Geliebte Betrügerin
tun.«
»Ach, wirklich?« Beth drückte fest das Gesicht ans Fenster, während sich die Kutsche langsam vorwärts bewegte. »Ich wette, Sie wissen nicht mal, was.«
»Nein. Nein, ich weiß es nicht.« Pamela wusste nicht, weshalb sie Kerrich eigentlich verteidigte. Vermutlich, weil seine Abwesenheit Beth so wehtat, noch mehr, als sie bereits verletzt worden war. Das Kind hatte Besseres verdient. »Aber ich weiß, dass er nicht gegangen wäre, wenn es nicht wirklich wichtig gewesen wäre.«
Beth schaute Lord Reynard an. »Es ist wegen dieser Fälscher, oder?«
»Nein«, korrigierte Pamela automatisch. »Welche Fälscher? Wovon redest du denn?« Ihre beiden Mitreisenden ignorierten sie geflissentlich.
Lord Reynard machte einen verblüfften Eindruck, die normalerweise herzliche Miene reglos und streng. »Junge Dame, was weißt du über die Geldfälscherei?«
»Ich hab Mr. Athersmith auf meiner Kindergesellschaft darüber reden hören.«
»Du hast gelauscht?« Pamela schlug einen Kommandoton an, aber so wie die beiden sich um sie scherten, hätte sie genauso gut auf Chinesisch fragen können.
Reynard beugte sich auf Beths Augenhöhe herunter. »Verstehst du, wie wichtig das jetzt ist?«
»Ja.« Aber dann zuckte sie die Achseln. »Nicht richtig, glaub ich.«
»Geldfälscherei ist ein sehr schlimmes Verbrechen«, erklärte Lord Reynard. »So wie Stehlen und sich nicht trauen, seinem Opfer in die Augen zu sehen.«
»Mr. Athersmith war deswegen auch in Sorge.«
»Ich verstehe nicht. Lord Kerrich und Mr. Athersmith untersuchen einen Fall von Geldfälscherei?« Pamela mühte sich ab, irgendwie mitzukommen.
Lord Reynard sagte: »Beth, du musst mir das jetzt sagen mit wem hat Mr. Athersmith gesprochen, und was hat er gesagt?«
»Er hat mit einer Lady gesprochen. Oben, wo sie gar nichts zu suchen hatten.«
»Eine Lady? Du meinst, eine Frau?«
»Eine Lady«, insistierte Beth. »Ich hab sie nicht gesehen, sie war nämlich so gemein zu ihm, dass sie bestimmt nicht gewollt hätte, dass ich da bin.« Beth machte einen zufriedenen Eindruck, mädchenhaft und kindlich. Sie ließ die Beine hin und her baumeln und hüpfte auf dem gepolsterten Ledersitz.
Aber ihr Blick war konzentriert, und Pamela konnte Lord Reynard ansehen, wie ernst er Beth nahm.
»Sie hat also wie eine feine Dame gesprochen?«, fragte er. »Nicht wie eine Dienstmagd. Miss Fotherby, vielleicht?«
»Nein! Weil die Dame nämlich gesagt hat, dass Mr. Athersmith gescheit und reich sein müsste, damit er Miss Fotherby bekommt. Er müsste damit aufhören, dummes Zeug zu reden und mit der Trinkerei aufhören. Dann hat sie ihm die Flasche weggenommen.« Beth kräuselte das Näschen. »Außerdem habe ich Miss Fotherby reden hören. Sie hat eine dünne Stimme und kichert recht viel. Die Lady hat aber viel tiefer geklungen und wütend. So wie Mrs. Fallowfield, wenn wir Waisenkinder die Mäuse gefüttert haben.«
Pamela schwirrte der Kopf. Mit einer solchen Konfusion hatte sie nicht gerechnet. Direkt vor ihrer Nase war ein Verbrechen verübt worden, und alle hatten es gewusst, nur sie nicht. Aus genau diesem Grund wies sie die jungen Gouvernanten immer an, sich ja nicht mit ihren Arbeitgebern einzulassen. »Mr. Athersmith hat versucht, sich Geld zu verdienen, indem er einem Geldfälscher das Handwerk gelegt hat?«
»Nein, ich glaub nicht, dass Mr. Athersmith einer von den Guten ist.«
Pamela dachte an den freundlichen jungen Mann mit dem blonden Haar, der so aufrichtig wirkte und ihr – verglichen mit seinem Cousin – stets wie der Inbegriff an Redlichkeit erschienen war. »Mr. Athersmith ist in die Geldfälscherei verwickelt?« Ihre Stimme war laut geworden.
Beth analysierte Mr. Athersmith mit der Scharfsinnigkeit des Kindes. »Er ist unwichtig. Er ist arm. Und er ist einer von denen, die all das haben wollen, was die anderen auch haben. Aber er will es auf die leichte Art bekommen.« Sie sah Pamelas große, entsetzte Augen und setzte schnell hinzu: »Aber ich kann mich auch irren.«
»Natürlich irrst du dich. Mr. Athersmith ist aufrichtig und gut.« Pamela wartete darauf, dass Lord Reynard seinen Großneffen verteidigte, doch er schaute nur zum Fenster hinaus. Pamela versuchte immer noch, zu verstehen und fragte: »Auch wenn das mit Mr. Athersmith stimmt, warum sollte sich eine Lady für Geldfälscherei interessieren?«
Reynard würdigte sie erstmals eines Blickes und wirkte, als hätte Pamela einen wichtigen Punkt angesprochen. Er rieb sich das Kinn
Weitere Kostenlose Bücher