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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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hinter der vierten, einer Glaswand, sah man auf Karren die Papierstapel anfahren, die die Maschinen mit schreckenerregender Gier verschlangen.
Ich vertrat mir die Füße und zerbrach mir den Kopf. Ich trank sogar etwas von dem Gebräu, das laut der Beschriftung auf dem Getränkeautomat Kaffee sein sollte. Ich suchte die Toilette auf. Seit vielen Monaten war dort an der Wand in einer sauberen Handschrift die Frage zu lesen: »Gibt es intelligentes Leben im Datenzentrum?« Jetzt sah ich, dass jemand darunter gekritzelt hatte: »Ja, aber ich bin nur zu Besuch hier.« Das Geschreibsel war jedenfalls die einzige Spur echten menschlichen Lebens hier unten, denn die in der Datenbank fest angestellten Kollegen wurden binnen kurzem genauso roboterhaft wie die Maschinen, die sie pflegten und bedienten. Ich ging zurück an meinen Terminal.
Ich setzte meine Forschungen dort noch ungefähr eine Stunde lang fort, aber vergeblich. Die verdammte Maschine schlug mich jedesmal. Früher lag alles in der Registratur, und wenn auch die Akten staubig waren und man seine eigene Seife und sein eigenes Handtuch mitbringen musste, wenigstens gab es da immer jemanden, der einem, wenn man nicht finden konnte, was man suchte, das unterste Regal zeigte, in das man die fehlende Akte gestellt hatte, weil sie zu schwer war, oder das oberste Regal, in das man sie gestellt hatte, weil ohnedies nie jemand nach ihr fragte, oder die Tür, unter die sie vorübergehend geklemmt worden war, weil jemand den Keil gestohlen hatte, der normalerweise verhinderte, dass sie zufiel. Mir war die Registratur lieber als das Datenzentrum. »Wo hast du heute mittag gegessen?« fragte Gloria in dem heiteren, beiläufigen Ton, auf den sie verfällt, wenn Misstrauen sich breitmacht in ihrer Seele. An diesem Abend fuhr sie nicht wie jeden Donnerstag zu ihren Eltern, da diese zu einem Zahnärztekongreß nach Madrid verreist waren.
»Im Yellow Submarine«, sagte ich. Wir waren zu Hause und wollten gerade essen. Ich sah mir noch eben die Sieben-UhrNachrichten im Channel Four an. Heftige Stürme »verheerten die Küste« und verursachten das »Chaos«, das freundlicherweise das Wetter immer anrichtet, wenn die Kamerateams keine echten Nachrichten im Kasten haben. Wie um mir zu zeigen, dass die Meldung stimmte, klapperten die Fensterscheiben, und der Wind pfiff laut durch die kleinen Bäume unseres winzigen Gartens.
Auf dem Weg ins Eßzimmer stellte Gloria zwei Gläser gekühlten Weißweins auf den Anrichtetisch. Sie bemühte sich, mir den Schnaps abzugewöhnen. »Ach, im U-Boot?« sagte sie mit einem leichten Lächeln und einem Ton, aus dem unmissverständlich dieses boshafte, einseitige Vergnügen sprach, für das die Deutschen das Wort Schadenfreude haben. »Wie entsetzlich!« Sie lachte.
»Gummi-Sandwiches aus dem Dinky Deli«, fügte ich hinzu, um ihr Vergnügen zu vervollkommnen.
»Aber du warst erst kurz vor vier zurück«, rief sie. Ich konnte sehen, wie sie im Eßzimmer den Tisch deckte. Sie tat es mit der gleichen Sorgfalt, die sie auf alles andere auch verwendete. Messer, Gabeln, Löffel wurden an den Platzdeckchen ausgerichtet. Servierlöffel bewachten Salz, Pfeffer und Senf. Die Servietten wurden gefaltet und mit mathematischer Akkuratesse in Position gebracht. Zufrieden mit dem Tisch kam sie dann zurück zu mir, setzte sich auf eine Armlehne des Sofas und nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Weinglas.
»Ich hatte eine Verabredung um vier … mit Dicky.« Ich schaltete das Fernsehgerät ab. In diesen Abendsendungen wurden sowieso nur altbekannte Ereignisse wiedergekäut. Vermutlich müssen die Nachrichten gestreckt werden, damit die vorgesehene Zeitspanne ausgefüllt ist.
»Den ganzen Nachmittag warst du unten? Was hast du denn da bloß getrieben?«
»Ich habe ein bisschen in den Akten gekramt. So was mache ich gelegentlich.«
»Jim Prettyman?«
Sie kannte mich zu gut. »In der Richtung«, gab ich zu.
»Hast du was gefunden?«
»Immer wieder dasselbe. Hast du jemals von einem arktischen Code gehört?«
»Das nicht, aber im vergangenen Jahr sind ein Dutzend neue Codestufen eingeführt worden. Und ein paar neue Datenbanknamen der höchsten Stufe kommen neuerdings jeden Monat dazu.«
»Bei mir hieß es immer: Zugang verweigert, ganz gleich, wie ich es probierte.«
»Du meinst, du hast versucht, auf verschiedenen Wegen an ein und dieselben Daten ranzukommen?«
»Eine gute Stunde habe ich damit vertan.«
»Ich wünschte, du hättest mir was davon gesagt, Liebster«,

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