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Geld im Mittelalter

Geld im Mittelalter

Titel: Geld im Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Le Golf
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neuen Münzprägestätten brachte eine Neuorganisation und Aufstockung des Personals mit sich, zu dem Münzherren, Münzmeister und Münzwächter sowie Techniker und Gesellen gehörten. Diese Werkstätten wurden im 13. Jahrhundert zum Prototyp der neuen Manufakturen, die hie und da in den Städten in Erscheinung traten. Deswegen bemühten sich die bedeutenderen Landesfürsten und vor allem die Könige darum, die Prägung in jenen Münzstätten zu überwachen, die ihrem Herrschaftsbereich direkt unterstellt waren. In Frankreich war das unter König Philipp II. August der Fall. In Venedig waren das ausgehende 12. und das frühe 13. Jahrhundert durch die häufig erfolgreichen Bemühungen der Dogen der Republik gekennzeichnet, eine kaiserliche Einmischung in die Münzprägung zu verhindern. Es sei außerdem daran erinnert, dass die Menschen des Mittelalters beide Bedeutungen des lateinischen Wortes ratio übernommen hatten: Vernunft (Verstand) und Rechnung. Die Optimierung der Prägung und die Verbreitung des Münzgeldes im 13. Jahrhundert verlagerten den Schwerpunkt auf die zweite Wortbedeutung und trugen zum Fortschritt der Rationalisierung und des Rechnens gleichermaßen bei. Das Geld war ein Instrument der Rationalisierung. 26 In Florenz und Venedig glich die Leitung der Münzstätten derjenigen einer Verwaltungsbehörde. Die Münzmeister der königlichen Münzschmieden waren Bauern, die einen Pachtvertrag mit dem Münzamt abschlossen, in dem die auszuprägende Münzenmenge, die jeweiligen Gewinnanteile des Münzmeisters und des Königs, die technischen Voraussetzungen und die bei der Herstellung zulässige Ausschussmenge festgelegt wurden. Jeder Arbeitsschritt wurde mehrfach kontrolliert – nach Gewicht und Beschaffenheit –, und es mussten Register geführt werden (leider sind die meisten davon heute nicht mehr erhalten) sowohl vom Münzmeister oder seinen Gesellen als auch von Münzwächtern, die die königliche Autorität repräsentierten.
    Die auf diese Weise in Umlauf gebrachten Geldmengen stiegen beträchtlich, jedenfalls an den Orten, für die wir noch über Unterlagen verfügen, die eine Bezifferung ihrer Höhe erlauben, was leider sehr selten der Fall ist. Zwischen 1247 und 1250 wurden in den Münzstätten von London und Canterbury rund 70 Millionen neue Pennys mit einem Wert von 300000 Pfund geschlagen. Es steht zu vermuten, dass Mitte des 13. Jahrhunderts in England etwa 100 Millionen Pennys im Gegenwert von 400000 Pfund in Umlauf waren. Eine Generation später, 1279–1281, prägten diese beiden Münzstätten 120 Millionen neue Pennys im Gegenwert von etwa 500000 Pfund Sterling. Ich habe schon erwähnt, dass Eduard I. um die 750000 Pfund für den Krieg in der Gascogne aufbrachte.
    In Frankreich kamen in den Jahren 1309 bis 1312, für die Zahlenmaterial erhalten ist, monatlich in der Münze von Paris 13 200 Pfund von Tours (livres tournois) zur Ausprägung, in Montreuil-Bonnin 7000, in Toulouse 4700, in Sommières-Montpellier 4500, in Rouen 4000, in Saint-Pourçain 3000, in Troyes 2800 und in Tournai 2300. Außerdem begannen im Laufe des 13. Jahrhunderts die mächtigsten Grundherren, die praktisch oder theoretisch ein Monopol auf die Münzprägung hielten, zumindest einen Teil davon an Münzmeister zu verpachten. So wurde die Münze von Montreuil-Bonnin im Jahr 1253 von Alfons von Poitiers, dem Bruder Ludwigs IX., für die Ausprägung von 8 Millionen Denaren verpachtet. Karl I. von Anjou, ebenfalls ein Bruder Ludwigs des Heiligen, verpachtete für fünf Jahre die Ausprägung von 30 Millionen Denaren von Tours. Pächter waren nicht immer die Münzmeister der betreffenden Prägestätte, sondern zum Teil auch ausländische Unternehmer, zum Beispiel (und zunehmend) lombardische Kaufmannsbankiers. 1305 wurde die Münze des Périgord für fünf Jahre und die Ausprägung von 30 Millionen deniers tournois an zwei Florentiner Unternehmer verpachtet.
    Diese Entwicklung der Münzprägung in verschiedenen Ländern Europas im 13. Jahrhundert änderte nichts daran, dass bei hohen Zahlungen sowohl lokal als auch international weiterhin Edelmetallbarren verwendet wurden. Wie bei den Münzen nahm auch der Umlauf dieser Barren im 14. Jahrhundert drastisch zu. Nachdem das Papsttum nach Avignon umgezogen war, ließ es sich die ihm zustehenden Beiträge der Kirchen aus den verschiedenen Teilen Europas in Form von Barren liefern, die leichter zu transportieren waren als Münzen. Beispielsweise waren die Lieferungen von

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