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Geködert

Geködert

Titel: Geködert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Auf jeden Fall war nicht zu erwarten, dass Tiptree, Morgan und Dicky die Würdigung ihrer Havannas und des alten Portweins vor frühestens drei Uhr beenden würden, weshalb ich mir denn auch ein Stullenpaket mit ins U-Boot genommen hatte.
    Ich versuchte es also weiter. Ich tippte die Firma ein, für die Prettyman in Washington gearbeitet hatte: TRANSFER
    LOAD, dann PERIMETER SECURITY GUARANTEE
    TRUST.
    Die Maschine schnurrte zufrieden, und dann füllte sich der Bildschirm. Alles war da: Die Adresse des Stammhauses, Gesellschaftsvermögen, Aktienpreise und die Namen des

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    Präsidenten sowie des Vizepräsidenten der PSGT. Das war nicht, was ich wollte, also fragte ich weiter nach PRETTYMAN bei PSGT. Rülpsen. Dann der Hinweis REFER
    FILE FO FX MI 123/456.
    Ich begab mich also zurück zu REGISTRY ONE und gab diesen Dateinamen ein. Auf dem Bildschirm erschien die gleiche Botschaft, die meine erste Anfrage abgewiesen hatte: ACCESS DENIED ENTER ARCTIC NUMBER. Kein Zugang ohne arktische Nummer. Das reinste Karussell war das. Wäre ich nicht auf der Suche nach einer bestimmten Information gewesen, hätte ich die hartnäckige Weigerung nicht unbedingt verdächtig gefunden. Aber die doppelte Ablehnung wäre gar nicht gekommen, wenn ich nicht ausgerechnet Fragen nach Jim Prettyman gestellt hätte. Ich versuchte es nun von einer anderen Seite. Die Datenbank speicherte die Akten aller gegenwärtigen und ehemaligen Mitarbeiter des Department.
    Ich fragte also nach SAMSON, FIONA, meiner Frau, und drückte die UPDATE-Taste, die mir den neuesten Stand hätte geben sollen.
    Diesmal war es keine Überraschung mehr, als wieder dieser verdammte falsche Name auftauchte, der keiner bei uns üblichen Dateibezeichnung glich: REFER FILE FO FX MI 123/456. Und natürlich wurde meine Anforderung dieser Datei auch diesmal mit der Gegenfrage nach der ARCTIC NUMBER
    erwidert. Was immer also diese arktische Nummer war, sie war jedenfalls der Schlüssel zu Auskünften über Jim Prettyman, seine amerikanischen Arbeitgeber – die sehr wahrscheinlich nur die Fassade für irgendeine illegale Sache lieferten – und über die Tätigkeit meiner Frau während der letzten Wochen, ehe sie sich zur anderen Seite absetzte.
    Ich erhob mich und machte einen kurzen Rundgang durch die Räume. Die dritte Etage war besonders deprimierend. An der einen Längswand des schlauchartigen Raumes lagen in dunklen Metallregalen Spulen und große Diskettenpackungen

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    und überhaupt Computersoftware in jeder bis dato entwickelten Gestalt. An der gegenüberliegenden Längswand waren die Arbeitsplätze mit ihren Terminals aufgereiht, ein paar Schreibtische und weiche Sessel für die höheren Angestellten standen an einer Schmalseite des Raums, und hinter der vierten, einer Glaswand, sah man auf Karren die Papierstapel anfahren, die die Maschinen mit schreckenerregender Gier verschlangen.
    Ich vertrat mir die Füße und zerbrach mir den Kopf. Ich trank sogar etwas von dem Gebräu, das laut der Beschriftung auf dem Getränkeautomat Kaffee sein sollte. Ich suchte die Toilette auf. Seit vielen Monaten war dort an der Wand in einer sauberen Handschrift die Frage zu lesen: »Gibt es intelligentes Leben im Datenzentrum?« Jetzt sah ich, dass jemand darunter gekritzelt hatte: »Ja, aber ich bin nur zu Besuch hier.« Das Geschreibsel war jedenfalls die einzige Spur echten menschlichen Lebens hier unten, denn die in der Datenbank fest angestellten Kollegen wurden binnen kurzem genauso roboterhaft wie die Maschinen, die sie pflegten und bedienten.
    Ich ging zurück an meinen Terminal.
    Ich setzte meine Forschungen dort noch ungefähr eine Stunde lang fort, aber vergeblich. Die verdammte Maschine schlug mich jedesmal. Früher lag alles in der Registratur, und wenn auch die Akten staubig waren und man seine eigene Seife und sein eigenes Handtuch mitbringen musste, wenigstens gab es da immer jemanden, der einem, wenn man nicht finden konnte, was man suchte, das unterste Regal zeigte, in das man die fehlende Akte gestellt hatte, weil sie zu schwer war, oder das oberste Regal, in das man sie gestellt hatte, weil ohnedies nie jemand nach ihr fragte, oder die Tür, unter die sie vorübergehend geklemmt worden war, weil jemand den Keil gestohlen hatte, der normalerweise verhinderte, dass sie zufiel.
    Mir war die Registratur lieber als das Datenzentrum.

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    »Wo hast du heute mittag gegessen?« fragte Gloria in dem heiteren, beiläufigen Ton, auf den sie verfällt, wenn

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