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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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Spendenaktionen statt. Auch Deutschland half – und mit ihm die Deutsche Bundespost.
    War es sonst ein ungeschriebenes Gesetz, dass Postämter um Punkt 18 Uhr ihre Pforten schlossen, war es an einem Donnerstag in jenem Juli anders: Die Schalterhallen blieben mindestens eine Stunde länger geöffnet, damit auch die Zeitgenossen, die länger arbeiten mussten, die Möglichkeit hatten, ihre Spende für Afrika einzuzahlen. Ja, damals war das noch so: Da ging man noch zur Bank, Sparkasse oder eben Post, wenn man etwas zu bezahlen hatte, Onlinebanking gab’s da nicht. Nur mal nebenbei: Heute wird man als Kunde raus geschmissen, wenn man es wagen sollte, auch nur zu versuchen, eine Bareinzahlung zu machen – mit etwas so Banalem geben sich die „notleidenden Banken“ und nebenbei auch alle noch intakten Geldinstitute gar nicht mehr oder nur unter schärfstem Protest ab. Schöne neue Welt…
    Zurück zu Afrika: Auch in Meerbusch blieben die Schalter länger geöffnet. Okay … letzten Endes war es nur ein Schalter, der auf blieb: Meiner.
    Ich war der Auserwählte, der den zu erwartenden Ansturm von Spendern bewältigen sollte. Die Medien hatten schon Tage vorher tüchtig Werbung gemacht, also war die bundesdeutsche Bevölkerung bestens informiert, was Sache war und was sie tun musste. Die Deutschen waren immer schon für ihre großen Spendierhosen bekannt, ich konnte mich also auf einiges gefasst machen.
    Die Kollegen ließen mich um viertel vor sechs schließen, damit ich mich noch stärken konnte, bevor mein Sondereinsatz um 18 Uhr losgehen würde.
    Das Spendenaufkommen während der normalen Öffnungszeiten hielt sich in engen Grenzen, also warteten sicher alle nur darauf, Zeuge und gleichzeitig Teil dieses besonderen, ja, man musste nahezu sagen, historischen Moments zu sein, in dem ein Postamt nach sechs noch geöffnet ist.
    „Gleich geht’s los!“ Ich war total aufgeregt und auch gar nicht mehr sauer, dass Herr Grothe ausgerechnet mir diese Sonderschicht aufgebrummt hatte.
    „Lieber Kollege“, hatte er staatstragend gesagt, „es muss ihnen doch eine Ehre sein, sich in den Dienst der guten Sache zu stellen! Und außerdem: Sie sind eh der Jüngste – von daher ist sowieso jeder Widerspruch zwecklos!“ Ich war ange ……, also sauer eben.
    Aber dann überwog letztlich doch mein Stolz, dass ich sozusagen auf einer Stufe mit Michael Jackson war: Er half, ich half, nur gemeinsam waren wir stark, wir beide!
    18 Uhr, die Kollegen saßen rechts und links neben mir an ihren Abrechnungen und ich starrte gebannt Richtung Eingangstür. Wer würde der Erste sein? Vielleicht der Bürgermeister? Oder gar einer der Prominenten, die in Meerbusch wohnten? (Kennt noch wer Ralf Bendix? Nein? Schade … War immerhin mal Manager von Heino und hatte selbst auch ein paar Hits, unter anderem den Babysitter Boogie , bei dem die „kleine Elisabeth“ so niedlich „rölle rölle röööö“ kichert. Kriminal Tango stammt auch von ihm. – Kennense nicht? Schade. Aber okay…)
    18.05 Uhr: Die Tür geht auf, ein Mann in Bundeswehrparka und weiterem Links-Öko-Outfit gewandet tritt ein.
    ,Der spendet, jede Wette!‘, dachte ich. Bundeswehrparkas spenden immer.
    „ Is‘ noch auf?“ fragte er ungläubig.
    „Ja, aber klar doch! Kommen sie näher!“ Ich hielt schon das eigens für diesen Tag gefertigte Info-Blatt mit anhängendem, schon vorgedrucktem Einzahlungsschein bereit. Nur noch der Spendenbetrag musste ergänzt werden, und wem es wichtig war, der konnte noch seinen Namen und Adresse einsetzen.
    „Der Herr – welcher Betrag darf’s denn sein?“ Ich musste ein wenig auf’s Tempo drücken, wenn jeder so lange brauchen würde, dann würde in ein paar Minuten die Warteschlange bis raus auf den Parkplatz reichen.
    „Äh, Moment … a ch ja: 60 Pfennig bitte.“
    Okay … das war jetzt nicht so der Brüller. Aber man musste es so sehen: Von diesen 60 Pfennig konnte man einem Kind in Afrika mindestens drei Brote kaufen. Oder ähnliches. Jedenfalls konnte man es davon länger ernähren als wenn es diese 60 Pfennig nicht geben würde.
    Und der gute Mann hatte sicher seit Tagen schon auf seinen Mate-Tee verzichtet, um sich diesen Betrag abzwacken zu können.
    Ich trug also, von dererlei Gedanken beseelt, „0,60“ in das Einzahlungsformular ein.
    „Haben sie es passend?“ wollte ich gerade fragen, da kam der Parka-Mann mir mit seiner Frage zuvor:
    „Eine Postkarte kostet doch immer noch 60 Pfennig, oder ist die schon wieder

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