Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
war das die Wahrheit? Konnte ich damit leben? Und mit den Albträumen?
Mit dem Alleinsein?
Ja, es stimmt, dass es besser gewesen wäre, wenn ich Elizabeths Rat, das Ungewöhnliche zu ignorieren, befolgt hätte. Doch an diesem Punkt, an dem ich mich nun befand, war es dafür schon zu spät. Die Selbstmorde hatten etwas mit mir zu tun. Und selbst, wenn das nicht der Fall war, war ich es Peter und Melissa nicht schuldig, die Wahrheit herauszufinden?
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, wie dumm das gewesen war, was ich vorhin in der Küche getan hatte.
»Danke, dass Sie nicht weiter gefragt haben, wegen dem, was in meiner Küche gewesen ist«, sagte ich nach reiflicher Überlegung dieses Thema anzuschneiden.
»Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt: Sie müssen sich nicht bei mir bedanken. Was Sie stattdessen tun sollten, ist, sich auf das zu konzentrieren, was Ihnen wichtig ist«, sagte Elizabeth.
Es gab zwei Dinge, die mir noch wichtig waren. Zum Einen natürlich meine Tochter, auch wenn sie für mich auf unabsehbare Zeit unerreichbar war.
Und zum Anderen – mir darüber klar zu werden, überraschte mich selbst ein wenig – Beverly.
Als ob sie meine Gedanken gelesen hätte, fragte Elizabeth: »Was ist Ihnen wichtig, Jack?«
»Ich weiß nicht genau«, sagte ich unentschlossen. Etwas, von dem man in seinem Inneren überzeugt ist, auch gegenüber einer anderen Person auszusprechen, fällt nicht immer leicht.
»O doch. Das wissen Sie. Soll ich mal raten?« Elizabeth grinste amüsiert und schaffte es, mich für ihre Erheiterung zumindest empfänglich zu machen.
»Ich bin ganz Ohr«, sagte ich.
»Es ist die Ms. Stevens, habe ich Recht? Auch wenn ich Gefahr laufe, Ihnen zu nahe zu treten, aber ich glaube, dass Sie sich sehr zu ihr hingezogen fühlen.«
Ich kann mich nicht erinnern, je mit Elizabeth über Beverly gesprochen zu haben. Oder hatte ich es doch getan und wieder verdrängt?
»Jack, streifen Sie endlich ihr altes Leben ab. Wollen Sie bis an den Rest Ihres Lebens besseren Tagen hinterher trauern?«
Ich stellte mir vor, wie ich mit der Wodka-Flasche an den Lippen vor etwa einer Stunde in der Küche gestanden hatte.
»Nein, das will ich nicht. Ich war bereit für einen Neuanfang. Aber als Peter sich umgebracht hat, da war alles anders. Ich habe das Gefühl, das Unheil anzuziehen. Ich glaube, dass Peters Selbstmord etwas mit den Vorkommnissen in meinem Haus zu tun hat.«
»Und selbst wenn es so ist, Jack. Sie können es nicht ändern! Das habe ich ihnen schon einmal versucht begreiflich zu machen. Und ich weiß auch, was Sie mir damit eigentlich sagen wollten.«
»So?«
»Sie fühlen sich schuldig, und das macht alles nur noch schlimmer. Aber sie sind nicht schuld.«
»Ich wünschte, ich wäre davon so überzeugt wie Sie.«
Elizabeth sah mich scharf an, so als ob sie meiner Wehklagen überdrüssig geworden sei.
»Gehen Sie jetzt, Jack!«, forderte sie mich auf.
»Wie bitte?«, fragte ich konsterniert.
»Ich werde Ihnen jetzt etwas sagen und ich werde es nur einmal tun: Entweder Sie machen so weiter wie bisher und enden so wie ihr Freund Peter. Oder Sie stehen jetzt auf, gehen zum Telefon und rufen Ms. Stevens an und sagen ihr, was Sie für sie empfinden. Es ist Ihre Entscheidung.
Ich kann Ihnen diese Entscheidung nicht abnehmen. Ich kann Ihnen nur in den Hintern treten. Und deshalb sage ich: Gehen Sie jetzt!«
Elizabeth war immer für eine Überraschung gut. Das hatte sie eben wieder einmal bewiesen. Widerstand war zwecklos.
»Also gut. Sie haben gewonnen. Ich gehe und...«
»Und tun, was ich gesagt habe.«
Ich nickte zögerlich und erhob mich von meinem Stuhl.
Was für ein abstruser Tag!
Ich ging zurück in mein Haus und räumte in der Küche auf. Erst wenn ich die gröbsten Schäden beseitigt hatte, wollte ich mit Beverly sprechen.
Auch wenn mich die wenigen Worte, die ich mit meiner Nachbarin gewechselt hatte, zumindest teilweise wieder in die Realität zurückgeholt hatten, so hatte ich doch restlos die Orientierung verloren, für das, was richtig oder falsch war.
Nur in einem Punkt war ich mir im Klaren: Wenn ich jetzt aufgeben würde, dann hätte Michelle gewonnen. All die Lügen, die sie über mich verbreitet hatte, wären wahr geworden. Jack Rafton hätte bewiesen, dass er ein Versager war, der in einer überfüllten Welt, die keine Versager mehr duldet, endlich Platz gemacht hätte. Nein, so leicht würde ich es diesem Biest nicht machen.
Ich
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