Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen
Beziehung zu Fritz fand nur noch am Wochenende statt.
Na also: Ging doch!
Ich hatte allen Grund stolz zu sein. Man muss als Chef eben nur konsequent seine Linie fahren, dann klappt das schon. Zumindest, wenn man es mit betrunkenen Frauen im Papageienlook zu tun hat …
Bei den beiden folgenden Exemplaren war das mit dem „konsequent sein“ schon schwieriger.
Anja und Christine waren ziemlich weit in der Emanzipation. Beide waren schätzungsweise in den Mittvierzigern, wobei man das bei Christine auch sah, während Anja ähnlich viele Kilogramm MakeUp im Gesicht hatte wie Schmitti – nur wesentlich professioneller verteilt! – und man bei ihr aus diesem Grund das wahre Alter nur ungefähr erahnen konnte. Die Figur jedenfalls war die einer Dreißigjährigen, da biss die Maus keinen Faden ab, da konnten andere Damen noch so zickig vor Neid werden, das war so. Die Haare hingegen … nun ja: irgendetwas zwischen Mallorca-Tussi-Palme und explodiertem Kopfkissen, das Ganze in blond gesträhnt.
Passend dazu dann das Mundwerk: „Minge Mann …“, so fingen circa sechzig Prozent aller Sätze von Anja Jotzuvicki, verheiratete Haioli (Namen wie gesagt geändert … aber die Originale waren nicht wesentlich besser) an. Und dann folgten unstoppbare Tiraden über ihren Gatten, wahlweise auch ihren Sohn. Diese handelten dann von allen – wirklich allen ! – Lebenssituationen ihrer Männer … über Dinge also, die man nicht wissen wollte, und von denen die Betreffenden selbst wohl erst recht nicht wollten, dass sie zum morgendlichen Tagesthema beim Postamt Meerbusch 1 wurden.
Damit nicht genug: Christine Leichacker, ihres Zeichens beste Freundin von Anja, wusste sämtliche Geschichten immer noch um ein paar pikante Details zu ergänzen, wohnte man doch schließlich in einem Haus. Es konnte also nichts passieren, die Aufklärung über das Intim- und sonstige Leben der Herren Haioli war stets hundertprozentig korrekt und vollständig!
Mariele Stallers erwähnte ich ja bereits. Sie machte ihren Job, aber hatte immer etwas zu meckern. Und wenn sie mal nicht hörte, dann hieß das nur: Sie war auf dem Klo.
Dort, wohin man sich Anna-Maria Wams gerne öfter mal gewünscht hätte. Denn sie hatte es nie geschafft, ihren SPD-Touch abzulegen. In einer Tour laberte sie von Arbeitnehmerrechten, sozialer Ungerechtigkeit und anderen gar schrecklichen Schieflagen, die zu dieser Zeit noch gar nicht so dramatisch waren. Bei der Post war alles geregelt, für jeden Pups bekam man eine Zulage, und wenn man die silbernen Löffel liegen ließ, dann war man auch unkündbar, selbst wenn man kein Beamter war. Erst später hatte sich das alles verschlechtert, wie ich von ehemaligen Kollegen weiß – aber damals hatte Anna-Maria wirklich keinen Grund, Zeter und Mordio zu schreien. Aber sie tat es … Politisch korrekt bis zum Erbrechen, das wollte sie sein.
Nun, bilde man sich selbst ein Bild, ob sie es war, wenn man liest, dass jene Anna-Maria Wams es war, die mir vor etwa zwei Jahren aus heiterem Himmel, vollkommen unerwartet – ich war noch nicht mal mit ihr befreundet (und bin es bis heute nicht, Gott bewahre!) folgende Nachricht bei facebook schickte:
Hallo,
Wolfram Mann ist tot
Liebe Grüße und einen schönen Tag! Anna-Maria
Ein lustiges Smiley dahinter, das wäre es noch gewesen. Man muss wissen, dass jener Wolfram Mann in jungem Alter gestorben war und die Nachricht wirklich für viele ein Schock war – man hätte sich gewünscht, man hätte es anders erfahren als mal eben so im Internet. Aber da war Anna-Maria vor.
Ja doch, als junger Briefeingangsverteilungsaufsichtsbeamter (Wer hat’s erfunden, das Wort? Ausnahmsweise ich!) brauchte ich starke Nerven. Oder taube Ohren. Letztere wollte ich mir nicht zulegen – und erstere hatte ich nach einem Jahr dann nicht mehr.
Allein, ich litt ich unter akutem Schlafmangel. Denn welcher Einundzwanzigjährige geht schon um Neun ins Bett, damit er um Fünf fit ist? In dem Alter, in dem sich Conrad Wibbel befand, da mochte das angehen – also sollte er diesen Job auch schön wieder zurück nehmen.
Man kann nicht sagen, dass wir von dem Tag an, an dem ich Herrn Grothe sagte, dass ich wieder zurück zum Schalter will, noch so etwas wie „gute Kollegen“ oder gar „Freunde“ waren … Kollege Wibbel war in dem Punkt ein wenig nachtragend. Verstehe einer warum. Zu Hause war nur die werte Gattin Clarissa – und die war mehr im Auftrag des Herrn (Pastor) unterwegs als
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