Geisterstunde
Mörder weiß, daß es eine Abschrift des Testaments gibt«, erklärte ich Peters. »Das bedeutet, der General schwebt in doppelter Lebensgefahr.«
»Wie bitte?«
»Nach gestern abend muß der Mörder sich Sorgen machen, daß auch noch andere Abschriften vernichtet werden. Sind sie erst einmal futsch, ist er all die Risiken für nichts und wieder nichts eingegangen. Also kommt er vielleicht auf die Idee, den alten Mann zu erledigen, bevor die letzte Abschrift des Testaments den Weg alles Irdischen antritt. Wir sollten schnellstens herausfinden, wie viele Abschriften es eigentlich gibt und wo sie sich befinden.« Ich betastete mein Hemd. Meine Abschrift hatte ich noch.
Allerdings war sie bei mir nicht besonders sicher, schließlich war ich genauso sterblich wie Schocke, Hawkes oder Bradon.
Als ich an Schleicher dachte, fielen mir die Gemälde wieder ein. Ich mußte sie ins Haus schmuggeln.
Aber es goß wie aus Eimern. Und es schien sich noch zu verschlimmern. Gelegentlich zuckte ein Blitz über den Himmel. »Anscheinend kriegen wir wieder das Wetter, das zu diesem Ort hier paßt. Fehlt eigentlich nur noch ein bißchen Donnern und Blitzen.«
»Dafür bekommen Sie das zweitbeste«, erwiderte Peters sarkastisch. »Einen aufgeweckten Zombie.« Er deutete auf die Hintertür.
Da war er wieder und versuchte, ins Haus zu kommen. Ein Blitz beleuchtete ihn kurz, und ich sah ihn zum ersten Mal genauer. Er schien noch ein bißchen verwester zu sein als die anderen.
Peters nahm sich ein paar Geräte aus dem Stapel beim Springbrunnen. »Sollen wir uns um ihn kümmern?«
»So ist er, mein alter Spieß, Morpheus. Immer cool, selbst im Angesicht des Feindes.«
»Hmpf.« Morpheus suchte sich selbst ein passendes Werkzeug aus. Vermutlich brauchte er etwas Konkretes, an dem er sich festhalten konnte.
»Einverstanden. Plaudern wir ein bißchen mit unserem Untoten und legen ihn für immer still.« Ich stocherte im Rest herum. Sie hatten sich die besten Schneidewerkzeuge bereits unter den Nagel gerissen. »Mistzeug.« Ich ging los und entwaffnete einen Ritter im Ruhestand.
Ich sollte dem Spuk langsam ein Ende bereiten. Es gab nicht mehr viele Rüstungen, die ich plündern konnte.
35. Kapitel
Morpheus hockte auf dem Brunnenrand und hielt sich ein paar gebrochene Rippen. Peters lag zusammengekauert in seiner eigenen Kotze auf dem Boden und zählte seine Eier. Ich hatte mehr Glück gehabt. Mir hatte der Zombie nur vors Schienbein getreten und den Fuß beinah zermatscht. Nicht am selben Bein, natürlich. »Vielleicht spare ich mir nächstes Mal den ganzen Ärger und laß mich einfach umbringen«, verkündete ich düster.
»Warum hast du mir nicht gesagt, daß das Ding in seinem vorigen Leben Nahkampfspezialist war?«
»Sieh mich nicht so an! Man hat ihn mir nicht vorgestellt. Ich kannte ja nicht mal seinen Namen.«
Überall lagen Zombiebröckchen herum. Einige zappelten sogar noch.
»Was jetzt?«
»Wie?«
»Du hast doch die beiden anderen verbrannt, richtig?«
»Jedenfalls einen.«
»Beide«, stöhnte Peters. Er kämpfte sich auf die Knie hoch, während er die Stirn gegen den Boden preßte. Seine Knöchel waren schneeweiß. Es hatte ihn schwer getroffen. »Sie haben den anderen in die brennende Scheune geworfen, als sie gemerkt haben, daß sie nicht mehr zu retten war.« Er brachte die Worte in kleinen Portionen heraus, maximal zwei zur Zeit. Dabei japste er vor Anstrengung.
Ich hatte Mitleid mit ihm. Allerdings hielt es sich in Grenzen. Schließlich hatte ich auch mit mir selbst zu tun.
Ich stand auf. »Wir sollten den Job besser zu Ende bringen.« Das Ding sah aus, als versuchte es, sich selbst wieder zusammenzusetzen. Die Stücke schienen zu einem zentralen Punkt zu krabbeln. Ich humpelte hin und verteilte sie wieder breitflächig.
»Was geht hier eigentlich vor?«
Ich blickte auf. Wayne und Kaid standen am Geländer des dritten Stocks. Anscheinend wollten sie ihre Schicht antreten.
»Kommen Sie runter. Wir schaffen es nicht allein.«
Wayne hatte ein Stockwerk Vorsprung vor Kaid, als er unten ankam. Er sah sich die Reste von Schocke an, die Stücke des verrotteten Leichnams und dann wieder Schocke. »Mannomann, o Mannomann.« Er wiederholte das noch einige Male, bis ihm schließlich noch etwas anderes einfiel. »Was ist passiert?«
Ich erzählte es ihm, und Kaid kam rechtzeitig an, um die Geschichte auch zu hören.
»Mannomann. Mann, Mann.« Wayne hatte eindeutig Angst. Zum ersten Mal seit meiner
Weitere Kostenlose Bücher