Gekauft für den Harem
sie den Harem und ihre neuen Freundschaften nicht so sehr vermisst.“
„Die andere Frau ist ihre Freundin“, erwiderte Khalid. „Sie ist nicht schön, doch du könntest sie als Gesellschaft für deine Ehefrau in deinen Harem mitnehmen. Allerdings empfehle ich dir, ein wenig damit zu warten. Gib deiner Braut Zeit, sich an die Ehe zu gewöhnen, bevor du die beiden wieder zusammenbringst. Frauen müssen gezähmt werden, mein Sohn, am besten mit dem Samthandschuh, nicht mit der Peitsche, und Engländerinnen besonders. Sie sind von Natur aus störrisch und eigensinnig. Auch deine Mutter leistete mir Widerstand, sehr lange sogar. Aber am Ende gewann ich ihr Herz.“
„Ich werde Geduld üben.“ Hassan lächelte. „Schließlich möchte ich eine Frau, die mich genauso liebt, wie meine Mutter Euch geliebt hat.“
Der Tag war rasch vorbeigegangen. Den Nachmittag hatte Harriet damit verbracht, Katrina Gedichte vorzulesen, weil die Erste Dame sich zu unpässlich und müde fühlte, um selbst zu lesen, und als es Zeit für Harriet gewesen war, in den Harem zurückzukehren, hatte sie sie nicht gehen lassen wollen.
„Ich weiß nicht, wozu es gut sein soll, dass Ihr die Nacht dort verbringt“, sagte sie seufzend. „Wenn man Euch ein Gemach neben meinen gäbe, könnten wir reden, solange wir wollten.“
„Das wäre schön“, stimmte Harriet zu. „Aber ich glaube, meine Cousine ist froh, wenn ich nachts in ihrer Nähe bin.“
„Eure Cousine …“, erwiderte Katrina schmollend. Harriets Antwort war offenbar nicht so ausgefallen, wie sie es sich gewünscht hatte. „Ihr werdet sie ohnehin selten sehen, wenn sie demnächst in einem anderen Teil des Palasts lebt. Prinz Hassan ist zurück, und man wird sie schon bald in seinen Harem bringen.“
Harriet biss sich auf die Zunge. Sie hätte gern widersprochen, doch sie wollte die Freundin nicht aufregen.
Allerdings ließ ihr das, was Katrina gesagt hatte, keine Ruhe, und die Worte gingen ihr immer noch im Kopf herum, als sie am Abend in den Harem zurückkehrte. Sie wusste seit Langem, dass man Marguerite eines Tages fortbringen würde, doch nach dem Besuch im Basar hatte sie gehofft, dass ihre Befreiung vorher gelang.
„Lady Harriet …“ Sie erstarrte, als sie die leise Stimme hörte, die sie auf Englisch ansprach. „Dreht Euch nicht um. Niemand darf wissen, dass ich mich in diesem Garten aufhalte, sonst bin ich so gut wie tot.“
„Was wollt Ihr?“, flüsterte Harriet heiser. „Wie seid Ihr hier hereingekommen? Keinem Mann ist es gestattet, auch nur einen Schritt in den Harem zu setzen.“
„Stellt keine Fragen. Wenn Ihr und Eure Cousine in Sicherheit seid, wird man Euch alles erklären. Ihr müsst Miss Marguerite morgen Abend, sobald die Dämmerung einsetzt, hierher bringen. Ein paar Schritte hinter dem Springbrunnen, bei den Oleanderbüschen, findet Ihr ein versteckt liegendes kleines Gittertor, das nur die Gärtner benutzen. Es wird für zwei Stunden unverschlossen sein. Sobald Ihr Euch außerhalb der Palastmauern befindet, lassen wir es wieder absperren, damit Euer Fluchtweg getarnt ist. Falls etwas dazwischenkommt, werdet Ihr neue Anweisungen erhalten.“
„Was tun wir, wenn wir nach draußen gelangt sind?“
„Ihr werdet von jemandem erwartet, der die geheimen Wege kennt. Geht jetzt, ehe man Euch vermisst.“
„Ich danke Euch. Wir werden da sein.“
Harriet widerstand der Versuchung, über die Schulter zu blicken. Wer auch immer der Mann war, der ihr die Botschaft überbracht hatte, er musste ausgesprochen tapfer sein. Wenn man ihn entdeckte, würde er gefoltert und zum Tode verurteilt. Der Harem des Kalifen war tabu, außer für die Eunuchen und den Kalifen persönlich.
Oder konnte es sein, dass der Bote selbst ein Eunuch war? Harriet betrat die kühlen Räume des Harems. Auf dem gemeinschaftlichen Innenhof, der zwischen Katrinas Gemächern und denen des Harems lag, hielt sich um diese Tageszeit niemand auf, und ehe die Dunkelheit hereinbrach, würden die Tore, die in die Gärten führten, verschlossen. Sie hatten nur eine kurze Zeitspanne für ihre Flucht. Ihr Herz klopfte aufgeregt, und alles in ihr drängte danach, Marguerite zu erzählen, dass sie am nächsten Abend um diese Stunde womöglich schon frei sein würden, doch Harriet beschloss, das Geheimnis einstweilen für sich zu behalten. Es zu früh auszuplaudern war zu riskant, darum würde sie es der Cousine erst im letzten Moment zuflüstern – nämlich dann, wenn sie sich bereits im
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