Geliebte der Finsternis
weit sein, dann würden sie in die Nacht hinauseilen und ihr das Herz aus dem Leib reißen.
Ein wunderbarer Gedanke, der Stryker beglückte.
Das Tor des Saals schwang auf, und sein letzter überlebender Sohn Urian trat ein. Wie der Vater ganz in Schwarz gekleidet, hatte er langes blondes Haar, das mit einer schwarzen Lederschnur zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war.
Mit seiner Schönheit überstrahlte Urian sogar seine Artgenossen, obwohl die gesamte Rasse unglaublich gut aussah.
Seine tiefblauen Augen funkelten, während er den Saal durchquerte, stolz und anmutig wie ein tödliches Raubtier. Als Stryker ihn zum ersten Mal hierher gebracht hatte, war es ihm seltsam vorgekommen, den Erzeuger eines Mannes zu spielen, der so alt aussah wie er selbst. Trotzdem waren sie Vater und Sohn.
Mehr noch - Verbündete.
Stryker würde jeden töten, der sein Kind bedrohte.
»Hast du schon etwas gehört?«, fragte er.
»Noch nicht«, erwiderte Urian. »Der Were Hunter erklärte mir, er hätte die Witterung der Erbin verloren. Aber er würde sie wieder aufspüren.«
Stryker nickte. Letzte Nacht hatte der Were Hunter-Spion von einem Kampf berichtet, bei dem einige Daimons in einer Disco gestorben waren.
Normalerweise nahmen Stryker und Urian solche
Kämpfe nicht wichtig. Doch der Spion behauptete, jene Daimons hätten ihr anvisiertes Opfer »die Erbin« genannt.
Die ganze Erde hatte Stryker nach ihr abgesucht. Vor fünf Jahren, in Belgien, hätten die Spathis sie beinahe getötet. Bedauerlicherweise hatte ihr Bodyguard sich geopfert und ihr zur Flucht verholfen.
Seither war sie nicht mehr gesichtet worden. Keine verräterischen Begegnungen mit Apolliten. In der Tat, die Erbin verhielt sich genauso raffiniert wie zuvor ihre Mutter.
Also hatten Stryker und sein Volk abgewartet.
In dieser Nacht sollte ihre Geduld belohnt werden. Stryker hatte Patrouillen nach St. Paul geschickt. Mit Unterstützung der Were Hunter, die ihm dienten, würden sie die Erbin zweifellos finden.
Voller Vorfreude schlug er seinem Sohn auf den Rücken. »Mindestens zwanzig Spathis müssen bereitstehen. Dann kann sie uns nicht entkommen.«
»Ich werde die Illuminati einsetzen.«
Zufrieden neigte Stryker den Kopf. Zu den Illuminati zählten er selbst und sein Sohn, gemeinsam mit dreißig anderen, den Leibwächtern der Zerstörerin. Jeder Einzelne hatte seiner Mutter einen Bluteid geschworen, um zu beteuern, eines Tages würde sie die niedere Region verlassen und die Erde wieder beherrschen.
Wenn dieser Tag anbrach, wären Stryker und Urian die Prinzen der Welt, nur der Regentin verantwortlich.
Nun rückte der ersehnte Augenblick endlich in greifbare Nähe.
Warum Wulf an diesem Abend zum Inferno fuhr, wusste er nicht. Nur eins stand fest - er verspürte einen inneren Zwang, der jeder Vernunft widersprach.
Vielleicht lag es an dem verrückten Wunsch, die Nähe der Frau zu suchen, die seine Träume dominierte. Sogar jetzt glaubte er ihr bezauberndes Lächeln zu sehen, ihren süßen Körper zu spüren, der ihn willkommen hieß.
Oder noch besser, sie zu schmecken.
Die Gedanken an Cassandra quälten ihn. Denn sie weckten Gefühle und Bedürfnisse, die er vor Jahrhunderten verbannt hatte.
Brauchte er so etwas? Tatsache war, dass er nichts sehnlicher als ein Wiedersehen wünschte.
Das ergab keinen Sinn.
Zudem war es höchst unwahrscheinlich, dass sie an zwei Abenden hintereinander denselben Club aufsuchen würde.
Trotzdem fuhr er dorthin. Dagegen konnte er nichts tun. Irgendwie gewann er den Eindruck, er hätte seine Selbstkontrolle verloren, eine unsichtbare Macht würde ihn beherrschen.
Nachdem er sein Auto geparkt hatte, ging er die stille Straße entlang, wie ein schweigendes Phantom in der frostig kalten Nacht. Der Winterwind umwehte ihn und biss in sein Gesicht.
Während einer solchen Nacht hatte Artemis ihn in ihre Dienste genommen. Auch damals war er auf der Suche gewesen, allerdings nach etwas anderem.
Oder doch nicht?
Du bist eine Seele auf der Wanderschaft und suchst einen Frieden, der nicht existiert. Du wirst verloren sein, bis du die einzige innere Wahrheit findest. Niemals können wir uns vor dem verstecken, was wir sind. Stattdessen müssen wir es umarmen - darin liegt unsere einzige Hoffnung.
Bis zum heutigen Tag verstand er nicht wirklich, was
die Worte der alten Seherin bedeuteten, die er in jener Nacht besucht hatte, weil er hoffte, sie würde ihm erklären, wie Morginnes und Lokis Seelen ausgetauscht worden
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