Geliebte der Finsternis
beobachtete ihn im Deckenspiegel. Wie merkwürdig, dass sie ihn in ihrem Traum heraufbeschworen
hatte. So wachsam war sie immer gewesen, so vorsichtig wählte sie die Menschen aus, die sie berühren durften. Also hatte sie in ihrem Unterbewusstsein einen wundervollen Liebhaber erschaffen, weil sie sich im wirklichen Leben keinem hinzugeben wagte.
Wegen des drohenden Todesurteils sollte sich niemand in sie verlieben oder für sie sorgen. Und es widerstrebte ihr, ein Kind zu gebären, das um sie trauern würde. Ein Kind, das allein und verängstigt zurückbleiben müsste.
Gejagt und verfolgt.
Das Letzte, was sie wünschte, wäre die Trauer eines Mannes wie Wulf. Nach ihrem Tod würde er sein Kind aufwachsen, leben und sterben sehen, von einem Fluch verdammt, den er nicht verschuldet hatte.
Aber in ihren Träumen konnte sie ihn von allen Bedenken befreit lieben. Ohne Furcht. Ohne Versprechen. Ohne gebrochene Herzen.
Es gab nur sie beide, nur diesen einen beglückenden Augenblick.
Als er ihre Hüfte küsste, umfasste sie atemlos seinen Kopf, und er genoss das Gefühl ihrer zärtlichen Finger, die sich in sein Haar gruben.
So oft war er in der Vergangenheit durch seine Träume gewandert, stets auf der Suche nach der einen Frau - die ihn schließlich überlistet und zu einem verhängnisvollen Tausch gezwungen hatte. Denn das Schicksal eines Dark Hunters war nicht seine Bestimmung gewesen. Niemals hatte er Artemis seine Seele verschrieben oder die Gelegenheit zu einem Racheakt als Gegenleistung für seine Dienste erhalten.
Um den Schmerz nach dem Tod seines Bruders zu mildern, hatte er Trost gesucht. Einen warmen Körper, in dem er versinken könnte, der ihm helfen würde, wenigstens
kurzfristig zu vergessen, dass er Erik auf ein Schlachtfeld geführt hatte, in einem Land, weit entfernt von der Heimat.
In Morginne glaubte er zu finden, was er ersehnte. Sie erwiderte seine Begierde mit gleicher Glut.
Aber am Morgen nach seiner einzigen Nacht mit der Dark Huntress änderte sich alles. Irgendwann während des Liebesakts oder etwas später hatte sie ihre Seele mit seiner vertauscht. Nicht mehr sterblich, wurde er in ein neues Leben hineingeboren - und tückisch von Morginne verflucht, sodass sich kein Sterblicher an ihn zu erinnern vermochte. Auf diese Weise entrann sie Artemis’ Macht und konnte die Ewigkeit mit dem nordischen Gott Loki verbringen.
Den grausamen Fluch, mit dem sie sich verabschiedet hatte, verstand er noch immer nicht.
Danach hatte ihn nicht einmal sein Neffe Bironulf erkannt.
Hätte Wulf nicht Acheron Parthenopaeus’ Mitleid erregt, wäre er jetzt völlig verloren. Der Anführer aller Dark Hunter hatte ihm erklärt, niemand könne Morginnes niederträchtige Tat ungeschehen machen, aber er sei imstande, eine Milderung zu bewirken. Mittels eines Tropfens von Bironulfs Blut sorgte er dafür, dass sich alle an Wulf erinnern würden, in deren Adern sein Blut floss. Zudem schenkte der Atlantäer ihm übernatürliche Kräfte.
Dann erläuterte er, wie Wulf unsterblich geworden sei und welche Gefahren ein Dark Hunter meiden solle - zum Beispiel das Sonnenlicht, das ihm empfindlich schaden würde.
So lange, wie Artemis die »neue« Seele Wulfs besäße, müsse er ihr dienen, hatte Acheron betont. Etwas anderes bleibe ihm nicht übrig.
Und die Göttin beabsichtigte keineswegs, ihn freizulassen. Nicht, dass ihn das ernsthaft störte. Immerhin war die Unsterblichkeit mit gewissen Vorteilen verbunden.
Dazu gehörte eindeutig die Frau, die jetzt unter ihm lag. Er strich über ihren Schenkel und lauschte ihren Atemzügen. So köstlich schmeckte sie, nach Salz und Weiblichkeit. Und sie roch nach Rosen und Puder.
Ihr Duft und ihr Geschmack reizten ihn so maßlos, wie er es nie zuvor verspürt hatte. Zum ersten Mal nach unendlich langer Zeit erregte eine Frau besitzergreifende Instinkte.
Diese Frau wollte er bei sich behalten. Der Wikinger in ihm erwachte zu neuem Leben. In seinem menschlichen Dasein hätte er sie einfach davongetragen und jeden getötet, der es wagen mochte, ihn von ihr zu trennen.
Sogar nach all den Jahrhunderten war er der Zivilisation kaum näher gekommen. Was er begehrte, nahm er sich. Immer.
Leise schrie Cassandra auf, als sein Mund ihre intimste Zone umschloss. Ihr Körper brannte vor Verlangen nach Wulf, und sie bäumte sich auf. Im Spiegel über dem Bett beobachtete sie ihn.
Noch nie hatte sie etwas so Erotisches gesehen wie diesen Mann, der sie stimulierte, und seine
Weitere Kostenlose Bücher