Geklont
ihm alle Wärme zu entziehen. Er spürte, wie ihm seine ganze Selbstbeherrschung entglitt, und versuchte sich von Grund auf neu zu sammeln. Es war eine Taktik, die sein Vater ihm beigebracht hatte, dieser abwechselnde Einsatz von Spannung und Entspannung, den sie sich zunutze machte, während sie auf Hinweise wie die Erweiterung seiner Pupillen oder die leichten Spannungen in seinen Muskeln achtete, alles war einem Rhythmus unterworfen wie bei einem Fechter: hinauf, hinunter, hinauf, hinunter, und dann ergab sich aus diesem Rhythmus der Augenblick, da er die Regeln begriff. Er sah ihn kommen. Er lächelte sie an, weil er sich mit diesem Gedanken wieder in den Griff bekommen hatte. »Es wird ihn amüsieren.«
Er sah, wie ein bedächtiges Grinsen sich über Aris Gesicht ausbreitete, entweder ein Pluspunkt für ihn, oder sie ließ absichtlich für einen Moment ihren Schutzschild sinken, um ihn glauben zu machen, daß es so sei.
»Du hast wirklich gute Nerven«, sagte Ari. »Und du bist überhaupt nicht frech, was? Verdammt, Junge, die Drohungen ziehen nicht so, du bist nicht wirklich davon überzeugt, daß du alles Nötige in der Hand hast, aber ich muß dir zugestehen, das ist ein verdammt gutes Manöver. Allerdings wäre es verteufelt schwer, es ein zweites Mal durchzuführen.«
»Ich brauche nicht zu gehen, bevor mein Vater geht.«
»Nun, das ist wohl ein Problem, nicht wahr? Was sollen wir denn machen, um dieses kleine Durcheinander zu entwirren? Hast du es von Anfang bis Ende durchdacht? Erzähl mir doch, wie es funktionieren soll, wenn es für Jordan an der Zeit ist, den Planeten zu verlassen. Das interessiert mich.«
»Vielleicht wirst du mir ein Angebot machen.«
Ein strahlendes Lächeln überflog Aris Gesicht. »Das ist fabelhaft. Du warst so ruhig. Was hast du gemacht? Hast du versucht, deine Testergebnisse zu verfälschen?«
»Das kannst du dir doch wohl selbst denken.«
»Oh, ist das denn die Möglichkeit!« Sie lachte offen heraus. »Du bist wirklich ein kluges Köpfchen. Du hast mir etwas beigebracht. In meinem Alter schätze ich das hoch. Du mußt Grant sehr mögen, um deine Tarnung für ihn aufzugeben. Sehr mögen.« Sie lehnte sich gegen den Labortisch, stützte einen Ellbogen darauf und blickte ernst zu Justin auf. »Ich möchte dir etwas sagen, mein Lieber. Jordan liebt dich - er liebt dich sogar sehr. Über alle Maßen. Man erkennt es daran, wie du dich verhältst. Und ich muß sagen, er hat an Grant fabelhafte Arbeit geleistet. Kinder brauchen diese Art von Erziehung. Aber man bezahlt einen schrecklichen Preis dafür. Wir sind sterblich. Wir verlieren Menschen. Und wir sind wirklich verletzt, wenn sie verletzt sind, nicht wahr? - Familien sind eine furchtbare Verpflichtung. Was wirst du Jordan erzählen?«
»Ich weiß nicht. Soviel ich ihm erzählen muß.«
»Du meinst genug, damit er weiß, daß er gewonnen hat?«
Abbruch und Wiederaufbau. Er lächelte sie nur an und weigerte sich, mit seiner Herrin zu diskutieren.
»Nun«, sagte sie, »du hast dich Jordan in diesem Fall würdig erwiesen. Ich sage nicht, daß es klug gewesen ist. Der Plan war sehr gerissen; die Beweggründe sind außerordentlich dumm, aber es ist nun einmal so - Zuneigung macht uns zu Idioten, nicht wahr? Was, meinst du, würde Jordan unternehmen, wenn ich dich deswegen anklage?«
»An die Öffentlichkeit gehen. Sich ans Amt wenden. Und das möchtest du doch nicht.«
»Nun, aber es gibt noch sehr viel mehr, was wir tun können, glaubst du nicht? Weil sein Sohn sich wirklich eines Diebstahls und des Vandalismus schuldig gemacht und Akten eingesehen hat, die ihn nichts angehen... Und eine ganze Menge davon hätte nicht passieren müssen. Jordan kann Anklagen erheben, ich kann Anklagen erheben; du weißt, wenn das rauskommt, wird dieser Posten, den er will, nicht helfen, ganz gleich, welche Interessen dahinterstehen. Sie werden ihn im Handumdrehen fallenlassen. Aber das weißt du ja alles. So läuft die Sache, nicht wahr - es sei denn, ich wollte wirklich Maßnahmen ergreifen, um Grant zurückzubekommen und deine Freunde zu belangen. Das hast du nicht mitbedacht, weißt du. Daß ich genau dasselbe tun kann, was du getan hast, nämlich das Gesetz brechen; und wenn jemand deine Beteiligung daran ans Licht bringt und wenn dein Vater sich deine persönlichen Beweggründe anhören müßte, unsere kleine Privatsitzung, hmmm? ... das würde ihn wirklich aufregen.«
»Ich würde auch dir nicht im mindesten von Nutzen sein,
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