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Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svetlana Sekulic
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und fand es als eine Unverschämtheit, dass ihm die Wahrheit
dermaßen öffentlich ins Gesicht geknallt wurde. So schritt
er mit großer Enttäuschung und großem Enthusiasmus
seiner verflossenen Geliebten entgegen. Er stand direkt in der Mitte
vor dem Podest und bemerkte hier kam er nicht hoch, deswegen schritt
er nach links und nahm die wenigen Treppen, die zur Bühne hoch
führten. Irgendwie war es still geworden um ihn herum. Der
Applaus ist verebbt und das Publikum war gespannt und irritiert. Babu
erkannte ihren Micha plötzlich vor sich und l ächelte
freudig für die anstehende Gratulation, denn sie wog sich in
ersichtlichen Stolz heute ihren Durchbruch geschafft zu haben und
sogleich ihren Micha in den Armen zu halten, während er sie
küsst und um sofortige Heirat bittet. Sie sah noch wie die Hand
von Micha die Nase vom Frosch traf und dieser sogleich auf dem
Bühnenboden hinfiel. Die Reihen lösten sich nacheinander
auf und es geriet alles durcheinander, weil keiner richtig ausmachen
konnte, was das zu bedeuten hatte. Babu ließ vor Schreck die
Blumen fallen, die sodann das Gesicht von dem Regisseur auf dem Boden
verdeckten und sah mit großen Augen ihren Micha an. Und während
Micha irgend etwas zu ihr sagen konnte, lag dieser auf dem dicken
Bauch des Frosches und während sich Babu jetzt gänzlich
irritiert um sich blickte, kamen Leute aus dem Publikum oder sonst
woher die wenigen Treppen zur Bühne hoch gelaufen und prügelten
sich gegenseitig. Babu fand das jetzt schon etwas übertrieben,
denn soviel Aufmerksamkeit und Trubel hätte sie sich niemals
träumen lassen. Babu zog sich zurück und ging in ihre
Kabine zur ihrer Tasche. Sie nahm ihren Hausschlüssel an sich
und ging mit hoch erhobenem Haupt aus dem Theater heraus und nach
einigen Straßen in ihr kleines Zimmer rein. Sie legte sich hin
und sah sich als der größte Star aller Zeiten morgen in
sämtlichen Zeitungen feiern. Und Babu schlief ein und träumte
den schönsten Traum ihres gesamten Lebens.

    Ich
gehe und mein Weg bringt mich dahin, wonach ich eigentlich suche.

    Nicola
macht sich auf den Weg zur Anstalt. Mit dem Brief von seinem Sohn in
der Hand. So, als ob es etwas nützen würde. So als ob er
damit etwas beweisen wollte. Oder, er trug den Brief als Stütze,
als ob er den Weg nicht mehr ohne ihn finden würde. Als hätte
er nur darauf gewartet nach etlichen Jahren einen Wink, ein Zeichen
und eine Richtung zugeteilt zu bekommen, weil er sonst niemals in der
Lage gewesen wäre, Vergangenes einzuholen. Er ging nach vielen,
endlosen Jahren denselben Weg entlang, den er damals als ordentlicher
und tüchtiger Bursche gegangen war. Und je näher er auf die
Anstalt zulief, umso mehr schien es ihm den Hals zu zuschnüren.
Er bekam keine Luft mehr und musste sich hinsetzen. Er saß und
es dauerte Augenblicke oder auch Stunden bis er bemerkte, dass es
dieselbe dunkle Bank war, auf die er sich damals mit Leila gesetzt
hatte. Er begutachtete die Bank von allen Seiten, in der Hoffnung
etwas zu finden. Vielleicht eine Umarmung oder ein wenig Trost. Und
es war ihm, als säße Leila neben ihm und blickte ihn an
unter ihrer grünen Mütze. Er rückte seine Jacke
zurecht, denn es fröstelte ihn. Ihm war kalt, aber sein Kopf
glühte. Er blickte nach vorne und ihm wurde der Fluss direkt vor
ihm bewusst. Auch dieser Fluss musste derselbe, wie vor Jahren sein.
Ein Fluss ändert sich nicht, nicht ohne weiteres. Aber wie sehr
hatte er sich verändert. Was war los? Was war mit ihm geschehen,
dass das alles hier geschehen konnte? Seine Leila jetzt ganz blind.
Leila, warum hast du mir das angetan? Ich hoffte dich in glücklichen
Händen. Niemals hätte ich dir ein Unglück gewünscht.
Wenn du auch nicht einen Prinzen oder einen Helden gefunden hattest
nach mir, so hättest du doch alleine weiter zufrieden leben
können. Und als er das zu Ende gedacht hatte, fragte er sich
sogleich, was für einen Unsinn er sich zusammen denkt. Warum
sollte sie zufrieden ohne ihn leben, wenn er selbst niemals dazu
fähig war. Er fühlte sich schuldig für alles. Für
alles Unglück auf dieser Welt. Vielleicht wäre es das
Beste, er würde in diesen Fluss von damals springen, um endlich
zu verschwinden, um endlich für immer unterzutauchen. Warum, oh
mein Gott hast du uns das angetan, was du uns immer wieder antust?
Nicola betrachtete den Brief in seiner Hand. Auf der Rückseite
des Kuverts stand die Adresse von Fjodor geschrieben. Er konnte
jederzeit zu ihm. Er hatte es nicht

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