Gejagte Der Dämmerung -9-
legte den Kopf schief, seine Miene war völlig ausdruckslos, zeigte keinerlei Wiedererkennen.
Doch dieses kurze Zögern hielt ihn auf, und nun war auch Hunter bei ihnen. Er hatte sich schneller bewegt, als Corinne wahrnehmen konnte, schien sich jetzt hinter Nathan praktisch aus dem Nichts zu materialisieren.
Die Sinne des Jungen waren so schnell wie seine Reflexe. Er fuhr zu Hunter herum, dann streckte er mit derselben übernatürlichen Geschwindigkeit wie der erwachsene Mann die Hand aus, und Corinne sah, dass er aus dem Kasten neben dem bauchigen Kamin einen langen, dünnen Schürhaken genommen hatte.
Statt jedoch das Eisen als Waffe zu benutzen, schlug der Junge es gegen das Ofenrohr.
Das metallische Scheppern hallte durch die ganze Hütte. Dann begann das Geräusch, lauter zu werden, sich auszudehnen. Sie spürte Nathans übersinnliche Gabe – ihre eigene, die ihr Kind von ihr geerbt hatte. Er packte die Schallwellen mit seiner Willenskraft und ließ sie zu ohrenbetäubendem Lärm anschwellen.
Sie hatte keine Zweifel gehabt, dass das ihr Junge war, aber jetzt überkam sie bodenlose Erleichterung und unendliche Freude. Das war ihr Sohn. Das war ihr Nathan.
Und dieser Junge – dieser gefährliche junge Stammesvampir – sammelte seine übernatürlichen Kräfte und ließ sie jetzt mit voller Kraft auf Hunter los, versuchte, seinen Gegner in die Knie zu zwingen. Hunter biss fest die Zähne zusammen, an Hals und Wangen traten die Sehnen hervor wie Kabel, als sich der Ansturm auf seine Trommelfelle immer mehr verstärkte.
»Nathan, hör auf!«, schrie Corinne, aber gegen die Gabe ihres Sohnes kam ihre Stimme nicht an. Sie versuchte, sie mit ihrer eigenen Gabe zu löschen, aber er war zu stark. Sie konnte ihn nicht zum Schweigen bringen.
Und in dem Höllenlärm, den er geschaffen hatte, sprang er Hunter an, in seinen gnadenlosen Augen glänzte die Mordlust. Er schlug mit dem Schürhaken nach ihm – eine schnelle Serie von Schlägen, von denen jeder einzelne Hunter den Schädel gespalten hätte, wenn er nicht blitzschnell ausgewichen wäre.
Und das war alles, was er tat, erkannte Corinne. Hunter schlug selbst nicht zu, auch wenn er den kleineren Gegner mühelos niedergestreckt haben könnte. Ihn jeden Moment getötet haben könnte, wenn er es gewollt hätte.
Aber Hunter verteidigte sich nur wie ein erfahrener alter Löwe, der geduldig ein rauflustiges Junges abwehrt, das spielen will. Corinne wusste, das hier war kein Spiel, es war viel gefährlicher. Auch Hunter wusste es, und obwohl der Junge weiter auf ihn einschlug, tat er nichts, um seinem Gegner Schaden zuzufügen.
Nie hatte Corinne ihn mehr geliebt als in diesem Augenblick.
Nathan griff ihn weiter an, unerbittlich und berechnend, genau wie man ihn in seinem Training abgerichtet hatte. Wieder versuchte Corinne mit ihrer Gabe, den Lärm zu fassen zu bekommen, den er heraufbeschworen hatte, konzentrierte sich auf ihn und versuchte, ihn zu ihrem eigenen Werkzeug zu machen.
Sie erhaschte einen Blick auf Nathan, der mit dem langen Schürhaken einen Treffer auf Hunters Schulter landete. Oh Gott. Wenn einer dieser beiden das nicht überlebte, würde sie sterben.
Konzentrier dich.
Sie richtete ihre Willenskraft auf den Lärm, formte ihn und zog ihn langsam aus Nathans Reichweite, während seine ganze Aufmerksamkeit darauf gerichtet war, Hunter zu töten.
Corinne zog den Lärm in ihre eigene Gabe hinein, sammelte und formte ihn … und dann ließ sie ihn mit voller Kraft auf ihren Sohn los.
Abrupt riss er den Kopf hoch und starrte wütend zu ihr herüber. Hinter der grimmigen Entschlossenheit in seinem Blick flackerten Überraschung und Verwirrung auf. Sie konnte die Frage in seinen Augen lesen.
Wer bist du?
Aber das war ihm egal.
Er konterte ihre Attacke mit einer geballten Dosis seiner Gabe. Corinne schrie auf und griff sich an die Schläfen, ihr Schädel drohte zu zerspringen. Ihre Trommelfelle schmerzten und fühlten sich an, als wollten sie platzen. Sie fiel auf die Knie, der Schmerz war so heftig, dass er sie zu Boden zwang.
Im selben Augenblick hörte sie Hunter aufbrüllen. Sah, wie sich sein Gesicht vor Wut verzerrte. Und dann sah sie, wie Hunter mit der Faust ausholte und sie in Nathans Richtung schnellen ließ.
Nicht, schrie ihr Herz. Nicht!
»Nicht!«, schrie sie und erkannte, dass der entsetzliche Lärm abrupt verstummt war.
Hunter war an ihrer Seite. »Bist du verletzt? Corinne, bitte sag was.«
»Wo ist Nathan?«, murmelte sie. Sie
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