Geködert
die Klingel Gloria weckte.
»Halb vier!« hörte ich Gloria schläfrig sagen, als ich das Schlafzimmer verließ. Sie schien überrascht. Sie hatte noch viel zu lernen hinsichtlich der Anforderungen, die das Department an seine Mitarbeiter auf dem mittleren Niveau stellte. Ich lief, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinab, um dem Besucher zu öffnen, ehe er mit seinem Klingeln Doris und die Kinder weckte. Doch ich war noch nicht unten, als dessen Geduld schon erschöpft war, diesmal klingelte er nachdrücklicher und darauf gleich noch mal.
»Okay, okay, okay!« sagte ich ärgerlich.
»‘tschuldigung, Chef, ich dachte, Sie hätten’s nich’ gehört!«
Der Besucher war ein dünner junger Mann, der von oben bis unten in glänzendes schwarzes Leder gekleidet war wie eine Erscheinung aus einem bösen Traum.
»Mr. Samson?« Er hielt einen glänzenden schwarzen Helm im Arm und trug eine abgewetzte Ledertasche um den Hals.
»Ja?«
»Können Sie sich irgendwie identifizieren, Sir?« fragte er, ohne zu sagen, wie ich mich ausweisen sollte. Das war zwar vorschriftsmäßig, aber die Boten, die ich gewohnt war, drückten sich meist etwas ungezwungener aus.
Der Mann war offenbar neu. »Reicht das?« fragte ich und brachte hinter der halbgeöffneten Tür die Neun-Millimeter-Mauser zum Vorschein.
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Er grinste. »Ja, das reicht.« Er öffnete die Tasche und entnahm ihr einen der großen braunen Umschläge, deren sich das Department zum Versand schlechter Nachrichten bedient.
»Samson, B.«, sagte ich zu seiner Beruhigung. »Irgendwas Mündliches?«
»Sie sollen den Brief sofort öffnen. Das ist alles.«
»Warum nicht?« sagte ich. »Ich werde jetzt sowieso irgend
’ne Einschlaflektüre brauchen.«
»Gute Nacht, Chef, entschuldigen Sie die Störung.«
»Das nächste Mal klingeln Sie nicht«, sagte ich. »Atmen Sie nur schwer durch den Briefschlitz.«
»Was war das, Liebster?« fragte Gloria, langsam die Treppe herabschreitend, als träte sie in einem Busby-Berkeley-Musical auf. Sie war nicht völlig wach. Mit dem zerzausten Blondhaar und in dem weiten, wuscheligen weißen Bademantel von Descamps, den ich ihr zu Weihnachten geschenkt hatte, sah sie wunderbar aus.
»Ein Bote.« Ich riss den großen braunen Umschlag auf. Er enthielt ein Ticket für einen Flug nach Los Angeles International ab London Heathrow um neun Uhr früh, in weniger als sechs Stunden – sowie ein Briefchen, auf amtliches Papier getippt und mit den üblichen Gummistempeln beglaubigt:
Lieber Bernard,
Du wirst bei Ankunft abgeholt. Entschuldige die Hetze, aber das Büro in Washington arbeitet fünf Stunden länger als das hiesige, und irgend jemand dort hat mit dem Deputy ausgemacht, dass diesen Auftrag Du und kein anderer kriegen sollst – mit Bedauern also,
Dein Harry (N.D.O.A.)
Ich erkannte die krakelige Handschrift. Der arme alte Harry Strang musste also immer noch Nachtdienst in der
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Operationsabteilung machen. Ich nehme an, dass er auch sich selbst bedauerte, denn er hatte ein Postskriptum unter die Maschinenschrift gekritzelt: »Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf.« Ich nehme an, dass für jemanden, der die ganze Nacht im Büro Wache schieben und sich den Regen draußen anhören musste, die Vorstellung einer plötzlichen Abkommandierung ins sonnige Kalifornien ihre Reize hatte.
Nicht für mich. Jedenfalls nicht, bis mir Werners Drohung wieder einfiel, heute früh im Büro zu erscheinen und dem D.G.
auf den Leib zu rücken.
»Sie können dich nicht zwingen«, sagte Gloria, die die Nachricht über meine Schulter mitgelesen hatte.
»Natürlich nicht«, erwiderte ich, »ich kann jederzeit stempeln gehen.«
»Da steht nicht mal, wie lange du weg sein wirst«, sagte sie in einem Ton. bei dem man sich fragte, wie wohl sie auf einen derart unmissverständlichen Befehl reagiert hätte.
»Es tut mir leid«, sagte ich.
»Du hast versprochen, dich um die Garagentür zu kümmern.«
»Die braucht nur ein neues Scharnier«, sagte ich. »Ich kenne einen Laden in der Nähe der Waterloo Station. Nächste Woche gehe ich da mal vorbei.«
»Ich packe dir deinen Koffer.« Sie warf einen Blick auf die Uhr, die auf dem Kaminsims stand. »Es lohnt sich ja nicht, noch mal ins Bett zu gehen.«
»Ich habe gesagt, dass es mir leid tut«, erinnerte ich sie.
»Dabei haben wir nur an den Wochenenden mal ein bisschen Zeit füreinander«, sagte sie. »Warum konnte diese Reise nicht bis Montag warten?«
»Ich werde versuchen,
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