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Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition)

Titel: Gekehrte Straßen oder einfach nur darauf gespuckt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Svetlana Sekulic
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nicht mehr tun zu müssen, denn sie hatte
anderweitig ihren Traumprinzen gefunden. Des öfteren hatte er
sie nachts nach der Vorstellung nach Hause begleitet, während
sie noch in der Garderobe arbeitete und irgendwann hatte sie ihn
eingeladen zu sich, um ihn ihre selbst gemachten Speckschnitten
probieren zu lassen und einfach, weil sie seine Meinung dazu hören
wollte. Seitdem waren sie ein Paar. Er bewunderte ihre Speckschnitten
und sie bewunderte, wie glückselig er am Tische saß und
sie für ihre gelungenen Speckschnitten beglückwünschte.
Babu liebte es bewundert zu werden, wenn auch erstmal nur für
das Kochen. Alles weitere würde folgen. Es war der
Bühnenrequisiteur, der sie voller Erwartung des nachts von der
Garderobe abholte und sie zufrieden am frühen Abend wieder
hinbrachte. Ein großer, schlaksiger Kerl, nett und höflich
zugleich. Und er liebte Babu und er liebte ihre Speckschnitten. Das
gefiel Babu. Zwar war er kein Hauptdarsteller und überhaupt kein
Spieler, aber die waren sowieso alle eingebildet und ließen
sich unter keinen Umständen mit kleinen Statistinnen ein. Sie
fanden es nicht einmal für nötig sie zu begrüßen.
Babu bemerkte sehr schnell, dass diese Welt eine ganz andere war. Der
Regisseur schrie herum während den Proben und das war eine
Herausforderung für Babu, da sie sich oft einen Lachanfall
verkneifen musste bei der Vorstellung, dass der Frosch in jedem
Augenblick tatsächlich wie ein Frosch herum hüpfen und los-
quacken könnte. Die Hauptdarsteller missachteten sie, ja
bemerkten sie nicht einmal, da jeder nach ihren zwei gesprochenen
Zeilen begriffen hatte, dass sie keine Protagonistin ist und somit
relativ überflüssig war, wenn auch für den Auftritt
notwendig. Und das weckte in Babu den absoluten Kampfgeist. Sie würde
es allen zeigen. Sie würde sich zum Hauptstar dieses kleinen
Theaters etablieren und den eingebildeten Hauptdarstellern ebenfalls mit Ignoranz begegnen. Aber bis es soweit kam, musste Babu jeden
Abend als unbekannte kleine Statistin herhalten. Sie spielte einen
Baum. Und der kleine Baum trug Früchte und konnte sprechen. Das
war Babu`s Einsatz. Sie hatte ihren Text endlich gelernt, bemerkte
aber bald, dass das nicht ausreichte. Sie musste die Textzeilen, die
über den ihren standen auch noch lernen, da sie ihren Einsatz
sonst verpassen wird. So langsam kam Babu durcheinander. Sie musste
sogar das gesamte Stück lernen, da sie sonst nicht wusste, wie,
was und warum alles auf der Bühne so geschah, wie es zu
geschehen hatte. Das empfand Babu als nicht wirklich von Nöten,
da ihre Darstellung, die Darstellung eines Baumes alles andere
automatisch in den Schatten stellte. Deswegen war es nicht wirklich
notwendig zu wissen, was, weshalb und wann die anderen etwas
darzustellen hätten. Es wurde fleißig geprobt. Zuerst
machte sie gemeinsam mit anderen Darstellern Entspannungs- und
Atemübungen, um das Lampenfieber vor einer jeden Probe in den
Griff zu bekommen und deutlich die Worte aussprechen zu können.
Mit der Aussprache hatte Babu keine Probleme. Sie war eine kleine,
stattliche Frau und hatte eine kräftige, dominante Stimme. Aber
je mehr Babu die anderen Darsteller hinter der Bühne auf dem
Boden liegen oder schlapp auf dem Stuhl sitzen sah, um gleichmäßig
ein – und auszuatmen, umso nervöser wurde Babu und wusste
am Ende überhaupt nicht mehr wie sie zu atmen hatte. Bevor sie
daran erstickte, übersprang sie einfach diese
Entspannungsübungen, ging zu ihrem Beutel, packte eingerollte
Speckschnitten aus, setzte sich in eine Ecke, verdrückte
allesamt und ignorierte gekonnt die anderen. Sie wusste ihren Micha
im Publikum und das erfreute Babu. Allerdings wusste sie auch um
seine Eifersucht, aber das versuchte Babu ebenfalls zu ignorieren,
während sie die Müdigkeit überkam. Die Proben waren
abgeschlossen und es erfolgte die Premiere. Der Regisseur zeigte
nervös auf seine Uhr, was den Darstellern signalisieren sollte,
dass es bald losgehen würde. Die Hauptdarsteller lagen nicht
mehr auf dem Boden, sondern positionierten sich hinter dem Vorhang.
Sie wünschten sich gegenseitig alles Gute und spuckten sich über
die Schulter, ließen dabei sorgfältig die Nebendarsteller
außer Acht, vermieden es ihnen Glück zu wünschen und
über sie hinweg zu spucken. Babu`s Kampfgeist war zum Leben
erweckt, sie würde einen dermaßen außergewöhnlichen
Baum spielen, wie keine je einen Baum gespielt haben würde. In
der zweiten Szene war Babu dran. Sie musste auf

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