Geködert
hatte erwartet, dass es mit Zena ähnlich ablaufen würde. Aber Zena wusste Werners Liebe zu schätzen und es so einzurichten, dass sie bald mit ihm machen konnte, was sie wollte.
Werner pickte an der Fisch-Mousse herum. Das Zeug war trocken und vollkommen fade, nur die Sahnekressesauce schmeckte nach etwas. Sie war versalzen. »Eingefroren und im Mikrowellenherd aufgewärmt«, sagte der kenntnisreiche Werner. Er stieß den Teller mit der hochgepriesenen Lachs-Mousse beiseite und wandte sich dem Steak zu. »Dir scheint die Mousse ja geschmeckt zu haben«, sagte er in anklagendem Ton.
»Ich fand sie köstlich«, sagte ich. »Aber ich habe das Gefühl, dass das, was ich hier esse, das gut durchgebratene Steak ist, das du bestellt hast.« Schweigend reichte er mir den Teller mit dem noch unberührten blutigen Steak und nahm in
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Empfang, was von dem gut durchgebratenen noch übrig war.
»Entschuldige bitte, Werner.«
»Du ißt eben alles«, sagte er. »So warst du schon auf der Schule.«
»Dir wird das blutige wahrscheinlich nicht schmecken«, sagte ich und hielt ihm den Teller wieder hin.
Er nahm es nicht an. »Du hast recht«, sagte er.
Um das Thema zu wechseln, fragte ich: »Wie läuft das Hotel?«
»Ganz gut«, sagte er scharf. Dann setzte er hinzu: »Habe ich dir schon erzählt, dass diese verdammt Ingrid Winter unbedingt nach Berlin kommen will?«
»Sie wollte ein paar Sachen abholen«, sagte ich so unbestimmt wie möglich.
»Sie will helfen«, sagte Werner, als sei das die schlimmste denkbare Drohung.
»Sag ihr einfach, dass du keine Hilfe brauchst.« Das schien doch nicht problematisch zu sein.
»Ich kann sie nicht davon abhalten zu kommen. Sie ist Lisls Nichte …«
»… und sie hat Ansprüche auf das Haus. Ja, sei lieber nett zu ihr, sonst macht sie dir am Ende noch einen Strich durch die Rechnung.«
»Meinetwegen soll sie kommen, solange sie nicht stört«, sagte er drohend. Werner war entschieden schlechter Laune.
Ich beschloß, es zu riskieren. Er würde sich heute wohl nicht mehr abreagieren. »Willst du mir nicht erzählen, weshalb du dir wirklich Sorgen machst um Zena?« fragte ich also so beiläufig wie möglich.
»Was willst du damit sagen?«
»Du machst dir nicht darüber Sorgen, was ihr passieren könnte, wenn sie in Frankfurt an der Oder an der falschen Tür klopft, Werner. Nicht Zena! Die redet sich aus noch viel brenzligeren Situationen heraus.«
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Er sah mich an mit dieser ausdruckslosen Miene, die ich nur zu gut kannte, und kaute noch ein Stück Fleisch, ehe er etwas sagte.
»Ich hätte dir zum Fleisch Rotwein geben sollen«, sagte er.
»Ich habe welchen besorgt für dich.«
»Vergiss den Wein. Um was geht’s wirklich?«
Er tupfte sich die Lippen mit der Serviette ab und sagte:
»Zenas Onkel hat eine wunderbare Sammlung sehr alter Bücher, Kruzifixe, Ikonen und dergleichen …« Er sah mich an.
Ich erwiderte seinen Blick und sagte nichts. Werner fuhr fort:
»Vielleicht kauft er die Sachen … ich weiß es nicht genau.«
»Und vielleicht ist er nicht ihr Onkel«, vermutete ich.
»Doch, ich glaube, er ist … Na ja, vielleicht ist er auch nur ein sehr guter alter Freund. Ja, also manchmal kauft er solche Sachen von Polen, die auf Arbeitssuche in die DDR kommen.
Viele Bibeln aus dem siebzehnten Jahrhundert. Er ist eine Art Spezialist für frühchristliche Kunst.«
»Und Zena schmuggelt seine Sachen in den Westen, wo dann diese eleganten Läden in München sie weiterveräußern an Zahnmediziner, die ihre Schlösser damit möblieren.«
Werner hörte nicht zu. »Zena versteht nicht, wie sie arbeiten«, sagte er düster.
»Wie wer arbeitet?«
»Der Stasi. Wenn sie die Leute besucht, wie es ihr Frank aufgetragen hat, werden sie ihr einfach von einer Adresse zur anderen folgen. Zena wird es nicht merken. Und dann werden sie die ganze Gesellschaft verhaften und sie anklagen, Kunstschätze des Staates ins Ausland zu verschieben.«
»Kunstschätze des Volkes«, verbesserte ich. »Ja, die ungenehmigte Ausfuhr von Antiquitäten wird nicht gern gesehen in der DDR.« Ich tat so, als ginge es schlimmstenfalls um einen geringfügigen Verstoß gegen Ausfuhrbestimmungen.
»Aber davon wird Frank vermutlich keine Ahnung gehabt haben.«
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Ohne zu antworten, erhob sich Werner und ging in die winzige Kochnische. Mit der bereits halb geleerten Flasche Meursault und einem Glas für sich selbst kehrte er zurück. Er goß mir ein, dann sich selbst und stellte
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