Geliebt, begehrt, verwoehnt
hast mir ja keine Gelegenheit gegeben. Du warst fest entschlossen, mir deine Meinung zu sagen, und das hast du getan."
Melly war ratlos. "Und was mache ich jetzt?"
"Es gibt nur eine Möglichkeit. Du bleibst über Nacht hier."
"Was für eine seltsame Gegend ist das hier?" meinte sie gereizt. Es musste eine Besonderheit dieses Landstrichs sein, dass das Wetter hier so schnell und unerwartet umschlug. Sie hatte im Radio kein Wort über einen drohenden Schneesturm gehört, als sie von London aus in Richtung Westen fuhr. Erst die Überschwemmung, jetzt Schnee im November. "Das ist jetzt das zweite Mal, dass wir gemeinsam von der Außenwelt abgeschnitten sind", sagte sie verwundert zu Finn, während sie hinaus in den Schneesturm blickte.
Der Wind blies ihr eiskalten Schnee ins Gesicht. Schnell trat sie zurück in die Wärme des Hauses. Obwohl sie nur kurz draußen gewesen war, schmerzten ihre Hände und ihr Gesicht von der Kälte.
"Was ist mit den Alpakas?" fragte sie besorgt.
"Denen geht es gut", beruhigte Finn sie und unterdrückte ein Lächeln. "Sie sind an Kälte gewöhnt."
"Aber was ist mit den Kleinen? Den Babys?" Sie erinnerte sich an die Jungtiere und deren Mütter.
"Es geht ihnen gut", wiederholte er.
Melly blickte zur Tür, als würde sie mit dem Gedanken spielen hinauszugehen und selbst nach den Tieren zu sehen. Sie hätte die Alpakas sicher und geborgen in einer neuen Koppel vorgefunden, mit schützenden Strohballen und einem Stall, in dem sie Zuflucht suchen konnten. Er hatte sie erst heute Morgen mit Shane dorthin gebracht, nachdem er den Wetterbericht gehört hatte. Es war derselbe Wetterbericht gewesen, den er ihr gegenüber zu erwähnen vergessen hatte.
"Zur Zeit deiner Großmutter hat es im Park noch Wild gegeben", wechselte er das Thema. "Ich freue mich darauf, sie kennen zu lernen. Bestimmt weiß sie eine Menge über die Geschichte des Guts, wenn sie einmal hier gelebt hat. Die beiden Söhne der Familie, der Shopcutte damals gehörte, sind im Krieg gefallen.
Der Besitz ging an einen entfernten Cousin in Schottland, der bereits ein großes Gut dort besaß ... "
"Du wirst meine Großmutter nicht kennen lernen", unterbrach Melly ihn. "Sie wird nicht hierher kommen, das habe ich dir doch gerade erklärt."
Es entstand eine lange Pause. Schließlich sagte Finn ernst: "Hast du dir das gut überlegt, Melly? Stell dir doch bitte vor, nicht ich, sondern jemand anders hätte dir den Mietvertrag angeboten. Würdest du ihn dann auch ablehnen?"
Melly biss sich auf die Lippe. "Ich will nicht mehr darüber reden", erwiderte sie kurz angebunden. "Würdest du mir jetzt bitte mein Zimmer zeigen?" Sie beschloss, sich ab jetzt höflich und distanziert zu verhalten.
"Dein Zimmer? Da gibt es leider ein kleines Problem. Bisher gibt es in diesem Haus nur ein benutzbares Schlafzimmer."
"Nur ein Schlafzimmer?" wiederholte Melly ungläubig.
Dunkelbraune Augen blickten misstrauisch in eisblaue.
„Ja. Ein Schlafzimmer", bestätigte Finn.
7. KAPITEL
Den Rest des Nachmittags hatten sie darüber gestritten, wer von ihnen die Nacht in dem einzigen bewohnbaren Schlafzimmer verbringen würde. Finn bestand darauf, das Schlafzimmer Melly zu überlassen, während er auf dem Sofa im Wohnzimmer schlafen würde. Schließlich hatte er sich durchgesetzt. Aber nur, weil sie freiwillig nachgegeben hatte, wie sie ihre Niederlage vor sich selbst rechtfertigte. Er hatte einen Trumpf ausgespielt, dem sie nichts entgegenzusetzen hatte: "Dies ist mein Haus, und die Entscheidung, wer wo schläft, liegt bei mir. Als Gastgeber habe ich das Recht, zu Gunsten eines Gastes auf das Schlafzimmer zu verzichten."
Die Worte Gastgeber und Gast hatten sie getroffen, und sie hatte nicht länger darauf bestanden, auf dem Sofa zu schlafen. Jetzt stand sie in seinem Schlafzimmer und blickte starr aus dem Fenster. Vor ihr lag die schneebedeckte Landschaft. Sie konnte es nicht länger hinauszögern, sich umzudrehen und das Bett anzusehen. Seit Finn sie vor einer halben Stunde in das Zimmer geführt hatte, hatte sie es vermieden. Er hatte sie allein gelassen, während er das Abendessen zubereitete, damit sie sich ein bisschen frisch machen konnte.
Es war ein Doppelbett. Groß genug für zwei Erwachsene und ein paar Kinder, dachte sie unwillkürlich. Warum dachte sie plötzlich an Kinder? Um sich abzulenken, konzentrierte sie sich auf das Zimmer. Die hohe Decke und der Stuck waren typisch für die Zeit, in der das Haus erbaut worden war. Die Wände und
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