Geliebte Betrügerin
Papier mit Wasserzeichen und einige Fässer der schwarzen Spezialtinte entwendet hat, mit denen sie ihre Banknoten drucken. Er hat alles auf einen Handkarren gepackt und war auf dem Weg zum Hauptausgang, als er entdeckt wurde – und zwar von den Wachen der Bank!«
»Ein Hurra auf die Wachen der Bank! Aber wie erklären sich die Regierungsleute, dass Lewis beinahe erfolgreich gewesen wäre, ganz ohne Komplizen?«, fragte Kerrich frustriert.
»Unglücklicherweise können sich nicht einmal die Wachen vorstellen, wie er so weit kommen konnte. Und mein einziger Mann hier in der Bank kam gerade vom Mittagessen, als alles schon ›Haltet den Dieb!‹ gerufen hat, die Kunden herausstürzten und Athersmith diese verfluchte Pistole gezogen hat.« Moulton schüttelte den Kopf. »Es tut mir Leid, Mylord. Aber nicht mal meine Männer verhandeln mit einem Wahnsinnigen, der eine Pistole hat.«
»Und so ist Lewis also entwischt.«
»Er ist verschwunden.«
»Und keine Spur von einem Komplizen? Kein Ablenkungsmanöver?«
»Nicht, wenn man den Regierungsleuten oder den Wachen glaubt.«
»Lügen sie, oder sind das alles Idioten?«
»Was die Regierungsleute angeht, würde ich Letzteres annehmen, Mylord. Aber den Wachen hätte etwas auffallen müssen, was sie aber verneinen.«
»Befragen Sie sie weiter. Sehen Sie zu, dass Sie ihnen irgendwelche Fakten entlocken.« Kerrich blickte in die nachmittägliche Sonne. Der Vorfall, wie undurchsichtig und frustrierend er auch war, war nichts im Vergleich zu dem, was ihn Zuhause erwartete. Er dachte an Beth, und was für eine schlimme Entdeckung sie gemacht hatte; an Pamela, und diese schreckliche Szene, die sie beide aufgeführt hatten. Und jetzt musste er in den Buckingham-Palast, wo die Queen seine Hosen als Druckmittel aufbewahrte, wo Pamela und Beth durch die Flure liefen und auf sein Blut aus waren.
Er würde vor allen dreien zu Kreuze kriechen müssen. Genau dieses Durcheinander aus verwirrten und verletzten Gefühlen, sobald Frauen im Spiel waren, war der Grund dafür, dass er echte Liebesbeziehungen mied. ja, er bevorzugte das Seichte, das Flüchtige.
Dummerweise waren weder die Königin noch Pamela und noch nicht einmal Beth in dieser Hinsicht qualifiziert. Der Abend würde ihm abscheuliche Erfahrungen bescheren.
Er zog seine Taschenuhr. »Wenn ich mich beeile, schaffe ich es gerade noch zu Beths Debüt vor der Königin.«
»Sie fahren in den Buckingham-Palast, Mylord?«
Kerrich starrte Moulton wütend an, als sei der für die Katastrophe verantwortlich, zu der sein Leben geworden war. »In der Tat. Ich habe mich zu amüsieren.«
Vor zwei Stunden hätte Pamela sich nicht einmal vorstellen können, zum Buckingham-Palast zu fahren, ohne dabei ausschließlich an sich selbst zu denken. An ihre ureigensten Qualen, wenn sie die Königin traf und so viele andere Persönlichkeiten der Gesellschaft, die über sie und ihren Hintergrund Bescheid wussten.
Aber während Kerrichs Kutsche auf die breiten Steinstufen zuruckelte, dachte sie nur an Beth. Beth, die ihr und Lord Reynard auf der rückwärts gerichteten Sitzbank gegenübersaß. Beth, die ihr Rüschenkleid anhatte, weiße Strümpfe und schwarze Lackschuhe. Beth, deren Mischung aus Sensibilität und Gossenerfahrung jeden von Pamelas Erklärungsversuchen wie einen Witz aussehen ließen.
»Lord Kerrich wollte ein Kind im Hause haben, damit er respektabler wirkt«, sagte Pamela.
»Ich weiß.« Beth hatte das Gesicht ans Fenster gedrückt und beobachtete das Gewühl aus Lakalen und Kutschknechten.
»Also habe ich eingewilligt, ihm ein Kind zu beschaffen.«
»Und Sie haben ihm ein Kind beschafft«, sagte Beth ruhig.
Pamela erzählte ihr widerstrebend den schlechteren Teil der Geschichte. »Wir haben beide die ganze Zeit gewusst, dass das Kind nicht adoptiert werden würde.« Und setzte hastig hinzu: »Aber ich wollte, dass er dich adoptiert. Ich habe ihn ermuntert, viel Zeit mit dir zu verbringen, weil ich wusste, dass er sich in dich verlieben würde.«
Die Nachmittagssonne fiel durch die Fenster. Pamela konnte gerade noch erkennen, wie Beth die Augen verdrehte.
Und was noch schlimmer war, Lord Reynard schnaubte verächtlich.
Wenn Pamela den freundlichen alten Herrn nicht überzeugen konnte, hatte sie keine Chance, irgendwen zu überzeugen. Insbesondere Beth nicht, die doch die Einzige war, die wirklich zählte. »Lord Kerrich wäre auch mit dir hierher gekommen«, sagte Pamela. »Aber er hat etwas ganz Wichtiges zu
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