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Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen

Titel: Gelb-Phase: Mein Pöstchen bei der Post - Geschichten aus dem Intimleben des Gelben Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Wissen
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Kopfschmuck trug er wohl?) – das waren die Säulen der Ruhe unter den Leuten aus dem anderen Haus. Sie hatten ihren festen Rhythmus, gingen immer zur selben Zeit ihre Post einsammeln und ließen es damit gut sein. Im Gegensatz zu Heike Hibbelig hatten diese drei Herren jeden Morgen eine geregelte Frühstückspause mit dazu gehörigem Stuhlgang. Und Bernd Wenzel fand sogar noch Zeit, aus allen im Amt verteilten Kaffeemaschinen die benutzten Filtertüten einzusammeln, weil die schließlich guten Dünger abgaben für die Pflanzen in seinem Schrebergarten.
                  Jedenfalls verstarben diese drei Männer meines Wissens nach an allem, aber an einem mit Sicherheit nicht: an Herzinfarkt in Folge von arbeitsursprünglichem Stress.
                  Davor bewahrt wurde auch Gruppe Drei: Die humorvolle Fraktion, zu der zum Beispiel solche Frohnaturen wie Lisbeth Fuchs gehörten. Ihrem Naturell nach hätte sie eigentlich aus Köln oder zumindest sonstwo aus dem Rheinland kommen müssen. Tat sie aber nicht, sie gehörte demselben Völkchen an, dem auch unser alter Bekannter Xaver entsprungen ist. Irgendwie musste es bei der Post in Bayern ganz dramatische Zustände gegeben haben, wenn die alle an den Rhein flüchteten, so war meine Vermutung. Denn die beiden waren nicht die einzigen Bajuwaren, die es nach Meerbusch verschlagen hatte. Aber sie waren mit Abstand die lustigsten.
                  Peinlich konnte es dabei mit beiden werden. Wo es aber beim Männlein meist gleich ins Primitive abzurutschen drohte, hatten Lisbeths Aussetzer fast schon wieder Stil.
                  Sie stellte unverrückbar über Jahre – ach was sag ich: Jahrzehnte! – im selben Bezirk zu. Eine Ecke von Büderich, in der größtenteils noch die echten Ureinwohner hausten, die meistens Arbeiter beim großen ortsansässigen Stahlwerk waren oder aber sonst welche Berufe hatten, die weit entfernt waren von Dingen wie Dr. oder Dipl.Ing. und dergl. – Lisbeth war die Botin fürs einfache Volk.
    Man musste sich die gute Frau Fuchs so vorstellen: Dralle Figur, sehr ausladend. Immer rote Bäckchen, sehr rot. Immer einen blauen Faltenrock, sehr faltig. Also gewollt faltig, denn trotz ihrer Leibesfülle konnte man ihr eines nie vorwerfen: dass sie ungepflegt aussah. Womit jetzt um Himmels willen nicht gesagt sein soll, dass gut genährte Menschen grundsätzlich Schmuddel sind! Aber das muss auch der wohlmeinendste Gutmensch zugeben: Die Wahrscheinlichkeit ist schon recht hoch. Aber vertiefen wir das jetzt nicht, den Lisbeth Fuchs legte ja schließlich in all ihrer molligen Pracht die nötige Noblesse an den Tag. Und das Wichtigste: Sie hatte immer ein Lachen im Gesicht.
                  Spätestens wenn sie ihr Rad bepackt hatte und winkend vom Hof fuhr wurde es angeknipst, jenes ungespielte herzliche Glucksen, das sie von dem Moment an durch den Tag begleitete.
                  Natürlich machte sie sich damit nur Freunde in ihrem Bezirk, was sich spätestens zur Weihnachtszeit in barer Münze auszahlte. Während so manche Kollegen aus Kategorie 1 mit ziemlich leeren Taschen nach Hause kamen, (nicht Heike, die sammelte trotz Zeitmangel noch fleißig Penunzenein ) weil sie ihre Kunden ja nie zu Gesicht bekamen, stattdessen den Benachrichtigungsschein fürs Einschreiben schon in den Kasten schmissen bevor der Absender es überhaupt losgeschickt hatte, kam Lisbeth absolut auf ihren Schnitt. Ein vierzehntes Monatsgehalt war da schon  mal drin, die zahlreichen Pralinenschachteln und Weinflaschen noch nicht einmal mitgerechnet.
                  Wobei man schon mal auf den Gedanken kommen konnte, dass die Kunden in ihrem Bereich vor dem Verschenken alkoholisch gefüllter Flaschen mit ihrer Postbotin immer erst eine Probeverkostung selbiger machten.
                  Anders ist es nicht zu erklären, was sich in einem Jahr am 24. Dezember abspielte.
                  Der Heiligabend war bei der Post immer schon ein Arbeitstag. Die Schalter schlossen zwar mittags um zwölf, aber die Zusteller mussten schließlich noch möglichst alle Weihnachtspost zugestellt bekommen, also gab es für sie erst Feierabend, wenn alles weg gebracht war. Die meisten kamen dennoch zur gewohnten Zeit zurück, wie auch immer sie es geschafft hatten, die Berge an Karten loszuwerden. Besser nicht drüber nachdenken.
                  Wir vom Schalter belohnten uns für den

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