Gekapert
verstummt.
Der Kellner kommt mit den Getränken.
»Warum gehst du in einen Nachtclub, wenn du nicht trinkst, tanzt oder eine Frau für die Nacht aufgabeln willst?« fragt sie.
»Wie ich gesagt habe, ich bin auf dem Weg nach Somalia«, sagt er.
»Aus deinem Land kenne ich viele Frauen wie mich.«
»Aber sie gehen damit nicht offen um, oder?« fragt er.
»Sie gehen heimlich auf den Strich wie die Araberinnen.«
»Was meinst du damit?« fragt er.
»In der Öffentlichkeit sind Araberinnen verschleiert«, sagt die Frau, »aber sie ziehen sich schnell aus, und sind schneller bereit, als man glaubt. Vielleicht ist das heutzutage auch in Somalia so. Sie gehen heimlich auf den Strich, von Kopf bis Fuß verhüllt. Unglaublich, welche Geschichten wir zu hören bekommen.«
Als sie einen Kunden erspäht, schlägt Ahl vor, der Mann solle herkommen und seinen Platz übernehmen. »Alles Gute«, sagt er im Gehen, »vielleicht treffen wir uns wieder.«
»Paß gut auf dich auf«, sagt sie.
V ollbart, Fußknecht und VerkünderDerWahrheit nähern sich gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen dem Haus.
Vollbart schlingt sich seine violette Kufija um die Taille, steckt einen Revolver hinein, sicher ist sicher, und klettert über die hintere Mauer. Fußknecht, um den Hals eine schwarze Kufija, betritt das Grundstück von einem Nachbargarten aus. Am Steuer eines Pick-ups, der links vom Eingangstor geparkt ist, wartet VerkünderDerWahrheit, bis die anderen ihm bestätigen, daß sie drin sind und er gefahrlos nachkommen kann. Er läßt den Pick-up an und wartet darauf, daß ihm einer der anderen das Tor öffnet, manövriert das Fahrzeug samt Anhänger, unter dessen Abdeckplane Gewehre und andere Waffen versteckt sind, vorsichtig hinein.
Nachdem das Eingangstor sicher verriegelt ist, gehen die Männer ins Haus, um ihre Kommandozentrale aufzubauen. Vollbart ruft Grünschnabel zu sich und schlägt ihm ohne Vorwarnung so fest ins Gesicht, daß er zu Boden stürzt. Eine Weile herrscht Schweigen. Die beiden anderen Männer sehen zu, wie Grünschnabel sich, mit anschwellender Wange und blutender Unterlippe, langsam aufrappelt. Als er schließlich das Gleichgewicht wiedergefunden hat und strammsteht, sagt Vollbart: »Ist dir klar, daß deine Unaufmerksamkeit die Bewegung unter Umständen unnötig Verluste gekostet hätte?«
»Wenn nicht einer unserer Sympathisanten zufällig unserem Nachrichtendienst von deiner Anwesenheit in dieser Nachbarschaft berichtet hätte, wären wir nicht hier«, fährt VerkünderDerWahrheit fort.
»Stell dir vor, was passiert wäre, wenn wir nicht auf deinen schwerwiegenden Fehler aufmerksam gemacht worden wären«, fügt Fußknecht hinzu.
»Geh. Verschwinde«, sagt Vollbart, der immer noch verärgert ist.
VerkünderDerWahrheit weist ihn an, am Tor Wache zu stehen, während sie ihre erste Besprechung abhalten. Da Grünschnabel nicht mehr da ist, überträgt Vollbart Fußknecht die Aufgabe, Verbindung mit der Zelle in Wardhiigley aufzunehmen, jenem Viertel, in dem die Villa des Präsidenten liegt. Er beauftragt VerkünderDerWahrheit, die zerlegten Waffen hereinzubringen. Während Fußknecht mit der Kommandozentrale telefoniert, beginnt Vollbart, die Waffen zusammenzumontieren.
Hinter der verschlossenen Badezimmertür lauscht Dhoorre ihrer Unterhaltung. Als er alle drei Männer das Haus verlassen hört, läßt er rasch Wasser in die hohle Hand tropfen, wie jemand, der in einer Gegend Waschungen vornimmt, in der Wasser ein kostbares Gut ist. Im Islam sind Waschungen obligatorisch, selbst wenn der Gläubige mangels Wasser dazu Sand benutzen muß. Allah wird demjenigen gewogen sein, der zum Zeitpunkt seines Todes »gereinigt« ist. Er schaut im Spiegel sein Gesicht an und sieht sich darin bestätigt, daß er dringend eine Rasur benötigt – schade, daß die Klinge stumpf ist und er keinen Ersatz hat.
Da wird es plötzlich lauter, VerkünderDerWahrheit kommt zurück, schimpft über das Gewicht der Maschinengewehr- und Bazookateile. Dhoorre hört, wie Waffen in der Nähe der Badezimmertüre fallen gelassen werden. Ihm wird klar, daß es nicht mehr lange dauern wird, bis einer der Männer in den Raum eindringt, in den er eingesperrt ist. Dann hört er, wie Stühle gerückt werden und die Männer sich setzen.
Er spitzt die Ohren, versteht das eine oder andere Wort. Die Ankunft der Männer und ihre fortdauernde Anwesenheit im Haus können nur eines bedeuten: Ärger. Er gibt dem Wunsch, mehr wissen zu
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