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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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kannst mein Würstchen haben, es ist fast überhaupt nicht verbrannt.«
    Gloria sprang auf und stürmte aus dem Zimmer. Die Kinder sahen mich fragend an.
    »Eßt weiter, Kinder«, sagte ich. »Ich muss nach Tante Gloria sehen.«
    »Gib ihr einen dicken Kuss, Papa«, riet Sally. »Das wird sie bestimmt beruhigen.«
    Doris nahm Billy den Senf weg und sagte: »Senf ist nichts für Kinder.«
    Manche Tage mit Gloria waren idyllisch. Und nicht nur die Tage. Wochenlang lebten wir in solcher Harmonie und Seligkeit, dass ich mein Glück kaum fassen konnte. Aber dann gab es Krach. Und wenn irgendwas den Frieden einmal gestört hatte, folgte ein Streit dem anderen wie Hammerschläge. In letzter Zeit war das immer häufiger vorgekommen, und ich wusste, dass die Schuld an diesen Streitigkeiten gewöhnlich ich trug.
    »Mach das Licht nicht an«, sagte sie leise. Als ich ins Schlafzimmer kam, war ich auf eine flammende Anklagerede gefasst. Statt dessen fand ich Gloria ganz unpassend schuldbewusst vor. Das einzige Licht kam von den Ziffern der Radiouhr auf dem Nachttisch, aber es reichte aus, mir zu zeigen, dass sie weinte. »Es geht einfach nicht, Bernard«, sagte sie. Sie lag quer über das Bett ausgestreckt, die Ecke eines gestickten Taschentuchs zwischen den Zähnen, als versuchte sie, ihren ganzen Mut zusammenzunehmen, um es zu essen.

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    »Ich kann mich anstrengen, wie ich will, ich schaffe es einfach nicht.«
    »Es ist meine Schuld«, entgegnete ich und beugte mich über sie und küsste sie.
    Sie wandte mir das Gesicht zu, aber ihr Ausdruck blieb unverändert traurig. »Niemand ist schuld«, erwiderte sie. »Du gibst dir auch Mühe. Ich weiß es.«
    Ich setzte mich auf die Bettkante und berührte ihren nackten Arm. »Zusammenleben ist nicht einfach«, sagte ich. »Man braucht Zeit, sich aneinander zu gewöhnen.«
    Eine kleine Weile schwiegen wir gemeinsam. Ich war versucht, ihr vorzuschlagen, Doris an einem Kochlehrgang teilnehmen zu lassen. Aber ein Mann, der mit zwei Frauen unter einem Dach lebt, sollte sich hüten, auch nur ein Stäubchen aufzuwirbeln, das womöglich das delikate Gleichgewicht der Kräfte stören könnte.
    »Es ist wegen deiner Frau«, sagte Gloria plötzlich.
    »Fiona? Was willst du damit sagen?«
    »Sie war die Richtige für dich.«
    »Rede doch keinen Unsinn.«
    »Sie war schön und klug.« Gloria putzte sich die Nase. »Als du mit Fiona zusammen warst, war immer alles perfekt. Ich weiß es.«
    Einen Augenblick lang sagte ich nichts. Diese Bewunderung für Fiona konnte ich von jedem ertragen, außer von Gloria. Ich wollte von Gloria nicht hören, dass ich mit Fiona einen guten Griff getan hatte. Gloria sollte sagen, dass Fiona Glück hatte, mich zu kriegen. »Wir hatten mehr Angestellte«, sagte ich.
    »Sie war ja auch reich«, entgegnete Gloria, und von neuem stiegen ihr die Tränen in die Augen.
    »So, wie wir leben, sind wir trotzdem besser dran.«
    Sie schien mich nicht zu hören. Als sie dann sprach, schien ihre Stimme aus großer Ferne zu kommen. »Als ich dich zum erstenmal sah, wollte ich dich unbedingt haben, Bernard.« Sie

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    schniefte. »Ich dachte, ich würde dich so glücklich machen können. Wie ich deine Frau beneidet habe!«
    »Ich wusste gar nicht, dass du meiner Frau jemals begegnet bist.«
    »Natürlich habe ich sie im Haus gesehen. Jeder bewunderte sie.
    Man sagte, sie sei eine der klügsten Frauen, die je für das Department gearbeitet haben. Manche waren überzeugt, dass sie der erste weibliche D.G. werden würde.«
    »Die Leute haben sich eben geirrt.«
    »Ja, und ich habe mich auch geirrt«, sagte Gloria. »Und das in jeder Hinsicht. Du wirst niemals glücklich mit mir werden, Bernard. Du bist einfach zu anspruchsvoll.«
    »Anspruchsvoll? Was willst du denn damit sagen?« Zu spät bemerkte ich, dass das das Stichwort war, auf das ich hätte erklären sollen, wie glücklich ich mit ihr war.
    »Ganz recht. Werde nur ärgerlich.«
    »Ich werde gar nicht ärgerlich«, sagte ich sehr ruhig.
    »Nur gut, dass ich nach Cambridge gehe.«
    Sie war entschlossen, sich ihr Selbstmitleid nicht nehmen zu lassen. Es gab nichts mehr zu sagen für mich. Ich küsste sie, aber sie erwiderte den Kuss nicht. Sie wollte nicht getröstet werden. »Vielleicht könnte Doris ein bisschen mehr helfen«, sagte ich sehr vorsichtig.
    Gloria sah mich mit einem bitteren Lächeln an. »Doris hat gekündigt«, sagte sie.
    »Doris? Das kann doch nicht wahr sein!«
    »Sie sagt, es ist ihr zu

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