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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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das Wasser aus den Mänteln, die ich für die Bilder mitgenommen hatte. Morpheus hielt die Laterne hoch und fluchte zum Steinerweichen. »Diese Mäntel reichen nicht. Ich seh mich mal um.« Er verschwand, und ich war überzeugt, daß er für immer verschwunden war.
    Er kam mit zwei schweren Planen zurück. Wir machten aus den Bildern zwei Bündel, nahmen jeder eins unter den Arm und trotteten in den Sturm zurück. Ich wurde wieder vollkommen durchnäßt und war bis zu den Knien mit Schlamm bespritzt. Aber die Bilder hatten die kurze Strecke trocken überstanden.
    Wir warfen das Ölzeug ab.
    »Wir sollten sie besser nach oben in mein Quartier bringen«, sagte ich zu Morpheus. Er betrachtete die Bilder. »Was hältst du von ihnen?«
    »Der Mann hatte eine Klatsche.«
    »Er war ein Genie. Das da ist sie.«
    »Ich liebe sie.« Er starrte auf das Porträt, als wollte er in das Gemälde hineinkriechen.
    »Wir sollten sie oben bewundern.«
    Aber wir mußten an Kaid, Wayne und Peters vorbei, um zur Treppe zu gelangen. Der Schwarze Peter hielt uns auf. »Was ist das?«
    Ich sah keinen Grund, ihm nicht die Wahrheit zu erzählen. »Einige von Bradons Bildern. Ich habe sie vor dem Feuer gerettet.«
    Sie wollten sie sehen. Anscheinend kannten sie sie nicht, weil der Kerl seine Werke tatsächlich niemandem gezeigt hatte.
    »Heiliger Bimbam!« stieß Kaid angesichts einiger Kriegsszenen aus. »Das ist ja grauenhaft.«
    »Es ist gut«, widersprach Wayne. »Genauso hat es sich angefühlt.«
    »Aber es sieht nicht aus wie …«
    »Weiß ich. Hat sich aber so angefühlt.«
    »Mein lieber Herr Gesangsverein«, sagte Peters beeindruckt. »Jennifer mochte er wohl nicht, was?«
    Irgendwie hatte ich es geschafft, vier Porträts zu retten, das von Blondie und drei von Jennifer. Es war nicht schlimm, daß es mir nicht gelungen war, eins der Männer zu retten. Sie hätten ihre Bilder sicher nicht besonders gemocht. Daß ich drei von Jennifer erwischt hatte, war reiner Zufall. Ich hatte keine Zeit gehabt, nach künstlerisch-korrekten Gesichtspunkten auszuwählen, ohne mir den Hintern anzusengen.
    Peters stellte die Porträts gegen den Rand des Springbrunnens. Das dritte und vermutlich letzte Porträt von Jennifer hatte ich selbst noch nicht richtig betrachtet. Es war das häßlichste. Jennifer strahlte etwas Furchtbares aus, das einen an der geistigen Gesundheit des Malers zweifeln ließ.
    Kaid sprach es aus. »Er muß verrückter gewesen sein, als wir angenommen haben. Garrett, sorgen Sie lieber dafür, daß Miss Jennifer es nicht sieht. Es wäre zu brutal.«
    »Das werde ich auch. Ich habe sie rein zufällig erwischt, als ich blind zugegriffen habe. Aber jetzt kommen wir zu der blonden Frau. Die habe ich absichtlich mitgenommen. Das ist die Frau, die mir ständig über den Weg läuft. Wer ist sie?«
    Sie sahen mich an, dann das Bild, dann wieder mich. Ihre gekünstelte Freundlichkeit signalisierte mir, daß sie an meinem Verstand zweifelten. Sie dachten wohl, ich hätte meine Phantasie an das erstbeste Objekt gehängt, was mir in die Quere kam.
    »Ich weiß es nicht, Garrett«, sagte Peters schließlich geradeheraus. »Ich hab sie noch nie gesehen. Ihr, Männer?«
    Wayne und Kaid schüttelten die Köpfe. »Aber sie kommt mir irgendwie bekannt vor«, meinte Wayne.
    Das schien etwas in Kaids Gedächtnis auszulösen. Er runzelte die Stirn und trat einen Schritt näher.
    »Erkennen Sie etwas, Kaid?« fragte ich ihn.
    »Nein. Einen Moment lang dachte ich … Nein, es ist nur meine Vorstellungskraft.«
    Ich wollte nicht mit ihnen streiten, bis ich handfeste Beweise vorlegen konnte. »Wir sollten sie jetzt besser sicher verstauen, Morpheus.«
    Wir sammelten die Gemälde wieder ein. Jetzt starrte Peters die Blonde an, und ich sah, daß ihm etwas im Kopf herumging. Er war blaß und ziemlich verwirrt.
    Aber er sagte nichts. Wir packten die Bilder ein und gingen zur Treppe.
    Vielleicht handelte ich aus einer Intuition heraus. Als ich den vierten Stock erreichte, trat ich kurz an das Geländer.
    Peters und Kaid tuschelten aufgeregt miteinander. Sie hatten zwar ihre Stimmen gesenkt, aber sie waren völlig in ihr Thema vertieft.
    Morpheus hat ein feineres Gehör als ich. »Worüber auch immer sie reden mögen, sie versuchen jedenfalls, den anderen davon zu überzeugen, daß es unmöglich ist.«
    »Erkennen Sie sie?«
    »Sie glauben, daß sie wie jemand aussieht, der sie nicht sein kann. Hört sich jedenfalls so an.«
    Das klang gar nicht gut.

 
36.

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