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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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und so musste vor allem Schmitti versuchen, die Täler der Tränen in ihrer Visage mit Schminke zu kaschieren. Wie bereits erwähnt: Sie tat dies in sehr ungesundem Maß. Es hatte meist etwas von einem ganz schrecklichen Verkehrsunfall: Es sah total schlimm aus, man wollte es nicht sehen, aber man musste hingucken.
    Lidschatten bis an den Unterrand der Augenbrauen, in einem gar grauslich schrillen Türkis; Lippenstift, der eigentlich nur für Karneval gedacht sein konnte, da übertreibt man ja gern mal mit allem … und dann diese roten Wangen! Sie sah aus als hätte sie sich die Backen mit Ako-Pads geschmirgelt – Die gesamte Erscheinung war einfach so: man musste Sonnenbrille tragen, sonst bekam man einen irreparablen Sehschaden.
    Aber Fritz fuhr auf diese Erscheinung wohl ab. Oder er soff sie sich schön. Jedenfalls kam es regelmäßig zu erotischen Handlungen zwischen den beiden Schönheiten … und von denen bekamen die Kolleginnen und damit leider auch ich morgens dann haarklein berichtet.
    Ich betete dabei immer: „Herr! Lass kein Bild entstehen!“ – Aber der wiederum erhörte mein Flehen nicht. Da spielte der Kopf einfach Kino und zeigte Filme, die wurde man nie wieder los.
    Eines Morgens, der Dienst hatte schon vor einer knappen halben Stunde begonnen, war Schmitti noch immer nicht da.
    „Ruf dat dolle Jedrisse ma an.“ Mariele Stallers, die am Stadtrand wohnte, mit viel Feld und Acker um sich herum, hatte stets eine etwas derbere Ausdrucksweise als andere Damen. „Dat liecht bestimmt irjendwo voll jesoffen im Jraben.“
    Ich wählte Schmittis Nummer. Es klingelte sieben Mal, ich wollte gerade auflegen, da krächzte eine wohlbekannte Stimme in den Hörer auf der anderen Seite.
    „ Jaaa … wersnda?“
    Mariele hatte Recht. Sehr recht. Ich konnte die Fahne quasi durch die Leitung riechen.
    „Ich bin es – dein Chef. Du hast bereits seit mehr als einer halben Stunde Schicht. Ich geb dir fünfzehn Minuten!“
    Die derangierte Kollegin wohnte keine fünf Minuten zu Fuß entfernt, da s wusste ich. Und ich musste in dem Moment einfach zeigen, wer der Boss ist … obwohl ich wusste, dass es eigentlich gar keinen Sinn machen würde, wenn Schmitti jetzt tatsächlich noch kommen würde, so stritze wie sie war.
    Sie kam auch nicht. Da es aber nicht das erste Mal war, dass sie sich solche Eskapaden erlaubte, wurden ihre Kolleginnen ein wenig ungehalten und zwangen mich mit ihrem Zorn nach zwanzig Minuten erneut ans Telefon.
    „Jaaa … wersnda?“
    „Das hatten wir schon, Frau Schmitt!“, wurde ich offiziell. „Wenn sie jetzt nicht augenblicklich ihr Hinterteil in Bewegung setzen und zum Dienst erscheinen, dann war es das für sie – denn dann können sie ab morgen jeden Tag ausschlafen!“
    Klack! Wortlos wurde am anderen Ende aufgelegt. Ich formulierte im Geiste schon, wie ich das später Herrn Grothe erklären würde, dass ich einer Mitarbeiterin im Prinzip bereits die mündliche Kündigung ausgesprochen hatte und er also nur noch einen Formbrief raus schicken musste. Denn ich rechnete nicht damit, dass Griselda Schmitt auch nur annähernd erfasst hatte, was ich mit meinen Anrufen bei ihr bezwecken wollte.
    Aber dann, eine weitere Viertelstunde später, zuckten alle zusammen. Aus dem Verladeraum, durch den man zu den Verteilräumen gelangte, drang tumultartiges Gezeter zu uns herein.
    „ Sone Scheise! Na warde, diesa junge Schnösel! Dem zeichs jetz!“
    Griselda Schmitt stand kampfbereit in der Tür. Jedenfalls nach ihrer Sicht der Dinge stellte sie sich das so vor. Alle anderen sahen ein Häufchen Elend, dem es schwer fiel, einigermaßen gerade zu stehen. Uiuiuih, das mussten einige Samtkragen gewesen sein (Samtkragen = Korn, gekrönt von Boonekamp; billig, aber wirkungsvoll).
    „Wo issr dumme Junge?“ Ihre Augen blitzten kriegerisch, sie schien zu allem bereit. Ich hielt Ausschau nach Messern oder ähnlichem in ihren Händen, aber nichts dergleichen war zu sehen. Ich war beruhigt. Ihre verbale Munition würde ich mit ziemlicher Sicherheit abwehren können.
    „Was fälltireinich su weckn? Schwerds dir seign. Kein Perspekt … Reksept …. Hach scheise! Kei – ne Achtung vorn Alter hassu, KEI – NE!“ Wenn sie auch in diesem Moment eher einem Waschlappen denn einer kämpferischen Amazone glich: ihre Stimme wurde bedrohlich laut.
    „Setz dich auf deinen Platz und fang an zu arbeiten!“ befahl ich. Dabei bemerkte ich erst, dass man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so regungs- wie

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