Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
Gegenteil zu überzeugen, weil du und dein Mann sowie nur das glauben, was euch eure Tochter sagt. Das verstehe ich auch, weil sie eben eure Tochter ist.
Laura, ich habe alles aufgegeben: Mein Haus, meine Ehe und meine Würde, indem ich Michelles ständige Drohungen alles öffentlich zu machen, ertragen habe. Du kannst es gerne leugnen, aber du weißt, dass sie mir damit gedroht hat; dein Mann übrigens auch.
Was ich aber nicht vor habe, ist, meine Tochter aufzugeben. Sie hat das Recht, einen Vater zu haben. Vielleicht kannst du das ja verstehen. Also, wenn sich meine Worte für dich wie die eines alkoholkranken Spinners anhören, dann solltest du jetzt auflegen, oder du nimmst das Telefon und gibst es Amy. Und wenn es nur für eine Minute ist.«
Laura sagte lange nichts. Ich konnte hören, wie sie hin und hergerissen war, zwischen bornierter Ablehnung und der Bereitschaft, eben diese zumindest für eine Minute abzuschütteln.
Sie unternahm mehrere Versuche etwas zu sagen, blieb dann aber immer stumm.
Ich wartete geduldig.
»Ich hole Amy«, sagte sie auf einmal.
Ich konnte es gar nicht fassen. Ich musste mich kneifen, um es zu glauben. Ich hatte es geschafft. Ich hatte es tatsächlich geschafft!
Es war viel einfacher als ich gedacht habe, und nun...
»Was willst du?«, meldete sich urplötzlich Michelles genervte Stimme aus dem Hörer.
Meine Euphorie platzte wie eine Seifenblase.
»Gib mir Amy!«
»Das hättest du wohl gern.«
»Michelle, bitte! Nur ein paar Minuten. Warum bist du nur so?«
»Ich habe es dir doch schon mal erklärt. Ich will nicht, dass sich Amy von dir negativ beeinflussen lässt.«
»Es ist doch ihr Geburtstag!«
»Na, immerhin kannst du dir den wenigstens merken.«
»Wo ist Laura?«
»Versuch erst gar nicht, sie gegen mich aufzuhetzen. Sie fällt auf so etwas nicht herein. Und auf dich schon gar nicht.«
»Gib mir meine Tochter!«, sagte ich mit erhobener Stimme.
»Fängst du jetzt wieder an auszurasten?«
»Gib doch bitte dieses eine Mal nach!«
Michelle stöhnte auf. »Also gut, wir werden in den nächsten Monaten mal wieder bei dir vorbeikommen. So wie letztes Mal.«
»Das ist fünf Monate her!«
»Entweder das oder gar nichts. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss Amys Geburtstags-Party vorbereiten.«
»Du legst jetzt nicht auf und gibst mir verdammt noch mal meine Tochter!«, schrie ich.
»Hörst du dir eigentlich selber zu? Hör mit dem Saufen auf, dann kannst du Forderungen stellen!«
»Ich habe es dir schon ein dutzend Mal gesagt, dass ich seit Jahren nichts mehr trinke.«
»Nur leider bist du der Einzige, der davon überzeugt ist. Du bist ein Versager, und ich werde nicht zulassen, dass meine Tochter eines Tages so wird wie du.«
»Was bist du bloß für ein Mensch!«, rief ich den Tränen nahe.
»Ich weiß jedenfalls, dass ich mit dir nichts zu tun haben will und dass ich alles dafür tun werde, meine Familie von dir fern zu halten. Ich muss es dir wohl immer wieder sagen: Du bist ein Versager. Und je eher du dir das eingestehst, desto besser für alle.
Ich lege jetzt auf.«
Und das tat sie auch.
Das Klicken im Hörer hatte die Endgültigkeit eines zugeklappten Sargdeckels.
»Du verdammtes Miststück!«, schrie ich den Hörer an und schmetterte ihn gegen die Wand.
»Das kannst du nicht machen!«, kreischte ich wie von Sinnen und sprang von meinem Stuhl auf. Ich packte die Lehne und schmetterte den Stuhl gegen den Türrahmen. Der Stuhl zerbrach.
»Verrecken sollst du!« Ich packte den hinter mir stehenden Wandschrank, in dem ich das meiste Geschirr aufbewahrte und zottelte und zerrte so lange daran, bis ich ihn zu Fall brachte. Mit einem ohrenbetäubenden Knall landete er auf dem Kachelboden. Der Schrank fiel in sich zusammen. Alles, was sich darin befand, war dahin.
Ich wollte noch irgendetwas zerstören, aber ich hatte keine Kraft mehr. Ich stützte mich auf dem Tisch ab und starrte keuchend die Wodka-Flasche an.
Nach ein paar Sekunden warf ich mich über den Tisch und schnappte sie mir, so als ob sie noch im letzten Moment davon hüpfen könnte.
Mit geilem Blick starrte ich auf die fünf magischen Buchstaben.
Ich erinnere mich noch genau, wie ich den Schraubverschluss öffnete und mir der Geruch des Alkohols in die Nase stieg. Dieser Geruch! Er machte mich nicht verrückt; er machte mich wahnsinnig.
Die ganze Flasche , dachte ich. Die ganze Flasche in einem Zug. Das müsste eigentlich reichen. Und wenn nicht, dann schaue ich noch
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