Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)
die Bühne
herauslaufen, bzw. sie wurde von dem Theaterleiter rausgeschmissen.
Das war so vorgesehen. Es sollte ein Baum sein, der in das Leben
hinein geschmissen wird. Babu ließ sich herausschmeißen
und platzierte sich wie vorgesehen in einer Ecke, breitete ihre Arme
auseinander und kippte den Kopf gekonnt zur Seite. Babu ging in ihrer
Rolle auf und sie ging wundervoll als Baum auf. Sie fühlte sich
unendlich wohl auf der Bühne. Sie trug auch schöne Früchte
an ihrem grünen Kostüm, das in Form von rotem Papier als
Äpfel daran geklebt waren. Sie hoffte, nicht all zu viele Äpfel
zu verlieren. Denn sie wollte ihrem Micha zeigen, was sie so drauf
hatte, doch unter den vielen Zuschauern im Dunkeln konnte sie ihren
Micha nicht ausmachen, obwohl sie mit gekipptem Kopf versuchte, ihn
im Publikum zu erkennen. Der zweite Hauptdarsteller kam auf die Bühne
und das Publikum klatschte, aber Babu wusste, das war ihr Applaus. So
wie sie eine Stunde dastand mit ausgebreiteten Armen, so lange stand
noch keiner als Baum da. Sie nickte leicht mit gekippten Kopf, um
sich für den Applaus bei ihrem Publikum zu bedanken. Es klappte
auch mit ihrem Text. Sie wusste, was sie zu sagen hatte und vor allem
wann sie es zu sagen hatte, deswegen lief das Stück reibungslos
ab, entgegen der Meinung, dass es bei der Premiere meist platzt,
damit alle weiteren Auftritte einwandfrei funktionieren. Nach einer
Stunde konnte Babu weg von der Bühne und wartete bis es soweit
war, hinter dem Vorhang, um wieder auf die Bühne zu gehen und
sich vor dem Publikum zu verneigen. Aber Babu spürte ihre Arme
nicht mehr, es war ihr nicht mehr möglich, sie nicht
ausgebreitet von ihrem Körper zu halten. Und so gingen zuerst
die Protagonisten nach draußen und nach langem anhaltenden
Applaus durfte auch Babu und ein paar andere Statisten auf die Bühne.
Vielleicht mag es an den ausgebreiteten Armen von Babu liegen, aber
Micha hegte die ersten Zweifel an Babu´s Treue. Babu stand mit
geöffneten Armen in der zweiten Reihe, um sich zu verneigen. Und
so stand sie inmitten der anderen auf der Bühne und es war ihm,
als wäre es einzig und allein ihr Applaus und so musste es
gewesen sein, denn da kam auch schon der Regisseur, der Frosch auf
die Bühne. Der Frosch, umhüllt in einem schwarzen Mantel,
untermalt von roten Haaren und zusammengebunden zu einem Zopf. In
früheren Zeiten wäre er unlängst ins Feuer geworfen
worden. Er läuft auf die vordere Reihe zu und bleibt in der
Mitte stehen. Er hält einen Blumenstrauß in der Hand.
Einen üppigen Strauß mit dunkelroten Rosen. Micha
versuchte in der zweiten Reihe seine Babu auszumachen. Babu musste
aus irgend einem Grund das Gleichgewicht verloren haben und schwankte
und kippte durch die zweite Reihe hindurch nach vorne in die erste
Reihe. Ihre Arme sind immer noch vom Körper weg gespreizt und
empfängt den üppigen Strauß von dem Frosch. Das
konnte Micha so nicht wirklich gut heißen, denn er wusste, dass
Babu eigentlich nur auf weiße Blumen steht und auch nicht auf
rothaarige Männer mit Pferdeschwanz. Der Regisseur schien
sichtlich irritiert über diesen Zwischenfall von Babu, aber wich
gekonnt einer öffentlichen Blamage aus, indem er zuvorkommend
Babu umarmte und ihr offiziell gratulierte. Babu selbst wusste nicht
so recht, wie ihr geschah, nahm aber dankend den Strauß
entgegen, denn jetzt ließen sich ihre Arme auch wieder bewegen.
Babu verstand auch nicht so recht, was ihr der Regisseur ins Ohr
flüsterte, denn es herrschte tosender Applaus im Theatersaal und
eine kopfschüttelnde Unruhe auf der Bühne inmitten der
Schauspieler. Das Flüstern des Regisseurs klang nach fristloser
Kündigung, aber Babu verdrängte diese nicht recht
verstandenen Worte und genoss ihren alleinigen Applaus und die enorme
Aufmerksamkeit. Babu war in ihrem Element. Micha war auf dem Weg nach
vorne. Er hatte sich von seinem Sitz erhoben und schritt mit
hochrotem Gesicht der Bühne entgegen. In seinem Kopf herrschten
wirre Gedanken. Er dachte daran, dass Babu ihn eigentlich liebte,
aber sich wahrscheinlich auch mit dem roten Frosch eingelassen hatte.
Es konnte nicht angehen, dass dieser ihr einen Blumenstrauß in
der Öffentlichkeit überreichte, denn das kam einer
Verlobung gleich. Micha machte sich auf den Weg zur Bühne, um zu
erfahren, wen Babu gedachte eigentlich zu heiraten. Babu stand leicht
irritiert mit Blumenstrauß in der vordersten Reihe und neben
ihr der Frosch, ihr zukünftiger Gemahl. Micha kam sich verarscht
vor
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