Gelegenheit macht Diebe - Nicht alles, was schwul ist, glänzt (German Edition)
machen!“
„Das tu ich doch gar nicht! E r ist ganz nett und so, aber spätestens seit vorhin weiß ich, dass er absolut nichts für mich ist.“
„Wieso das?“
Andrea überlegte, wie sie das jetzt ausdrücken sollte. „Ich kann keine Leute gebrauchen, die sich nur für sich selbst interessieren.“
Tina überlegte, ob ihr Lennard jemals selbstsüchtig vorgekommen war. „Reden wir von derselben Person? Le nnard ist kein Ich-Mensch.“
„Tina, er hat sich den ganzen Abend einen Schei ßdreck um dich gekümmert und das, obwohl du mit mir da warst. Und als wir draußen waren, hat es ihn auch nicht gekümmert, was um ihn herum passiert. Er hat mir nicht mal den Nacken massiert, als es so offensichtlich war, dass ich Schmerzen hab ... den will ich ganz bestimmt nicht!“
„Aber er will dich“, antwortete Tina wieder trauriger.
„Ach Tinchen“, sagte Andrea tröstend, „du hast was viel Besseres verdient als den ... und außerdem war der Kuss scheiße!“ Beide Frauen sahen sich an und lachten los. Nachdem sie sich also nun wieder lieb hatten, tauschten sie den restlichen Abend lauter Weisheiten über Lennard und andere Männer aus.
A m nächsten Morgen traute Andrea ihren Augen nicht: Das Bett neben ihr war leer. Tina hatte bisher doch immer verschlafen und war nicht aus dem Bett zu kriegen gewesen und nun war sie schon vor Andrea auf? Das Gespräch am Abend davor schien ihr ja mächtig gut getan zu haben, dachte sie sich. Bestimmt saß sie schon unten im Speiseraum und frühstückte ... Na ja, ok, das Frühstücksbuffet wurde erst in einer halben Stunde geöffnet, aber vielleicht wusste Tina das ja nicht.
Zunächst machte sich Andrea keine weiteren Geda nken darüber, doch nach und nach kam ihr die ganze Sache immer seltsamer vor. Im Badezimmer fehlte irgendwas. Sie war noch zu müde um zu erkennen, was es war, aber dass irgendwas anders war, fiel ihr direkt auf, als sie sich die Zähne putzte. Auch beim Duschen und dann beim Anziehen hörte dieses merkwürdige Gefühl nicht auf. Und plötzlich, beim Schuhe zubinden, kam ihr die Erleuchtung. Am Waschbecken musste sie nicht wie gewöhnlich erst etliche Döschen und Fläschchen beiseite schieben, um Platz für sich zu machen, in der Dusche griff sie direkt nach dem richtigen Shampoo und in dem Zimmer, in dem sie schliefen, türmten sich keine Berge von Klamotten mehr.
Erschrocken hob sie den Kopf. „Tina?!“
Schnell öffnete sie den Schrank und sah, dass nur noch ihre eigenen Klamotten in den Fächern lagen. Sie verstand absolut nicht, was das zu bedeuten hatte, letzte Nacht vorm Schlafen gehen war doch noch alles in Ordnung gewesen. Wie laut hatte sie denn geschnarcht, dass Tina geflüchtet war? Unten im Speisesaal war sie auch nicht und als Andrea versuchte, ihre Freundin auf dem Handy zu erreichen, ging niemand ran.
Aufgebracht versuchte Andrea eine Kleinigkeit zu e ssen, doch sie war so beschäftigt damit, darüber nachzudenken, was passiert sein könnte, dass sie eine ganze Stunde an einem halben Brötchen rumkaute.
Heute war der letzte Vortrag, nach dem man, wenn man wollte, bereits nach Hause fahren kon nte. Der Rest, der sich noch ein Fußballspiel ansehen wollte, wurde am nächsten Tag von einem anderen Bus abgeholt. Besonders für die Herren der Firma war das eine gute Chance, sich bei ihrem Chef aufzuhalten und einen guten Eindruck zu machen. Dazu gehörte in erster Linie, für die richtige Mannschaft zu sein. Für Andrea war das also nichts. Erstens wurde sie bereits für ihre Arbeit geehrt und musste sich den Rang deswegen nicht mehr erkämpfen und zweitens hasst sie Fußball wie die Pest. Eigentlich wollte sie ja auch zum „Auge der Welt“, nur ohne Tina hatte das irgendwie an Reiz verloren.
Im Vortrag nahm Andrea ihre Umgebung kaum war. Sie machte sich spärliche Not izen, die ihr aber im Nachhinein genauso viel weiterhalfen, als wenn sie die ganze Zeit geschlafen hätte.
Ihre Aufmerksamkeit lenkte sich allerdings auf ei nmal auf drei Männer, die zu spät kamen und somit mitten in eine Präsentation reinplatzten. Unter den Dreien war Lennard, der sich, wie die anderen auch, schnell setzte und so tat, als wäre nichts gewesen. Andrea schenkte dem aber keine weitere Beachtung. Sie widmete sich wieder ihren Kritzeleien auf dem Papier, das sie vor sich auf dem Ordnerdeckel auf ihrem Schoß liegen hatte.
In einer der Pausen schnappte sie sich eine Flasche Cola und träumte an einem der Ste htische vor sich hin. Sie fühlte
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