand. Keiner zu sehen. Dann lief ich um die Baracke herum. Nichts.
Verdammt! Ich lehnte mich an die Wand und dachte nach. Irgend etwas ging hier vor, auch wenn es nicht das war, was der Schwarze Peter vermutete.
Nachdem ich mich beruhigt hatte, ging ich zur Küchentür zurück und suchte nach Spuren. Es gab Fußabdrücke, aber im Dämmerlicht wurde ich daraus nicht schlau.
Gut. Da war jetzt nichts weiter zu machen. Genausogut konnte ich zum Dinner gehen und herausfinden, wer nicht erwartet hatte, mich so bald zu sehen.
7. Kapitel
Ich verspätete mich. Es wäre besser gewesen, das Haus genauer zu erkunden, dann hätte ich gewußt, wo die Mahlzeiten eingenommen wurden. Also trabte ich in die Küche und wartete, bis die Köchin aufkreuzte. Sie warf mir einen mißbilligenden Blick zu. »Was macht Ihr hier?«
»Warten, bis ich zur Fütterung geführt werde.«
»Blödmann.« Sie belud ein Tablett. »Nehmt ein paar Schüsseln und kommt mit.«
Ich gehorchte. Sie zwängte sich durch die Schwingtüren in eine große Speisekammer, marschierte hindurch und segelte durch eine weitere Schwingtür hinaus.
Eßzimmer war untertrieben, Speisesaal traf es besser. Man hätte in ihm ohne weiteres seine dreihundert besten Freunde bewirten können. Der größte Teil lag im dunkeln, und nur ein Ecktisch war belegt. Das Dekor entsprach dem üblichen Standard des Hauses: Fahnen, Rüstungen und blanker, scharfer Stahl.
»Da.« Ich nahm an, Kelle meinte damit den einzigen unbesetzten Stuhl. Ich stellte meine Schüsseln auf ein freies Fleckchen des Tisches und setzte mich.
Es war eine kleinere Gesellschaft. Dellwood, Peters und die Brünette, die ich mit meiner Tasche erwischt hatte, sowie drei Kerle, die ich noch nicht kannte. Und die Köchin, die mir gegenübersaß. Anscheinend konnte der General nicht am Abendessen teilnehmen, denn es waren keine weiteren Plätze gedeckt.
Das Mädchen und die drei Burschen musterten mich prüfend. Die Männer sahen aus wie Ex-Marines. Was Wunder. Das Mädchen sah gut aus. Sie hatte sich für heute abend aufgerüscht und trug ihre Vamp-Kleidung.
Garrett, kusch! Der Gedanke verschwand, so schnell er gekommen war. Die Braut hier verbreitete eine säuerliche Ausstrahlung. Sie signalisierte zwar: »Fang-mich-wenn-du-dich-traust«, aber ich wich instinktiv zurück. Sie bedeutete Ärger. Was hatte mir Morpheus noch mit auf den Weg gegeben? Steig nie mit einer Frau ins Bett, die noch verrückter ist als du. Woher er das wohl hatte?
Vielleicht wurde ich ja allmählich erwachsen.
Klar. Und morgen gab es Schweine mit Flügeln.
Ich hatte nicht vor, in diesem Punkt erwachsen zu werden, jedenfalls nicht die nächsten sexhundert Jahre.
»Das ist Mike Sexton«, sagte Peters. »Er war vor zehn Jahren mit mir auf den Inseln. Mike, das ist Kelle.« Er deutete auf die Troll-Mischlingsfrau.
»Wir kennen uns schon.«
»Miss Jennifer, die Tochter des Generals.«
»Wir haben uns auch schon kennengelernt.« Ich hob mein Gesäß vom Sitz und reichte ihr über den Tisch hinweg die Hand. »Vorher hatte ich leider keine Gelegenheit dazu. Ihre Pfötchen steckten ja in meinem Beutel.«
Kelle kicherte. Jennifer sah mich an, als sinniere sie, ob ich besser gerührt oder geschüttelt schmeckte.
»Dellwood kennen Sie ja schon. Neben ihm sitzt Kutter Hawkes.«
Hawkes saß zu weit weg für einen Handschlag. Ich nickte. Er nickte. Hawkes war eine Bohnenstange von Mann mit hart blickenden grauen Augen und einem kantigen Kinn. Mußte auch schon Mitte Fünfzig sein. Er sah mehr nach einem Weltuntergangspropheten als einem alten Soldaten aus und hatte bestimmt soviel Humor wie ein Felsbrocken.
»Art Schocke.« Er hatte einen riesigen schwarzen Schnurrbart, der
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