Geklont

Titel: Geklont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh

Vom Netzwerk:

ein Stück Kuchen?« fragte er laut. »Auf der Kinderparty haben sie bestimmt Kuchen.«
    Das hörte sich schon besser an. »Ich möchte noch was Punsch«, sagte sie und gab Ollie ihre Tasse. »Und Kuchen bitte.« Sie stand auf einem kleinen freien Fleck und wartete. Die Hände verschränkte sie hinter dem Rücken und erinnerte sich am Mamas Aufforderung, nicht hin und her zu schaukeln, weil es dumm aussah. Leute, die sie nicht kannten, traten heran und sagten, sie sei hübsch, und wünschten ihr ein schönes neues Jahr, aber sie wäre jetzt gern gegangen, wenn Ollie ihr nicht Punsch und Kuchen geholt hätte. Darauf wollte sie warten.
    Eine Kinderparty hörte sich viel besser an.
    Vielleicht würde es dort Geschenke geben.
    »Komm hier rüber, und setz dich«, sagte Ollie, ohne ihr den Kuchen oder Punsch zu geben. Er trug beides für sie. An der ganzen Wand standen Stühle. Sie war erleichtert. Wenn sie Punsch auf ihr neues Kleid bekam, würde sie schlimm aussehen, und Mama würde sie ausschimpfen. Sie kletterte auf einen Stuhl und Ollie stellte den Teller auf ihren Schoß und die Tasse auf den Platz neben ihr. Sie hatte die ganze Reihe für sich.
    »Ich hole mir auch was«, sagte Ollie. »Bleib hier sitzen! Ich bin gleich wieder da.«
    Sie nickte mit einem Happen Kuchen im Mund. Weißen Kuchen. Den lockeren. Mit einem schönen Zuckerguß. Sie fühlte sich schon viel besser. Sie baumelte mit den Beinen, aß Kuchen und leckte sich die Finger, während Ollie an der Schale Punsch wartete und Mama sich mit Denys und Giraud unterhielt.
    Vielleicht warteten sie auf die Geschenke. Vielleicht würde etwas Interessantes passieren. Sie glitzerten alle. Einige von ihnen hatte Ari zu Hause gesehen. Aber eine Menge waren Fremde. Sie aß ihren Kuchen auf, leckte ihre Finger ab und glitt von dem Stuhl, um zu stehen, weil die meisten Leute an den Tischen standen und der Boden fast frei war.
    Sie ging ein Stück, um zu sehen, wie weit Ollie in der Reihe vorangekommen war. Aber jemand lenkte Ollie ab. Das war eine Gelegenheit zum Herumspazieren.
    Also ging sie etwas spazieren. Nicht weit. Sie wollte nicht, daß Mama und Ollie gingen und sie verloren. Sie blickte zurück, um festzustellen, ob sie Mama noch immer sehen konnte. Ja. Aber Mama unterhielt sich noch angeregt. Wenn Mama sie ausschimpfte, konnte sie sagen, ich war gleich hier, Mama. Mama wurde nie richtig wütend.
    Viele von den Kleidern sahen hübsch aus. Ari mochte die grüne Bluse, durch die man hindurchsehen konnte. Und das schwarze, glänzende Hemd, das ein Mann trug. Aber Mamas Schmuck war immer noch am tollsten.
    Da drüben stand ein Mann mit hellrotem Haar.
    In Schwarz. Ein Azi. Sie beobachtete ihn. Sie sagte Hallo, als jemand zu ihr Hallo sagte, aber das interessierte sie nicht. Sie hatte immer gedacht, ihr Haar sei schön. Schöner als das von jedem anderen. Aber seins war wirklich schön. Er war schön. Das war nicht fair. Wenn es solches Haar gab, dann wollte sie es. Auf einmal war sie mit ihrem eigenen unzufrieden.
    Er sah sie an. Er war kein Azi. Nein. Doch. Sein Gesicht wurde ganz ausdruckslos, und er drehte den Kopf und tat so, als merkte er nicht, wie sie ihn ansah. Er wurde von einem dunkelhaarigen Mann begleitet. Dieser Mann sah sie an, aber der Azi wollte es nicht.
    Er tat es trotzdem. Er war stattlich wie Ollie. Er sah sie anders als Erwachsene an, und sie vermutete, es sei ihm nicht erlaubt, aber sie wollte nirgendwo sonst hinsehen, weil er anders war als alle anderen. Der Azi mit dem roten Haar war bei ihm, aber er war nicht wichtig. Nur der Mann war wichtig. Er sah sie an, und sie hatte ihn nie zuvor gesehen. Er war nie zu Besuch gekommen. Er hatte noch nie Geschenke gebracht.
    Sie ging näher. Der Azi wollte nicht, daß sie seinem Freund nahe kam. Er hatte dem Mann eine Hand auf die Schulter gelegt, als wollte er ihn wegholen. Aber der Mann beobachtete Ari, als sei sie Mama. Als hätte er etwas Schlimmes getan, und sie sei Mama.
    Er schlüpfte in ihre Rolle. Und sie schlüpfte in Mamas Rolle. Und der Azi schlüpfte in Ollies Rolle, als Mama nach ihr rief.
    Dann sah der Azi etwas Gefährliches hinter ihr. Ari sah hin.
    Mama kam näher. Aber Mama blieb stehen, als sie hinsah.
    Alle blieben stehen. Alle sahen hin. Sie hatten zu reden aufgehört. Nur die Musik war zu hören. Alle hatten Angst.
    Sie ging auf Mama zu.
    Alle zuckten zusammen.
    Sie blieb stehen. Und wieder zuckten alle zusammen. Selbst Mama.
    Ari hatte das bewirkt.
    Sie blickte zurück zu Mama.