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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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zuviel Zeit vertrödelt. Als ich nach unten ging, war es schon zu spät. Kelle rumpelte in der Küche herum, und ich trat den Rückzug an, bevor sie aus Versehen über mich stolperte.
    Als ich im vierten Stock ankam, huschte mir etwas Weißes über den Weg. Meine entzückende, geheimnisvolle Lady. Ich warf ihr einen Handkuß zu.
     
     

 
10. Kapitel
     
    Ich hatte einen Besucher gehabt. Der offenbar sehr in Eile gewesen war. Er hatte sogar einen Schlüssel im Schloß stecken- und die Tür offengelassen. Den Grund erkannte ich, als ich das Schlafzimmer betrat.
    Mein Besucher hatte die Rüstung ermordet. Er war hereingestürmt, bewaffnet mit einer Streitaxt, und hatte meinen Zinnsoldaten damit erledigt. Die Axt steckte noch drin.
    Ich lachte. Der Kerl hatte sich bestimmt vor Angst in die Hose gemacht und gedacht, er wäre in eine Falle gelaufen.
    Aber ich wurde schnell wieder ernst. Das war jetzt das zweite Mal. Nächstes Mal würde die Person ihren Versuch vielleicht sorgfältiger planen. Ich saß hier mitten auf dem Präsentierteller. Dagegen mußte ich was unternehmen.
    Ich schloß ab und steckte den Schlüssel ein. Er sah anders aus als meiner, war also vermutlich ein Dietrich. Dann kümmerte ich mich um meinen Zinnsoldaten und holte die Axt aus seiner Blechhaut. »Tut mir leid, alter Junge. Aber wir werden uns rächen.« Ich benutzte die Axt, um eine Falle aufzubauen. Jeder, der jetzt unwillkommen durch die Schlafzimmertür trat, würde ein derbes Willkommen erleben.
    Dann legte ich mich ein Stündchen aufs Ohr.
     
    Ich war der erste, der zum Frühstück herunterkam. Kelle hatte schon alle Hände voll damit zu tun, Servierplatten zu bestücken. »Brauchen Sie Hilfe?«
    »Das könnt Ihr wohl sagen. Ich weiß nicht, was Ihr mit Eurer Schmeichelei erreichen wollt, Junge, aber glaubt mir, ich werde Eure Hilfe annehmen. Seht im Ofen nach, wie lange die Brötchen noch brauchen.«
    Ich gehorchte. »Noch ungefähr eine Minute.«
    »Was wißt Ihr schon vom Backen?«
    Ich erklärte ihr, daß bei mir zu Hause der alte Dean für die Schinderei und das Kochen zuständig war. Er ist ein guter Koch und ein guter Lehrer. Mittlerweile kann ich eine ganz passable Mahlzeit zusammenköcheln, wenn ich will. Zum Beispiel, wenn ich ihm einen Abend freigebe, damit er nicht herumschnüffelt, wenn ich einen Gast bewirte. Einen weiblichen Gast, versteht sich.
    »Keine Ahnung, ob Ihr lügt oder nicht. Aber wahrscheinlich kann man Euch kein Wort glauben. Hab noch nie ‘nen Mann nich’ gesehen, der kochen konnte.«
    Ich hütete mich, ihr zu verraten, daß nach Deans fester Überzeugung die wenigen guten Köche, die es gab, ausschließlich Männer waren. »Ich sollte euch beide zusammenbringen. Dann könnte ich mich hinsetzen und zusehen, wie die Fetzen fliegen.«
    »Pah. Die Zeit ist um. Nehmt die Brötchen aus dem Ofen und holt das Butterfaß her.«
    Ich warf einen Blick auf die Butter. »Frische Faßbutter?«
    »Schleicher hat sie gerade reingebracht.«
    »Wird er uns mit seiner Gesellschaft beehren?«
    Sie lachte. »Schleicher? Nie im Leben. Der will mit keinem nix zu tun haben. Hat sich was zu essen geschnappt und ist abgezischt. Ist nicht sehr gesellig, unser Schleicher.«
    »Was hat er für ein Problem?«
    »Im Cantard haben sie aus seinem Kopf Rührei gemacht. Er war zwanzig Jahre da unten und hat nie einen Kratzer abgekriegt. Er war immer draußen.« Sie schüttelte den Kopf und türmte Würstchen und Schinken auf einen Servierteller. »Traurige Sache. Ich kannte ihn schon, als er noch ein Dreikäsehoch war. War’n süßer Fratz. Viel zu empfindlich und feinfühlig für die Marines. Aber er meinte, er müßte es unbedingt versuchen. Und das ist aus ihm geworden: ein alter Mann mit einem Knall. Er konnte wunderschön malen. Hätte ein großartiger Maler werden können. Er hatte den magischen Blick. Sah den Dingen direkt ins Innerste und konnte dann auch noch malen, was er da gefunden hatte. Jeder Blödmann kann das Äußere der Dinge abbilden, sie so auf die Leinwand kleistern, wie wir sie sehen. Nur ein Genie kann die Wahrheit enthüllen. Und der Junge war eins. Wollt Ihr bis zum Mittagessen hier rumstehen und Maulaffen feilhalten? Oder wollt Ihr frühstücken?«
    Ich füllte meinen Teller und verzichtete darauf, zu erwähnen, daß ich einfach keine Chance gehabt hatte, ihren Redeschwall zu unterbrechen. Außerdem plapperte sie sowieso ungebremst weiter. »Damals habe ich dem General erzählt – er war gerade zum General

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