Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svetlana Sekulic
Vom Netzwerk:
Und als er noch jung war,
da war das Leben einigermaßen akzeptabel, denn man trug noch
Hoffnungen und Wünsche mit sich herum. Aber mit der Zeit
verblasst das alles mehr und mehr und was bleibt ist der Schreck im
Spiegel und die Gewissheit eines nicht wirklich gelebten Lebens und
als Dankeschön nur noch der Abschied in unmittelbarer Ferne. Ein
Hoch dem Leben als junger , fescher Bursche und ein armseliges
Bedauern als alter resignierter Mann. Das redete er sich zumindest in
seinen Glücksmomenten ein, dessen Höhenpunkte er bei der
dritten Weinflasche gefunden und auch erreicht hatte. Es war nur ein
Unglück, dass er hier auf dieser Insel gestrandet war. So konnte
er sich, trotz anstrengender Bemühungen niemals wirklich wohl
fühlen. So begab er sich in seine Fantasien, denn darin war er
der König. Von allen Menschen geliebt und bewundert, geachtet
und geehrt. Und nur hier auf diesem Fleckchen Erde war es ein harter
Kampf, trotz guten Willens und etlicher Kuscheleinheiten von Babu und
Leila. Wie gerne hätte er sich eine bessere, gerechtere Welt
gestaltet und bei sich selbst damit angefangen. Denn das neue Leben
fängt bekanntlich mit dem Abschied vom alten an. Schön wäre
es gewesen von Neuem anzufangen und sich von alten Lasten zu
verabschieden, obwohl ihn eigentlich nicht mehr viel interessierte.
Irgendwie hatte er genug gesehen, von der Welt und dessen Elend und
sein Blick zu Boden war ihm ausreichend. Es interessierte ihn nichts
Eigentliches, nichts Relevantes mehr am Leben. Nicht mehr die Musik,
nicht der Tanz, keine Zeitung und auch keine Sonnenstrahlen. Einzig
allein die Neugier auf den Morgen hielt ihn noch fest. Eine kindliche
Neugier auf den noch zu erwarteten, nicht gelebten und unbekannten
Tag. Oder vielleicht war es die Angst etwas gravierendes zu
verpassen? Diese Aufrechterhaltung hielt sich zumindest bis zum
Abend, wob ei sich bereits am Nachmittag eine deutliche Müdigkeit
einstellte. Er war neugierig und ängstlich auf einen jeden
Morgen geblieben, so dass er es nicht schaffen konnte seinem Leben
ein Ende zu setzen, egal wie dreckig und aussichtslos sich das Leben
ihm anbot. Wie ein Kind mit einer verhafteten Neugier hatte er keine
Kraft dem entgegen zu wirken und würde es niemals geschafft
haben. Deshalb lebte er geradeaus weiter. Ohne Umschweife und ohne
Ecken und Kanten und ohne Hoffnung auf irgend eine Veränderung.
Und so hielt er eine Spannung des Lebens aufrecht. Tag für Tag
und Nacht für Nacht. Auch wusste er nicht so recht, ob er jemals
wirklich lieben konnte und wirklich geliebt wurde und tatsächlich
von den Göttern noch geliebt wird oder auch nur von einem
einzigen Gott, denn er zweifelte daran, sich selbst je geliebt zu
haben und falls er doch von den Göttern geliebt wurde, dann
fragte er sich nach diesem Grund. Er wusste, dass gerade schöne
Menschen besonders von den Göttern geliebt werden und er war
auch schön anzuschauen, als er ein junger Bursche war. Aber mit
den Jahren und mit dem Elend entschwanden ihm Schönheit und die
Kraft. Er erkannte dies an dem Spiegel irgendwo, weil sich immer
irgendwo ein Spiegel anbot hineinzublicken und das ein ganzes Leben
lang. Und nie hatte er gedacht in jungen Lebensjahren, dass es ein
Graus werden könnte in einen Spiegel zu schauen. Er verstand den
Sinn nicht dahinter, warum die Natur es so eingebaut hatte, dass die
Menschen altern zu haben. Es ist ein lebenslanger Schreck, der einen
begleitet, wenn man diesem Schrecken einmal bewusst geworden ist. Und
da hilft nichts, aber auch nichts, denn das Altern lässt sich
nicht aufhalten, es schreitet voran, unabhängig von nichts und
niemandem. Der Kampf, wenn es denn einer sein sollte, hat der Mensch
von vornherein und automatisch verloren. Er hatte keine Lust auf sich
und keine Lust auf die Gestaltung eines schönen Körpers. Er
verunstaltete seinen Körper, weil dies von ganz alleine, ohne
großes Zutun seinerseits möglich war und vielleicht auch,
um schneller in die andere Welt reisen zu können. Er gab nicht
mehr auf sich acht. Er schlang alles in sich hinein, was sich ihm
anbot und was er finden konnte und er bewegte sich nicht mehr, nicht
mehr zur Musik und nicht mehr in einem Rhythmus der Freude und des
Strahlens und so ging sein Körper immer weiter auseinander. Er
bekam ein Doppelkinn und das Fett im Gesicht ließ ihn
maskenhaft erscheinen, da es keine einzige Falte preisgab. Keine
altersgemäßen Falten im Gesicht, die von seinem Leben
erzählen könnten. Nicht von seinen

Weitere Kostenlose Bücher