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Gekapert

Titel: Gekapert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuruddin Farah
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Präsidentenvilla Häuser »weihen« sollte, aus denen die Al-Schabaab ihren Krieg gegen den Übergangsstaatschef und die äthiopischen Eindringlinge zu führen beabsichtigte.
    »Weißt du, wo ich ihn finden kann?«
    »Er war Pirat, jetzt ist er arbeitslos.«
    »Wie heißt er?«
    »Marduuf.«
    »Ziemlich schräg«, sagt Malik, »wie ein großes qaat- Bündel zu heißen.«
    »Er hat eine Vorliebe für qaat und hat das Geld, das er als Pirat machte, damit durchgebracht.«
    »Wo lebt er?«
    »Nachdem man seinen Bruder begraben hatte, kam er nach Mogadischu und hat einen Großteil seiner Zeit damit verbracht, so viele Informationen über den Verstorbenen wie möglich zusammenzutragen«, erwidert Qasiir. »Soviel ich gehört habe, hat er genügend Beweismaterial gesammelt.«
    »Und wartet jetzt den geeigneten Moment ab?«
    »Er wartet auf eine Möglichkeit, Rache zu nehmen«, sagt Qasiir.
    »Meinst du, er würde zu einem Ort meiner Wahl kommen und sich interviewen lassen?«
    »So habe ich es verstanden«, sagt Qasiir.
    »Wird er auch mit dem von mir ausgewählten Zeitpunkt einverstanden sein?«
    »Ich glaube schon«, sagt Qasiir.
    Ohne ein weiteres Wort gehen sie auseinander.

A hl steuert sein Zimmer an, um sich zu vergewissern, daß seine persönlichen Habseligkeiten, einschließlich Geld und Paß, sicher weggeschlossen sind, ehe er sich nach Guri-Maroodi aufmacht, dem Dorf, in dem sich ganze Gruppen junger Männer versammelt haben – Flüchtlinge, die sich hier illegal aufhalten und auf die Reise nach dem Jemen und dann weiter nach Europa vorbereiten. Er steckt den Schlüssel ins Schloß, aber der greift nicht. Im Zimmer läuft der Fernseher, aber er kann sich nicht erinnern, ihn eingeschaltet zu haben. Er zieht den Schlüssel heraus und steckt ihn ein zweites Mal ins Schloß und ein drittes Mal. Er dreht sich immer noch nicht. Er ist kurz davor, zur Rezeption hinunterzugehen und um Hilfe zu bieten, da öffnet sich die Tür einen Spalt. Er erblickt einen jungen Mann mit einem bekannten Gesicht – den Fernsehtechniker.
    »Was machen Sie in meinem Zimmer?« fragt Ahl.
    Im selben Augenblick, als ihm die Worte über die Lippen kommen, fragt er sich, ob man überhaupt »mein« Zimmer sagen kann, wenn man nur zeitlich begrenzten Zugang dazu hat.
    »Ich stelle den Fernseher für Sie ein.«
    »Bei verschlossener Tür?«
    »Spielt es eine Rolle, ob die Tür verschlossen ist oder nicht, wenn ich hier im Zimmer Ihren Fernseher einstelle?« fragt der Bursche mit unnachahmlicher Frechheit.
    Schweigend starrt Ahl den jungen Mann an – die Tür steht offen, er hält den Schlüssel umklammert –, sein Blick fliegt über seinen Koffer und die Umhängetasche, er ist sich nicht sicher, ob sich sein Gepäck noch genau dort befindet, wo er es zurückgelassen hat. Wirkt es nicht so, als hätte sich jemand daran zu schaffen gemacht? Ahl erinnert sich daran, die Laptoptasche geöffnet zu haben, ehe er zum Frühstück hinunterging. Aber hat er die Tasche nicht wieder geschlossen? Den jungen Mann zu fragen hat keinen Sinn. Die Menschen hier sind nervös, ihre Gereiztheit verleitet sie zu voreiligen Schlüssen.
    »Raus!« faucht er den jungen Mann an.
    Allein im Zimmer, die Tür sicher von innen verriegelt, zieht er den Stecker des Fernsehers. Die verschlossenen Umschläge mit Taxliils Foto und dem Geld befinden sich noch in seiner Laptoptasche, ihm fehlt die Zeit zu überprüfen, ob sonst etwas fehlt. Ich werde die Wertsachen mitnehmen, beschließt er, weil ihm kein sicherer Aufbewahrungsort einfällt. Er legt den Geldgürtel um und nimmt sich die Computertasche. Der Form halber verschließt er seinen Koffer, in dem sich lediglich Schmutzwäsche befindet.
    Draußen fällt sein Blick auf einige Jungkrähen, deren Federn schimmern, als wären sie in schwarzes Öl getaucht worden. Manche stolzieren herum, fordern ihn geradezu heraus, sie aufzuscheuchen; andere fliegen auf, als er näher kommt, lassen sich auf Ästen nieder oder landen im Garten. Sie lärmen, kreischen und hacken nacheinander.
    Ahl geht zur Rezeption, um sich über den Fernsehmann zu beschweren. Hinter dem Tresen ist ein einäugiger Mann mittleren Alters, den er noch nie zuvor gesehen hat. Er fragt sich, ob er sich mit seiner Beschwerde an diesen Mann wenden soll, der wahrscheinlich gar nicht hier arbeitet.
    »Wo ist der Hotelmanager?« fragt Ahl.
    »Was wollen Sie?« will der Einäugige wissen.
    »Ich möchte mich über den jungen Mann beschweren, der die Angewohnheit hat,

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