Geliebte Betrügerin
ich würde Ihnen die Anerkennung für all das, was Sie für das Kind getan haben, verweigern?«
Sie hob das Kinn und überspielte mit gereiztem Tonfall ihre Angst. »Diese Welt ist zweigeteilt. Auf der einen Seite stehen die Menschen, die etwas tun. Auf der anderen die, die den Lohn dafür einstreichen. Ich tue etwas. Und ich
brauche
diesen Empfang auch nicht, um mir bescheinigen zu lassen, dass ich eine hart arbeitende, respektable Untertanin Ihrer Majestät bin.«
»Man sollte Ihnen den Hintern versohlen«, sagte er mit falscher Freundlichkeit. »Aber dazu habe ich Jetzt leider keine Zeit.«
Wenn das der wirkliche Kerrich war, dann machte er ihr Angst. »Ich kann nicht dahin gehen, bitte!« Sie klammerte sich am Bettpfosten fest. »Die Leute kennen mich.«
»Welche Leute?«
»Der Hochadel. Die feine Gesellschaft. Die Leute, die über meinen Vater Bescheid wissen.« Hätte sie sich nur vor seiner kaltschnäuzigen Gleichgültigkeit verbergen können! »Sie werden mich mitleidig anstarren. Ich gehe nicht hin.«
»Diese Leute spielen überhaupt keine Rolle.«
Sie starrte ihn an. »Für Sie vielleicht! Sie sind der Earl of Kerrich! Niemand würde es wagen, Sie auszulachen oder abfällige Bemerkungen darüber zu machen, wie tief Sie gestürzt sind oder Ihnen mit gespieltem Mitgefühl zu kondolieren.«
»Ach? Ich war zehn Jahre alt, als mein Vater gestorben ist und meine Mutter damit angefangen hat, in der männlichen Bevölkerung zu wüten. Haben Sie irgendeine Vorstellung, wie oft ich mich für ihren guten Ruf prügeln musste? Was bei weitem mehr war, als sie je für ihren guten Ruf getan hätte!« Er war außer sich. So außer sich, dass er zu brüllen angefangen hatte. »Wissen Sie, wie oft ich mir für diese Frau die Nase gebrochen habe?«
Pamela lehnte sich an den Pfosten und schüttelte den Kopf.
»Zweimal.« Er hielt zwei Finger hoch. »Und dann hat sie mich alleine gelassen. Sie hat mich bei Großvater gelassen und ist mit dem ersten ihrer reisefreudigen Liebhaber auf den Kontinent. Sie kommt gelegentlich hier vorbei und begreift nicht, warum ich mich nicht über ihre Besuche freue. Und das, obwohl sie das Gedenken an meinen Vater in gröbster Weise beschmutzt hat und mich zum Gespött noch des letzten Idioten gemacht hat.« Er ballte langsam die Faust und zeigte dann mit dem Finger auf sie. »Sie werden uns nicht sitzen lassen!«
»Das habe ich auch gar nicht vor.«
»Auch wenn Sie der Ansicht sind, dass ich es nicht verdient habe, Beth hat etwas Besseres verdient.«
Es machte sie fuchsteufelswild, wie er einfach ihre Gefühle ignorierte und sich aufführte, als drehe sich alles nur um ihn. »Begreifen Sie das denn nicht? Ich will nicht noch einmal gedemütigt werden«, zischte Pamela.
»Sie werden sich diesen Leuten früher oder später ohnehin stellen müssen«, erwiderte Kerrich. »Dann können Sie es genauso gut gleich machen.«
Sie saß auf diesem Bett, umklammerte mit den Fäusten das Unterkleid und tat ihr Möglichstes, ihn ihre Verachtung spüren zu lassen. »Ich hätte gedacht, Sie wären verständnisvoller, nachdem Sie diese Sache durchlebt haben.«
»Verständnisvoller, was das Verlassenwerden angeht?« Er packte sie am Handgelenk. »Oder was die Launen der Frauen betrifft?«
Er trat wieder einen Schritt zurück und betrachtete sie. Sah sie eingehend an. Die Hektik war wie weggeblasen. Er leckte sich die Lippen, während er ihren Körper studierte. Aber sie kannte mittlerweile die Anzeichen seiner Erregung. Und das hier war keine Erregung. Er wirkte eher, als dämmere ihm eine Schreckensvision, als versuche er verzweifelt, irgendetwas zu begreifen.
Pamela fing zu grübeln an und hegte mit einem Mal einen Verdacht …
Er holte tief Luft und sagte: »Nein.« Dann kam er auf sie zu. Pamela hob abwehrend die Hände. Aber er riss ihr alles vom Leib, sogar die Strümpfe und schien ihre verwirrte Gegenwehr gar nicht wahrzunehmen. Er drehte sie in den Schein des Feuers herum, befahl: »Nicht bewegen.« Und trat einen Schritt zurück.
Sie versuchte beschämt, sich mit den Händen zu bedecken. »Verdammt noch mal, Frau. Die Hände weg!«
Sie sah ihn trotzig an und wäre doch am liebsten geflohen.
»Wissen Sie, wer ich bin?«, fragte er mit bebender Stimme.
Erinnerte er sich plötzlich dieser längst vergangenen Nacht? Ja, da war sie sich sicher. »Sie sind Lord Kerrich.«
»Ich habe Sie früher schon einmal gesehen, nicht wahr? Vor vielen Jahren auf einem Empfang, den König William für
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