Geliebte der Finsternis
Wozu würde eine Liebesnacht führen?
Nirgendwohin.
Schließlich nahm sie Zuflucht zu ihrem Humor, der ihr über die Tragödien ihres Daseins hinweggeholfen hatte. Einen anderen Trost besaß sie nicht. »Wenn ich mich in diesem Haus verirre - gibt es einen Suchtrupp, der mich aufspüren kann?«
Er lachte nicht. Fast greifbar stand eine Barriere zwischen ihnen. Seine Miene verschloss sich. Und das war gut so.
»Gleich bin ich wieder da, ich hole dir etwas, in dem du schlafen kannst.« Er wandte sich zur Tür. Aber ihre Frage hielt ihn zurück.
»Vertraust du mir so wenig, dass ich nicht einmal wissen darf, wo du schläfst?«
Langsam drehte er sich zu ihr um, sein Blick schien ihre Augen zu durchbohren. »Wo ich schlafe, hast du bereits gesehen.«
Brennendes Blut stieg in ihre Wangen, als sie sich an ihren erotischen Traum erinnerte. An jenen Spiegel, der ihr einen leidenschaftlichen Liebesakt gezeigt hatte. »Das schwarze Schmiedeeisenbett?«
Wortlos nickte er und ging davon.
Allein gelassen, sank sie auf die Matratze und verdrängte ihre Gedanken. »Was mache ich hier?«, flüsterte sie. Ein Teil ihres Ichs riet ihr zur Flucht. Wäre es nicht besser, Stryker gegenüberzutreten und sich dem Kampf zu stellen?
Aber ein anderer Teil wollte in die Träume zurückkehren - so als hätte es diesen Tag nie gegeben.
Sie wollte etwas, das ein grausames Schicksal ihr niemals vergönnen würde.
Eine verbotene Fantasie - einen Mann, zu dem sie gehören, der sie umarmen und festhalten und mit ihr altern
würde. Ein Mann, der ihr die Hand drückte, wenn sie sein Baby zur Welt brachte.
Unmöglich. Schon vor vielen Jahren hatte sie solche Träume begraben.
Bis jetzt war sie auch keinem Mann begegnet, der die Sehnsucht nach diesem verbotenen Glück geweckt hätte. Das wünschte sie sich erst, seit sie in schwarze Augen geschaut und einem Wikingerkrieger gelauscht hatte, der an den Schuldgefühlen seiner Vergangenheit litt.
Ja, jetzt verlangte sie nach einem solchen Glück. Ein unerfüllbarer Wunsch. Niemals würde Wulf zu ihr gehören. Und wenn doch, würde sie in wenigen Monaten sterben.
Den Kopf in beide Hände gestützt, brach sie in Tränen aus.
7
»Bringen Sie mich zu Cassandra!«, fauchte Kat die rothaarige Dark Huntress an, die neben ihr im Auto saß. Auf ihrem eigenen Terrain würde sie sich von niemandem herumkommandieren lassen, das passte nicht zu ihrem Charakter. »Ich bin die Einzige, die sie beschützen kann.«
»Klar.« Corbin bog in die Zufahrt ihrer Villa. »Sie haben ja auch fabelhafte Arbeit geleistet. Wovor haben Sie Cassandra beschützt? Vor ihrem Müll?«
Da sah Kat rot, und sie verspürte den intensiven Drang, die Dark Huntress zu pulverisieren - ein Nebenprodukt des wilden Temperaments, das die Mutter ihr vererbt hatte. Zum Glück für Corbin besaß sie stärkere Wesenszüge von ihrem Vater. Schon vor langer Zeit hatte sie gelernt, tief Atem zu holen und diese kindischen Impulse zu zügeln.
Wenn sie in Wut geriet, würde sie nichts erreichen. Sie musste Cassandra finden. Doch sobald sie ihre Kräfte dazu benutzte, würde Stryker das Mädchen ebenfalls aufspüren. Schon vor langer Zeit hatte der Drecksack gelernt, den subtilen Nuancen von Kats Talenten zu folgen und diese Fähigkeit gegen sie zu verwenden. Deshalb hatte sie ihn in der Disco nicht angegriffen. Ob es ihr passte oder nicht, Stryker war stärker als sie. Hauptsächlich, weil es ihn nicht interessierte, wen er auf dem Weg zu seinem Ziel verletzte.
Also brauchte sie die Dark Huntress, die sie zu Cass führen musste.
Kat hatte sich nur für fünf Minuten aus dem Apartment zur Zerstörerin teleportiert, um ihr klarzumachen, dass sie Cass in Ruhe lassen musste.
Wie hätte sie auch ahnen können, dass die Zerstörerin die Ablenkung nutzen und in der Abwesenheit des Bodyguards ihren Sohn und seine Spießgesellen auf Cass hetzen würde?
Sie fühlte sich so schmählich hintergangen, dass sie kaum zu atmen vermochte. In all den Jahrhunderten hatte sie sowohl Apollymi als auch Artemis treulich gedient. Nun wurde sie von beiden missbraucht, während sie einander bekämpften, und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
Kat wunderte sich, warum ihr Vater nicht in die »Reindeer Games« der Göttinnen eingriff. Er war viel klüger als die Tochter, denn er hatte sich stets aus solchen Situationen herausgehalten. Nur er allein schien zu verstehen, was in den beiden Göttinnen vorging.
Könnte sie doch mit ihm reden. Wahrscheinlich würde er
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