Gekroent
ihn wie ein Kind angestaunt hatte. „Gern geschehen“, sagte sie schnell.
Kai, Shayla und Perth kehrten an den Tisch zurück. Shayla murmelte immer noch Worte des Trostes an Kegan und Kai gewandt, die für Morrigans Empfinden viel zu flirtend klangen, um ernst gemeint zu sein. Birkita drückte ihren Arm. Als Morrigan sie anschaute, schenkte die ältere Frau ihr einen demonstrativen Blick und stand dann auf.
„Herrin, wenn Ihr uns entschuldigen mögt. Die Hohepriesterin würde morgen gerne einige Gebete für Myrnas Seele darbringen. In der Tat sollten alle Priesterinnen sich daran beteiligen, Gebete für Eponas Auserwählte zu sprechen und Adsagsona bitten, Myrna bei ihrer Reise in die Anderwelt zu unterstützen. Für diesen Dienst an der Göttin muss noch einiges vorbereitet werden.“
Birkita warf einen Blick über die Schulter, woraufhin sich alle Priesterinnen erhoben, in Richtung Haupttisch knicksten und den Raum verließen.
Morrigan nahm das zum Anlass, ebenfalls aufzustehen. „Ja, wir haben noch eine Menge zu tun.“
„Nun gut. Ihr seid entschuldigt“, sagte Shayla herablassend.
„Eponas Auserwählte würde Eure Gebete für die Seele ihrer Tochter zu schätzen wissen“, sagte Kai unvermittelt.
Morrigan begegnete seinem Blick und fragte sich, was der seltsame Ton in seiner Stimme zu bedeuten hatte. „Ich bin froh, etwas tun zu können“, sagte sie. Sie knickste und zog sich zurück, da ließ Kegans Stimme sie innehalten.
„Wo kommt Ihr her?“
Sie schaute ihn an und öffnete den Mund, um zu sagen: Oklahoma, auf der anderen Seite der B’an See im Südwesten. Was stattdessen aus ihrem Mund kam, war: „Ich komme von der Göttin.“
Kegan schaute sie noch einige Herzschläge lang an, dann neigte er den Kopf und sagte, ein kleines, ironisches Lächeln auf den Lippen: „Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel, Mylady.“
Zum Glück ergriff Birkita in diesem Moment ihre Hand und führte Morrigan aus der Großen Halle, bevor noch mehr Unerwartetes aus ihrem Mund schlüpfen konnte. Auf dem Weg durch den Raum fühlte Morrigan Kegans Blick auf sich gerichtet.
10. KAPITEL
Die Sidetha hatten nicht viele Gästezimmer, aber die wenigen, die es gab, waren groß und bequem und boten ausreichend Privatsphäre. Kegan kannte sie sehr gut. Er wusste auch, dass sie so abgeschieden lagen, weil die Herrin der Sidetha es so wünschte.
Der Zentaur strich sich nachdenklich mit einer Hand durchs Haar. Shayla änderte sich unglücklicherweise nie. Ihre Maskerade war verlässlich immer die gleiche. Ihr gefiel es, Besucher zu verführen. Nicht alle, natürlich. Nur die Mächtigsten. Bei der Göttin, er war kaum mehr als ein pubertierendes Hengstfohlen gewesen, als sie bei ihm damit begann. Er hoffte, sie war bei diesem Besuch so auf Kai fixiert, der seit langer Zeit einer ihrer absoluten Favoriten war, dass er ihr komplett aus dem Weg gehen konnte.
Er kannte ihr Spiel und war es schon vor Jahren müde geworden. Anfangs würde sie sich ihm freundlich und verführerisch, beinahe nachgiebig anbieten. Wenn er sie zurückwies, würde sie jedoch ihre wahre Natur zeigen und kalt und sarkastisch werden. Er brauchte sich nicht zu fragen, wieso sie sich ihm immer wieder anbot, obwohl er sie in den letzten Jahren konsequent abgewiesen hatte. Er verstand sie gut. Noch bevor er selbst es erfahren hatte, hatte sie gewusst, dass er als Hoher Schamane und jüngster Meisterbildhauer in Partholons Geschichte eines Tages ein hohes Maß an Respekt und Macht erreichen würde. Shayla sehnte sich nach beidem.
Die bedauerliche Wahrheit war, dass er sie anfangs nicht immer zurückgewiesen hatte.
Kegan strich sich erneut durchs Haar. Er brauchte ein Bad und eine Nacht Schlaf. Das Bad war einfach zu bekommen. Schlaf war schon schwerer fassbar. Er musste mit dem Steinmeister reden.
Erschöpft machte er sich auf den Weg zum Gästezimmer nebenan, zögerte aber, bevor er eintrat. Es bestand kein Zweifel, dass ihr Anblick Kai noch mehr verstört hatte als ihn selber, und der Gemütszustand des Steinmeisters war in den letzten Tagen schon schlecht genug gewesen …
„Hör auf, da herumzulungern und komm herein“, rief Kai barsch von der anderen Seite des mit einem Ledervorhang versehenen Eingangs.
Kegan schob die dicke Gardine beiseite, die das Zimmer vomFlur trennte. Er schaute sich um und nickte anerkennend. „Ich nehme an, es ist nur gerecht, dass deine Kammer opulenter ausgestattet ist als meine. Du bist der offensichtliche
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