Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
Die meisten von ihnen haben es damals nach Jahren aufgegeben, die Bewohner zu terrorisieren. Doch der Grund ihres traurigen Daseins und ihr eigener Fluch, dem sie zum Opfer gefallen waren, sind bis heute ungeklärt geblieben. Deshalb sind sie noch immer hier. Ich habe sie in meinem letzten Albtraum gesehen. Sie können nicht gehen. Sie sind dazu verdammt, hier zu verweilen. Sie haben ihren Fluch mit dem Schiff nach Lost Haven gebracht und damit wurde ihr Fluch zum Fluch für Lost Haven selbst. Und letztlich in irgendeiner Weise auch zu meinem eigenen.
Es war neun Uhr abends, als ich die Haustür aufschloss und in den Flur trat.
Es roch merkwürdig hier. Die Luft, sie war immer noch kühl und elektrisiert.
Ja, er ist immer noch hier. Er wird dich nicht verlassen. Nicht von sich aus. Das kann er nicht.
Ich machte kein Licht an, sondern ging die Treppe nach oben.
Unnötig zu erwähnen, dass ich mich vor dem, was mich im Schlafzimmer erwarten würde, fürchtete.
Auf halbem Wege musste ich die Schlafzimmertür beiseite schieben, die der Geist aus ihren Angeln gesprengt hatte.
Bevor ich den Raum betrat, langte ich an den Lichtschalter an der Innenwand neben dem Türrahmen und schaltete das Licht ein.
Was ich sah, war keine Überraschung, aber dennoch schaurig.
Zwei Schranktüren waren aus ihren Scharnieren gerissen und lagen über Kreuz auf dem Boden. Die Jalousie war heruntergerissen. Mein Bett stand quer mitten im Raum. Überall lagen Kleidungsstücke von mir. Strümpfe, Pullover, Jeans. Sie waren teilweise zerfetzt.
Putz von der Decke war überall auf dem Teppich verstreut. Die Tapete, die ich erst kürzlich neu angebracht und gestrichen hatte, hatte sich stellenweise gelöst, und dort, wo sie noch an der Wand klebte, warf sie große Blasen. Es sah aus wie nach einer Explosion.
Nur an einer einzigen Stelle hatte sich nichts verändert. Es war das Bild mit dem Mann im schwarzen Anzug. Es hing ordentlich gerade. Links und rechts davon hing die Tapete herunter.
Das Bild hatte der Poltergeist als einziges verschont.
Alles, was ich tun musste, war warten.
Ich löschte das Licht und setzte mich aufs Bett.
Da saß ich nun. Allein in der Dunkelheit. Die Stille war schwer zu ertragen. Nicht nur dieses Zimmer, das ganze Haus hatte sich verändert. Bisher war es war meine letzte Zuflucht gewesen. Und jetzt fühlte ich mich hier fremd.
Zwei ereignislose Stunden vergingen.
Und dann endlich geschah das, was ich mir erhofft hatte: Es wurde kälter. Die kalte Luft drang durch den türlosen Rahmen zu mir. Obwohl sich meine Augen an die Dunkelheit angepasst hatten, war es dennoch zu düster, um etwas erkennen zu können.
Das Licht im Erdgeschoss ging an. Ein trüber Schein Helligkeit fiel ins Schlafzimmer.
Und dann hörte ich die schlurfenden Schritte, welche eine Treppenstufe nach der anderen nahmen.
Erwartungsgemäß nahm die Kälte zu. Doch etwas war anders. Ich bekam keine Kopfschmerzen. Es pochte nur ganz leicht in meiner Schläfe, das war alles.
Dafür juckte es mich aber wieder an der linken Brustseite.
Ich erhob mich vom Bett und stellte mich vor den nackten Türrahmen.
Durch das Licht im Erdgeschoss vermochte ich zwar bis zur Treppe zu sehen, aber ich konnte trotz der immer näher kommenden Schritte nichts ausmachen, was eben diese verursachte.
Keine schwarze Gestalt, keine Luftverwirbelung, gar nichts.
Was immer dieses Ding vorhatte, es war wohl nicht auf eine Konfrontation aus. Womöglich hatte es aus den vergangenen Gegenüberstellungen gelernt? Hatte es begriffen, dass Wut kein probates Mittel für eine Kontaktaufnahme mit mir war? Dass es seine Botschaft auf anderem Wege übermitteln musste, damit ich sie verstehen konnte?
Was hat es nur vor?, dachte ich.
Ich verspürte Angst, aber es war eine abgestumpfte Form von Angst. Es nützte nichts, in Panik zu verfallen. Mein Gehirn hatte das begriffen. Entweder war das ein gutes Zeichen oder es war eine Konsequenz meiner Selbstaufgabe.
Die Schritte erreichten die letzte Stufe und betraten anschließend im selben gemäßigten Tempo den Boden des ersten Stocks. Sie waren jetzt nicht mehr schlurfend, sondern ganz deutlich. Als ob eine ganz normale Person mit Schuhen mir entgegenkam.
Unmittelbar vor mir aber noch außerhalb des Zimmers kam die unsichtbare Gestalt zum Stehen.
Von jetzt an verriet mir nur noch die entgegenströmende Kälte seine Präsenz.
Wir standen uns gegenüber und ich bin mir sicher, dass wir uns beide in diesem surrealen Moment
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