Geliebte der Ewigkeit (German Edition)
aber Quinn sprach einfach weiter. „Über die Pläne dieses selbstherrlichen Mistkerls unterhalten wir uns ein anderes Mal. Mich interessiert im Augenblick nur Morrighans Wohlergehen.“
„Seine hochfliegenden Pläne und meine kleine Arschkriechernummer werden uns hoffentlich die Zeit verschaffen, die wir benötigen, deine Kleine rauszuboxen.“ Damit waren die Themen Réamann und die Bráthair an Dorchadas auch für Cináed beendet. Er blickte mit sinkender Begeisterung über den riesigen Berg an Schriftrollen und Büchern. „Und das hier.“ Er legte eine in Leder gebundene Rolle auf den Tisch, die Quinn vorher nicht aufgefallen war.
„Was ist das?“ Mit wenig Begeisterung beäugte Quinn die ramponierte Rolle. „Es stinkt verbrannt.“
„Deine Leute sind nicht zimperlich mit unseren Besitztümern umgegangen, wenn es ihnen schon einmal gelungen ist, uns zu schlagen.“ Cináeds Gesicht verfinsterte sich. Seine lockeren Sprüche täuschten Quinn nicht darüber hinweg, dass die einzige Sache, die ihre Freundschaft belastete, nicht so unbedeutend war, wie er es gern darstellte. Fast hätte sie ihre Freundschaft im Keim erstickt.
Bei ihrer ersten Begegnung hatten sie einander die Seele aus dem Leib geprügelt wegen einer Frau. Einer Sheoques mit Lapislazuli-Augen, an der sie beide Interesse hatten. Ein Interesse, das weder in seinem noch im Fall des überheblichen Lykaners, für den er Cináed damals hielt, die Nacht überdauert hätte. Sie waren beide zu besoffen gewesen, um einzusehen, dass die Frau die Prügelei nicht wert war. Sie verdrückte sich mit einem Rugadh, noch während sie das Mobiliar der Schränke mit dem Kopf des jeweils anderen zertrümmerten. Seit dieser Nacht waren sie unzertrennlich und mehr als einmal der Grund für verwunderte Blikke. Ein Lykaner und ein Rugadh, das wurde nur durch eine Gefährtin getoppt, auf deren Tod man einen heiligen Eid geleistet hatte.
„Woher hast du das?“ Quinn öffnete vorsichtig die Verschnürung der rindsledernen Hülle. In ihrem Inneren fanden sich mehrere Blatt Pergament. Wenige unversehrt, viele angesengt und einige nur in Fragmenten erhalten, die man wie Puzzleteile zusammenfügen musste. Die Handschrift des Verfassers zeichnete sich durch einen vollendeten Schwung aus und war dort, wo Alter und Feuer sie verschont hatte, gut lesbar. Wenn man mit dem altertümlichen Rugalainn des Ardh Cód vertraut war. Der Hohe Kodex war die Hinterlassenschaft ihres Schöpfers Asarlaír, ehe der sich nie wieder hatte blicken lassen. Wenn ihn überhaupt ein Rugadh je zu Gesicht bekommen hatte und er nicht nur ein religiöses Konstrukt war, das erklären sollte, wofür es keine Erklärung gab, an das Quinn jedoch zu glauben geneigt war, seit ihm ein Wunder in Gestalt Morrighans widerfahren war. Eines mit Klauen und Fängen zwar, aber die besaß er auch.
„Ich habe mir erlaubt, den Saal zu verlassen, als ihr Name fiel. Irgendetwas hat da bei mir geklingelt und ich wollte wissen, welches Glöckchen das war. Außerdem brauchte ich ein Time-out von Réamanns Show. Also habe ich in der Zwischenzeit das hier aus meinem Kram herausgesucht.“
„Ich frage mich wirklich, warum du mit mir befreundet bist, wo dich jeder andere ankotzt, der so ist wie ich“, murmelte Quinn, während er versuchte, die Schrift auf dem brüchigen Pergament zu entziffern.
„Ich liebe deine dunkle, geheimnisvolle Seite, mein kleiner Vampir. Und ich muss sagen, dass du in letzter Zeit bedeutend besser riechst.“
„Was?“ Quinn riss sich von den schwungvollen Schnörkeln der Schriftrolle los.
„Schwarzer Mohn.“ Cináed schnupperte grinsend in seine Richtung. „Der hypnotische Duft der kleinen Schwester des Todes. Beruhigend und tödlich zugleich. Eine der seltensten Pflanzen unserer Welt, und ich beziehe mich nicht nur auf die, die wir mit den Menschen teilen. Sie wächst nur auf der Zyklopeninsel Pailos bei der Ruinenstadt Palakar. Und wahrscheinlich im Garten ihres Bruders. Aber das zu überprüfen, trauten sich nicht viele.“
Quinn fluchte über seine Nachlässigkeit, die auch Réamann nicht entgangen sein dürfte. Eine breitere Spur zu Morrighan hätte er kaum legen können. Ihr Duft auf seiner Haut war ihm innerhalb kürzester Zeit so vertraut geworden, dass ihm die Möglichkeit, ihn zu unterdrücken, nicht in den Sinn gekommen war. Ihm war nicht viel mehr als ihr Duft auf seiner Haut von ihr geblieben. Der Gedanke, auch das zu verlieren …
Plötzlich fiel ihm das Atmen schwer.
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