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Geliebte der Finsternis

Titel: Geliebte der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherrilyn Kenyon Eva Malsch
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Wir bringen unsere Geschenke in die Welt. Dann zerfallen wir zu Staub.«
    Zitternd hob sie ihre rechte Hand und zeigte ihm fünf winzige rosa Tränentropfen, in der Gestalt von Blütenblättern auf die Handfläche tätowiert.
    »Wenn unsere Lieben sterben, verewigen wir sie auf diese Weise. Hier habe ich eine Träne für meine Mutter, die anderen vier für meine Schwestern. Niemand wird jemals das musikalische Gelächter meiner Schwestern hören, niemand wird sich an das gütige Lächeln meiner Mutter erinnern. In acht Monaten wird nicht genug von mir übrig sein, dass mein Vater etwas begraben könnte. Nur Staub. Und wozu? Für etwas, das meine Ahnin vor Jahrtausenden verbrochen hat? In meinem bisherigen Leben wagte ich nur selten, Freundschaften zu schließen. Weil ich niemandem zumuten wollte, mich kennen und lieben zu lernen - und dann zu verlieren. Mir graut davor, noch jemanden zurückzulassen, der wie mein Vater um mich trauern wird. Bald werde ich nur noch ein vager Traum sein. Du stehst vor mir, Wulf Tryggvason, der unbesiegbare Wikinger, ein Nachfahre des Volkes, das einst die Erde überfiel und plünderte. Wie viele Menschen hast du in deinem sterblichen Dasein getötet, auf der Suche nach
Ruhm und Reichtum? Warst du besser als die Daimons, die töten, um am Leben zu bleiben? Auf welche Weise bist du denn besser als wir?«
    »Das kann man nicht vergleichen.«
    »Wirklich nicht?« Ungläubig runzelte sie die Stirn. Warum verstand er nicht, was doch offensichtlich war? »Heute loggte ich mich in deine Website ein und las die Namensliste. Kyrian von Thrakien, Julian von Mazedonien, Valerius Magnus, Jamie Gallagher, William Jess Brady. Schon seit vielen Jahren studiere ich Geschichte. Jeden einzelnen dieser Namen kenne ich - und den Schrecken, den diese Männer zu ihrer Zeit verbreitet haben. Warum dürfen die Dark Hunter ihre Unsterblichkeit genießen, obwohl die meisten in ihrem menschlichen Leben Mörder waren - während wir nur durch unsere Geburt verdammt sind, obwohl wir keines Verbrechens schuldig sind? Wo bleibt da die Gerechtigkeit?«
    Solche Worte wollte er nicht hören. Noch nie hatte er über die Daimons nachgedacht und überlegt, was sie zu ihrem Verhalten trieb. Er musste einen Auftrag erledigen. Deshalb tötete er diese Kreaturen. Natürlich, die Dark Hunter waren im Recht, die Beschützer der Menschen. Und die Daimons, diese grausamen Raubtiere, verdienten es, getötet zu werden. »Die Daimons sind böse.«
    »Bin ich böse?«
    Nein, das war sie nicht - sie war …
    Etwas, das er nicht zu bezeichnen wagte.
    »Du bist eine Apollitin«, erklärte er entschlossen.
    »Im Grunde bin ich nur eine Frau, Wulf«, erwiderte sie schlicht. In ihrer Stimme schwangen tiefe Gefühle mit. »Ich weine und ich trauere, ich lache und ich liebe. So wie meine Mutter. Ich sehe keinen Unterschied zwischen mir und all den anderen Frauen auf diesem Planeten.«

    In Wulfs Augen erschien wieder jenes Feuer, das sie zu verbrennen drohte. »Ich schon, Cassandra, ich erkenne den Unterschied.«
    Mit diesen Worten traf er sie bis ins Mark. »Dann haben wir uns nichts mehr zu sagen. Wir sind Feinde. Etwas anderes können wir niemals sein.«
    Als sie diese unabänderliche Wahrheit aussprach, holte er tief Atem. Gewiss, seit Apollo seine eigenen Kinder verflucht hatte, waren die Dark Hunter und die Apolliten Todfeinde.
    »Das weiß ich«, sagte er leise. Seine Kehle verengte sich.
    Er wollte nicht ihr Feind sein, alles in ihm sträubte sich dagegen.
    Was konnte er dagegen unternehmen? Dieses Leben, das er führte, hatte er nicht gewählt. Dazu war er gezwungen worden. Jetzt musste er seine Pflicht erfüllen.
    Also war er Cassandras Feind.
    Diese Tatsache brach ihm das Herz.
    »Nun will ich dir zeigen, wo du schlafen kannst.« Er führte sie in den Flügel des Hauses, der Chris’ Räumen gegenüberlag. Hier würde sie die Privatsphäre genießen, die sie sich wünschte.
    Schweigend sah sie sich in dem großen, komfortablen Schlafzimmer um, das sie hinter ihm betreten hatte. Auf ihrer Brust lag die schwere Last einer inbrünstigen Sehnsucht - eines törichten Strebens nach Dingen, die nicht für sie bestimmt waren. Was erwartete sie von Wulf?
    Natürlich konnte sie ihn nicht daran hindern, ihr Volk zu töten. So ging es nun einmal zu auf dieser Welt. Daran würde eine weitere Diskussion nichts ändern.
    Sie durfte ohnehin nicht auf eine engere Beziehung mit Wulf oder einem anderen Mann hoffen. Ihr Leben war so gut wie beendet.

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