Geliebte der Finsternis
sterben«, schluchzte sie an seinem
Hals. »Ich will mein Baby nicht verlassen. So viel muss ich ihm sagen. Es wird nicht einmal wissen, dass ich jemals existiert habe.«
Ihre Verzweiflung brach ihm fast das Herz.
Könnte er ihr doch versichern, ihre Angst sei grundlos. Doch er durfte sie nicht belügen. Denn sie litt unter einem Schicksal, das sie beide nicht ändern konnten.
»Noch haben wir Zeit, Cassandra. Erzähl mir alles über dich, deine Mutter und deine Schwestern. Ich werde dafür sorgen, dass dein Baby erfährt, was mit deiner Familie geschehen ist. Auch seine Nachkommen werden es wissen. Niemals werden sie dich vergessen.«
»Versprichst du mir das?«
»Das schwöre ich. Und ich werde sie alle immer beschützen. Auch das schwöre ich dir.«
Seine Worte schienen sie zu beruhigen. Während er sie liebevoll in seinen Armen wiegte, fragte er sich, wer von ihnen beiden ein härteres Los tragen musste. Die Mutter, die nicht miterleben würde, wie ihr Kind aufwuchs, oder der Vater, der dazu verdammt war, dieses Baby und alle seine Nachfahren sterben zu sehen?
9
Wulf stellte Cassandra und Chris drei volle Wochen lang unter Hausarrest. Aber als die Zeit verstrich und keine Daimons auftauchten, fragte er sich, ob er seine Vorsichtsmaßnahmen vielleicht ein bisschen übertrieb.
Nur widerstrebend verzichtete Cassandra auf ihre Seminare und Vorlesungen am College, und die drei Wochen erschienen ihr wie drei Monate. Zudem gab es noch ein anderes Problem. Jeden Morgen rebellierte ihr Magen und bewies ihr, dass tatsächlich ein Baby in ihr heranwuchs.
Noch nie hatte Wulf etwas so Wunderbares mit angesehen wie Cassandras Schwangerschaft, wenn er auch sein Bestes tat, um sich emotional von ihr zu distanzieren.
Doch das fiel ihm sehr schwer - insbesondere, weil sie so viel Zeit miteinander verbrachten. Cassandra erklärte Wulf alles, was das Baby später erfahren musste. Meistens klang ihre Stimme ruhig und gefasst, während sie die Vergangenheit schilderte, über ihre Mutter, die Schwestern und den Vater sprach. Mit jeder kostbaren Erinnerung, die sie ihrem ungeborenen Kind enthüllte, fühlte er ein noch engeres Band, das sie beide umschloss.
»Siehst du«, sagte sie, hielt ihre Finger mit dem Siegelring vor den kleinen Camcorder in seiner Hand, und er stellte die Linse darauf ein. »Wie meine Mutter mir erzählte, war das der Ehering, den die atlantäischen Könige bei ihren Hochzeiten benutzten.« Voller Wehmut
betrachtete sie den Ring. »Keine Ahnung, wie er all die Jahrhunderte überstanden hat. Meine Mutter vertraute ihn meinem Vater an, der ihn mir geben sollte. Eines Tages wird dein Vater ihn an deinen Finger stecken, mein geliebtes Baby.«
Wann immer sie die Zukunft des Kindes erwähnte, die sie nicht miterleben würde, krampfte sich Wulfs Herz zusammen. Ihr grausames, ungerechtes Schicksal stürzte ihn in tiefe Verzweiflung.
Kummer und schmerzliches Bedauern lagen in ihren Augen.
Wenn sie weinte, litt er mit ihr. So gut er es vermochte, tröstete er sie. Aber letzten Endes wussten sie beide, was ihr drohte.
Das Grauen ließ sich nicht verhindern.
Tagsüber kam ihr Vater oft zu Besuch.
Sie machte Wulf nicht mit ihm bekannt, denn der Vater würde sich ohnehin nicht an ihn erinnern.
Dafür war Wulf sogar dankbar.
Aber ihr Vater lernte Chris kennen, und sie wollte dafür sorgen, dass die beiden in Verbindung blieben, wenn sie ihr Baby geboren hatte.
In der Mardi Gras-Nacht hatte Acheron angerufen, er hatte Wulf von sämtlichen Dark Hunter-Pflichten entbunden und beauftragt, vorerst ausschließlich Cassandra und das Baby zu schützen. Zwei Dark Hunter wurden nach St. Paul geschickt und übernahmen Wulfs übliche Patrouillen. In erster Linie sollten sie Stryker und seine Daimons an weiteren Anschlägen hindern.
Außerdem nannte Ash den Namen eines apollitischen Dark Hunters, Spawn, der Wulf vielleicht helfen konnte, alles zu beschaffen, was Cassandra während ihrer Schwangerschaft brauchte. Wulf rief jede Nacht in Spawns Haus
an und hinterließ eine Nachricht. Bisher hatte der Mann sich nicht gemeldet.
Auch Acheron war nicht mehr zu erreichen.
Als das Handy läutete, beobachtete Cassandra, wie Wulf es aus der Hosentasche zog und sich meldete. Sie wusste, dass er sich Sorgen machte. Nicht nur um Chris und sie selbst. Vor einigen Wochen war sein bester Freund Talon verschwunden, keiner der Dark Hunter konnte Kontakt mit ihm aufnehmen.
Acheron war ebenfalls unauffindbar. Immer wieder erklärte
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