Gekapert
Daneben hat er noch weitere rentable Unternehmen, die meisten sind illegal. Er ist jetzt ein bedeutender Geschäftsmann, besitzt gut fünfzig bewaffnete Kampfwagen und unterstützt seit kurzem die Union finanziell. Wann immer er dazu aufgefordert wird, stellt er seine tausend Mann starke Miliz zur Verfügung.
Qasiir fährt langsamer, biegt auf den Hotelparkplatz ein. Er hält hinter dem Hotel und wendet sich an Gumaad. »Geh du vor, du kennst Ma-Gabadeh. Malik und ich werden dich wie vereinbart in einer Minute im Foyer treffen.«
Gumaad ist verstimmt, weil er spürt, daß Qasiir ihn auf Abstand halten will. So tut er zwar wie geheißen, verschafft aber seinen Gefühlen Luft: »Ist ein schwerbeschäftigter Mann, Ma-Gabadeh, und er mag es gar nicht, wenn man ihn warten läßt.«
Nachdem Gumaad außer Sichtweite ist, geht Qasiir die Sicherheitsvorkehrungen durch, deutet auf die Stellen, an denen seine Männer postiert sind. Um sicherzugehen, daß sie sich auf den richtigen Plätzen befinden, ruft er sie an, stellt dann den Motor ab, und sie steigen gemeinsam aus und gehen ins Hotel. Sie tun so, als unterhielten sie sich, während Qasiir die Situation einzuschätzen versucht, seine Blicke schießen hierhin und dorthin. Sie betreten das Foyer und unauffällig nickt er seinen beiden Männern am Eingang zu.
Das Foyer ist weitläufig und sonnendurchflutet, aber völlig überfüllt und wirkt dadurch wie ein Marktplatz. Überall stehen Menschen herum und unterhalten sich laut, zudem ist der Raum mit Möbeln vollgestopft, die aus unterschiedlichen Perioden zu stammen scheinen. Qasiir setzt sich in Bewegung, Malik folgt ihm dichtauf, ist aber gezwungen, immer wieder stehenzubleiben, um Zusammenstöße zu vermeiden. Gumaad steht mit zwei anderen Männern in der Nähe der Rezeption – ein kleiner Tresen, der von drei Mann besetzt ist, zwei davon in Uniform, und alle haben den Blick prüfend auf die drei gerichtet.
Malik und Qasiir gesellen sich zu Gumaad, und er übernimmt die Vorstellung, kurz und in der Reihenfolge der Wichtigkeit. »Das ist Ma-Gabadeh, das ist Malik. Malik,
das ist Fee-Jigan, ein Journalist.«
Malik ergreift Ma-Gabadehs Hand mit den kurzen Fingern, und dann verschwindet seine zur Gänze in Fee-Jigans langfingrigem Handschlag.
»Sollen wir loslegen?« schlägt Ma-Gabadeh vor.
Qasiir geht vor, gefolgt von Ma-Gabadeh, der immer wieder zur Seite ausweicht, damit Malik neben ihm gehen kann. Er ist klein, mit beginnender Glatze und Schnurrbart, hat einen beeindruckenden Bauch und ein fliehendes Kinn. Seine Arme schwingen im Rhythmus seiner Schritte. Auf den ersten Blick wirkt Ma-Gabadeh auf Malik wie ein Mann, der mit ernstem Gesicht zu einem Termin erscheint und ihn dann lächelnd beendet, wenn er davon überzeugt ist, daß der Gewinn, den er gemacht hat, jedes Risiko wert war. Welchen Grund könnte es sonst für ihn geben, sich mit einem Journalisten zu treffen? Trotz des breiten Lächelns, das wahrscheinlich bei derartigen Gelegenheiten Teil seines Programms ist, findet Malik ihn unangenehm.
Fee-Jigan trägt eine ausgebeulte, khakifarbene Hose und an einer seiner Sandalen fehlt eine Schnalle. Er ist ein großer, schlanker Mann Mitte Dreißig, mit großen Augen und riesigen Ohren. Sein Händedruck ist fest, das Lächeln charmant. Malik ist bestrebt, ihn nicht gegen sich aufzubringen, da er davon ausgeht, daß er Ma-Gabadehs Verbündeter ist.
»Arbeiten Sie für eine Zeitung oder fürs Radio?« fragt er.
»Ich bin erst vor kurzem aus Kairo zurückgekehrt«, antwortet Fee-Jigan, »dort war ich Simultandolmetscher für Arabisch und Englisch. Hier bin ich freier Mitarbeiter für verschiedene arabische Radiostationen. Gelegentlich berichte ich für Al Jazeera.«
»Sehr erfreut, Sie kennenzulernen.«
»Ich habe den Ehrgeiz, ein Buch über Somalia zu schreiben«, sagt er, als wollte er Malik noch mehr beeindrucken. »Die ersten Kapitel stehen bereits.«
»Das ist wunderbar«, sagt Malik.
Fee-Jigan hat die Angewohnheit, bei jedem Blickkontakt zu grinsen.
Warum nur fühlt es sich so an, als befände er sich in der Gesellschaft eines Staatsoberhauptes mit Gefolge und nicht lediglich in der eines Mannes, der Piraten finanziert? Malik ist irritiert.
Vor dem Eingang zum Nebenzimmer entläßt Ma-Gabadeh Gumaad und Qasiir mit einer Handbewegung. Malik bemerkt, daß sich die bewaffneten Männer unauffällig in der Nähe herumdrücken. Im Nebenzimmer ist die Klimaanlage eingeschaltet, und drei junge Männer
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