Geliebte Betrügerin
Gelächter aus.
»Das hat sie sich getraut?« Colbrook riss entgeistert die Augen auf.
»Sie hat sich die letzten paar Tage noch einiges mehr getraut. So rüde bin ich nicht mehr gemaßregelt worden, seit ich noch in Kniehosen herumgelaufen bin.«
»Ich mag sie jetzt schon«, sagte Tomlin.
»Das glaube ich.« Kerrich und Tomlin grinsten einander an. Schließlich war Tomlin Kerrichs bester Freund.
»Sie sind ja ganz vernarrt in sie, Kerrich«, sagte Swearn.
»Machen Sie sich nicht lächerlich. Sie ist nicht mein Typ. Ich bevorzuge schöne, geschmeidige, dümmliche Frauen, keine übertrieben blassen, scharfzüngigen Hausdrachen.«
»Du hast dich doch noch verliebt«, gackerte Lord Reynard.
Kerrich schoss zornig herum.
Aber Reynard war sein Großvater und hatte ein Recht, Kerrichs Gefühlsleben zu kommentieren, auch wenn er nur selten die Gelegenheit dazu ergriff. Aber wenn er es tat, pflegte Kerrich lachend darüber hinwegzugehen. Warum war er diesmal so aufgebracht? »Bei allem Respekt, Sir, ich verliebe mich niemals. Aber Miss Lockhart würde mich wäre sie hier – darauf hinweisen, dass ich als Gastgeber die Pflicht habe, mich meinen etwas weiblicheren Gästen zu widmen.«
»Dann tun Sie lieber, was sie sagt, oder sie versohlt Ihnen noch den Hintern«, spöttelte Pitchford.
Kerrich stellte das Glas auf dem Tisch ab, verbeugte sich und sagte: »Sie, Pitchford, sollten lieber zu Ihrer Frau heimgehen, bevor sie den Bediensteten noch befiehlt, Sie aus Ihrem eigenen Haus auszusperren.«
Pitchford rutschte nur noch tiefer in den Sessel, und Kerrich machte sich lächelnd auf die Suche nach den Damen. Sie waren für sein Vorhaben schließlich von größerer Bedeutung, als die Männer es je sein konnten.
Im Salon waren die Lakaien dabei, Erfrischungen zu reichen, und dort war es auch, wo er die Damen vorfand – mit zusammengesteckten Köpfen flüsternd. Doch bei Kerrichs Anblick schoss alles eiligst auseinander.
Er hörte Miss Lockhart so deutlich, als spräche sie ihm tatsächlich ins Ohr.
Wir können die Gesellschaft nicht dazu zwingen, Beth mit offenen Armen aufzunehmen. Wir können nur mit demonstrativer Gelassenheit mit der Situation umgehen und darauf hoffen, dass sich dann auch die Anerkennung einstellt. Erinnern Sie sich an unsere Zielsetzung Ihre Majestät soll Gutes über sie zu hören bekommen.
Miss Lockhart. Sie verfolgte ihn richtiggehend.
Er nahm all seinen Charme zusammen, trat ein, verbeugte sich vor jeder der Damen und erntete Reaktionen, die zwischen Zurückhaltung und Missbilligung schwankten. »Lady Albon. Lady Colbrook. Lady Swearn. Mrs. Tomlin. Und Miss Fotherby.« Miss Fotherby – Lord Swearns Tochter, ein Mädchen mit frischem Gesicht, die dazu auserkoren war, der strahlende Stern der nächsten Ballsaison zu werden, sobald sie bei Hof vorgestellt worden war. »Lassen Sie mich Ihnen allen dafür danken, dass Sie Ihre Kinder hergebracht haben, damit sie Beth kennen lernen können. Ich weiß, dass Sie alle nur gekommen sind, weil Sie meinem Urteilsvermögen vertrauen.«
»Wie kommen Sie darauf, Lord Kerrich?« Lady Swearn stand durchaus berechtigterweise im Ruf, unverfroren zu sein.
»Weil ich gute Gründe haben muss, mir ein Kind ins Haus zu holen«, lachte Kerrich höhnisch über sich selbst. »Sie kennen mich doch gut genug, um zu wissen, dass ein überzeugter Junggeselle wie ich nur ein Kind aus akzeptablem Elternhaus und von gutem Benehmen aufnehmen würde.«
Lady Swearn richtete sich kerzengerade. »Die Szene, die wir gerade erlebt -«
»Ich bitte um Vergebung, aber soweit ich weiß, hat der kleine Chlswick schon letztes Jahr so etwas angerichtet … Ich erinnere mich nicht an die Einzelheiten, weil ich Kindern bis dato wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.« Kerrich legte die Stirn in Falten und tat, als denke er nach. »Vielleicht erinnern Sie sich ja genauer?«
Lady Swearn fixierte ihn mit stechendem Blick und mutmaßte, dass Kerrich auf gut Glück herumspekulierte.
Wie es schien, mit großem Erfolg.
Lady Colbrook und Lady Swearn waren im selben Alter. Doch während Lady Swearn eine hingebungsvolle Mutter war, die engagiert am Leben ihrer Kinder teilnahm, hatte Lady Colbrook ihre beiden Kinder erfolgreich verheiratet. Dünn, schön und von kühlem Intellekt, liebte es Lady Colbrook zu tratschen, gewann den meisten Situationen eine gewisse Komik ab und kleidete sich nach der neuesten Mode. Aber ihre Abneigung gegen Brutalitäten war ebenso evident. »Meinen Sie den
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