Geisterzorn: Der Fluch von Lost Haven (German Edition)
ihn, »können wir über was anderes reden? Ich habe dafür heute keinen Nerv mehr und ich glaube, es würde dir auch nicht gut tun.«
»Ok. Wie du willst. Ist mir nur Recht.«
Wir tranken beide einen großen Schluck Cola. »Genau das Richtige für Leute mit Schlafstörungen«, sagte Peter und zeigte auf die Cola-Flasche.«
»Du sagst es.«
»Und? Was macht Dein Poltergeist?«, fragte er mit ironischem Unterton.
Ich winkte ab: »Lassen wir das Thema, ja?«
»Schon gut, tut mir Leid.
Sag mal, hast du eine neue Brille? Die sieht irgendwie anders aus.«
»Ja«, sagte ich.
»Was ist mit der alten passiert?«
»Bin drauf getreten.«
»Autsch.«
»Kannst du wohl sagen.«
Peter atmete zischend ein. »Also.«
»Also was?«
»Ich habe dein Buch gelesen.«
Ich wurde hellhörig. »Das ganze Buch?«
»Das ganze. Ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal was gelesen habe. Also habe ich es gleich in einem Schwung durchgelesen.«
»Und?«, fragte ich angespannt.
»Also, wie ich dich kenne, hast du dir etwas dabei gedacht, mir ausgerechnet diesen Roman zu schenken«, sagte Peter locker.
Ich hatte mir anscheinend völlig unnötig übertriebene Sorgen gemacht. Auch wenn wir stillschweigend vereinbart hatten, auf bestimmte Dinge wie persönliche Geschenke zu verzichten, war er sehr wohl bereit, meinen Versuch, das zu ändern, zu würdigen und sich sogar mit mir darüber zu unterhalten.
»Es ist doch nur ein Geschenk, Peter«, sagte ich mit einem süffisanten Lächeln.
»Aber sicher doch«, erwiderte mein Freund mit der gleichen Geste.
Ich wartete darauf, dass Peter etwas sagen würde und er tat genau dasselbe.
»Also gut! Wenn du es mir nicht sagen willst. Dann werde ich einfach eine eigene Vermutung aufstellen«, begann er dann doch.
»Ich bin ganz Ohr«, sagte ich genüsslich.
»Mal abgesehen von diesem ganzen Walfang-Verarbeitungskram, bei dem einem eigentlich nur schlecht werden kann – Übrigens vielen Dank dafür -…«
»Gern geschehen«, fiel ich im ins Wort.
»Also abgesehen davon, glaube ich, dass es dir um den lieben Herrn Ahab geht.«
Peter wartete auf meine Reaktion. Die blieb jedoch aus. Ich zog nur die Brauen hoch, so dass Peter fortfahren musste.
»Du wolltest mir wohl vermitteln, dass es keinen Sinn hat, der Vergangenheit hinterher zu weinen, die offensichtlich besser war, als das was wir jetzt hier haben. Ahab verlor sein Bein durch den weißen Wal. Und fortan war es sein erklärtes Ziel, diesen bis ans Ende der Welt zu jagen, um sich an ihm zu rächen, beziehungsweise, ihn zu töten. Du weißt schon, der berühmte Satz mit dem Herz und der Lanze oder so.«
»Oder so«, bestätigte ich.
»Und letztlich war dieser Hass in ihm sein eigener Untergang.
Ist es nicht so? Nun sag doch irgendwas!«
Ich musste schmunzeln. Peter missbilligte das, indem er sich verärgert räusperte.
»Hätte ich gewusst, dass du so was da reininterpretierst, hätte ich dir Moby Dick auf keinen Fall geschenkt. Um Himmels Willen!«, sagte ich.
»Wieso? Hattest du Schiss, ich könnte dir das übel nehmen?«
»Nun, ich. Wenn ich ehrlich bin, ja.«
»Da kennst du mich aber schlecht! Wir müssen beide keine Hellseher sein, um zu wissen, dass sie in unser beider Leben ein paar Dinge mächtig in Scheiße verwandelt haben.«
»Das klingt nicht übertrieben«, sagte ich.
»Aber mir reicht das. Wenn ich bereit bin, darüber zu sprechen, dann werde ich es tun. Und ich denke, mit dir ist es genauso. Das hier ist Lost Haven. Und ich bin hierher gekommen, um zu vergessen oder zumindest so zu tun, als würde ich es können. Also was immer du mir auch mit dem Roman mitteilen wolltest, ich weiß es zu schätzen. Das wollte ich dir nur sagen. Ich weiß es zu schätzen, weil es genau das ist, was ich tun möchte: Die Vergangenheit ruhen lassen. Keiner weiß wahrscheinlicher besser als du, wie schwer das Loslassen manchmal ist, aber ich glaube gemeinsam ist es für uns beide wesentlich leichter.«
Ich stieß erleichtert Luft aus meinen Lungen, denn während Peters letzten Worten hatte ich verkrampft vor Ungewissheit die Luft angehalten. »Mann, da bin ich aber erleichtert«, sagte ich. Ich fühlte mich in der Tat unendlich erleichtert. Wirklich!
»Dann vergessen wir die Sache jetzt und lassen Ahab auf dem Grund des Meeres ruhen?«
»Gute Idee.«
»Aber ich würde schon gerne wissen, jetzt da ich den Roman schon gelesen habe, was dir daran so liegt. Oder was ich deiner Meinung nach herauslesen sollte.«
»Also
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