Geliebte der Finsternis
zu Hause, Cassandra. Im Kühlschrank findest du Bier, Wein, Milch, Fruchtsaft und Sodawasser.« Er zeigte ihr, wo Gläser und Geschirr verwahrt wurden.
Dann verließen sie die Küche, und er schaltete das Licht aus, bevor er Cassandra in ein gemütliches Wohnzimmer führte. Neugierig musterte sie zwei schwarze Ledersofas und einen passenden Sessel. Als Couchtisch fungierte eine reich verzierte silberne Truhe im mittelalterlichen Stil. An einer Wand entdeckte sie einen großen Flachbildfernseher, eine Stereoanlage, einen DVD-Player und einen Videorekorder, daneben sämtliche der Menschheit bekannte Computerspielsysteme.
Beim Anblick des großen veralteten Wikingerspiels zog sie die Brauen hoch. So etwas passte nicht zu Wulfs ernsthaftem Wesen. »Spielst du damit?«
»Manchmal«, erwiderte er mit leiser Stimme. »Meistens amüsiert sich Chris damit. Ich hänge lieber vor meinem Computer herum.«
Beinahe hätte sie über das Fantasiebild gelacht, das seine
Worte heraufbeschworen. Nach ihrer Ansicht war er viel zu zielstrebig, um einfach nur herumzuhängen.
Er schlüpfte aus seinem Mantel und legte ihn über eine Couch. In diesem Moment erklangen Schritte im Flur.
»Hi, alter Knabe, hast du gesehen …« Chris’ Stimme erstarb, als er in einer Pyjamahose aus marineblauem Flanell und einem weißen T-Shirt die Schwelle überquerte.
Verwirrt riss er die Augen auf.
»Hi, Chris«, grüßte Cassandra.
Einige Sekunden lang schwieg er, während er von einem zum anderen schaute.
Halb wütend, halb genervt begann er schließlich zu sprechen. »Nein, nein, nein. Das ist nicht fair. Da habe ich endlich eine Frau gefunden, die mich tatsächlich in ihre Wohnung gelassen hat, und du bringst sie für dich selber nach Hause?«
Plötzlich ging ihm ein neuer Gedanke durch den Sinn, und er wurde blass.
»Oh, bitte, sag mir, du hast sie für dich hierher mitgenommen! Nicht für mich! Du willst mich nicht schon wieder verkuppeln, Wulf, oder? Wenn doch, werde ich dich ermorden, während du schläfst, das schwöre ich und …«
»Entschuldige«, unterbrach Cassandra die Tirade, die Wulf zu amüsieren schien. »Zufällig stehe ich in diesem Zimmer und höre das alles, Chris. Für was für eine Frau hältst du mich?«
»Für eine sehr nette«, beteuerte Chris hastig. »Aber Wulf ist extrem autoritär. Dauernd zwingt er die Leute zu irgendwas, das sie gar nicht wollen.«
Wulf schnaufte geringschätzig. »Und warum kann ich dir dann nicht klarmachen, dass du dich fortpflanzen musst?«
Triumphierend warf Chris seine Arme hoch. »Da siehst du’s, Cassandra! Ich bin nämlich der einzige lebende Mensch, der seine Wikinger-Gene in sich trägt. O Gott, ich wünschte, mein Vater wäre zeugungsfreudiger gewesen!«
Über dieses Wort musste Cassandra lachen. »Zeugungsfreudiger?«
»Ach, du hast ja keine Ahnung«, seufzte er angewidert. Dann starrte er Wulf an. »Also? Warum hast du sie hergebracht?«
»Ich beschütze sie.«
»Wovor?«
»Vor Daimons.«
»Vor großen, bösen Daimons«, fügte Cassandra hinzu.
Chris akzeptierte diese Information viel gelassener, als sie erwartet hatte. »Weiß sie, was mit uns los ist, Wulf?«
»Ja, sie weiß fast alles.«
»Hast du mich deshalb nach der Dark-Hunter.com-Website gefragt, Cassandra?«
Sie nickte. »Weil ich etwas über Wulf rausfinden wollte.«
Sofort erwachte sein Misstrauen, was er nicht verhehlte.
»Das ist schon in Ordnung, Chris«, versicherte Wulf. »Eine Zeit lang wird sie bei uns wohnen, du musst dich nicht vor ihr verstecken.«
»Schwörst du das?«
»Natürlich.«
Der Junge atmete erleichtert auf. »Also kämpft ihr zwei gegen Dämonen, eh? Das würde ich auch gern tun. Aber Wulf flippt aus, wenn ich nur ein kleines Buttermesser anfasse.«
Damit brachte er Cassandra wieder zum Lachen.
»Im Ernst«, fuhr er fort. »Er ist so schlimm wie eine Glucke. Sogar noch lästiger. Habt ihr beide viele Daimons abgemurkst?«
»Keinen«, murmelte Wulf. »Die waren stärker als die durchschnittlichen Seelensauger.«
»Das müsste dir doch gefallen«, meinte Chris. »Endlich hast du jemanden gefunden, der dich grün und blau schlagen kann.« Er wandte sich wieder zu Cassandra. »Übrigens, hat er dir sein kleines Problem erklärt?«
Verwundert überlegte sie, welches »kleine« Problem Wulf stören mochte. Ihr Blick schweifte automatisch zwischen seine Beine.
»He!«, fauchte Wulf. » Das war nie mein Problem. Eher seins!«
» Scheiße!«, protestierte Chris. »Damit habe ich
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