Geliebte der Finsternis
Prinzessin, und Sie müssen sich besser ernähren.«
Während sie das Gel von Cassandras Bauch wischte, betrachteten die Eltern das Bild ihres Babys.
»Wie ein Engel sieht er aus«, wisperte Cassandra.
»Also, ich weiß nicht … Eher wie ein Frosch.«
»Wulf!«
»Stimmt doch, oder?«
»Dr. Lakis?« Sie wartete, bis die Ärztin sich zu ihr wandte.
»Glauben Sie, das Kind wird …« Beklommen unterbrach sie sich, unfähig, den Satz zu beenden.
»Wollen Sie wissen, ob es wie ein Apollit sterben wird?«
Cassandra nickte.
Die Augen voller Mitgefühl, erklärte Dr. Lakis: »Ehrlich gesagt, das weiß ich nicht. Nach seiner Geburt können wir einige Tests vornehmen. Aber die Genetik ist eine komplizierte Wissenschaft, da sind exakte Prognosen sehr schwierig.«
Mühsam schluckte Cassandra und zwang sich zu einer weiteren Frage. So viel würde von der Antwort abhängen. »Lässt sich irgendwie feststellen, ob ich länger leben werde?«
»Womit Sie rechnen müssen, wissen Sie, Cassandra. Tut mir leid. Sie gehören zu den Glücklichen mit menschlichen Eigenschaften. Aber Ihre apollitischen Gene sind sehr stark. Das beweisen die Bluttransfusionen, die Sie regelmäßig brauchen.«
Als Cassandras letzte Hoffnung schwand, glänzten neue Tränen in ihren Augen.
»Kann man denn gar nichts unternehmen?«, fragte Wulf.
»Cassandras einzige Chance wäre die Verwandlung in einen Daimon. Und ich bezweifle irgendwie, dass Sie ihr das gestatten würden.«
Wie apollitisch wird mein Sohn sein? Cassandra drückte das Ultraschallfoto an ihre Brust. Ist er auch verdammt? Sie schwieg, solange die Ärztin und die Krankenschwester im Zimmer blieben.
Erst als sie mit Wulf allein war, richtete sie sich im Bett auf und schlang voller Angst vor der Zukunft die Arme um seinen Hals.
»Alles wird gut, villkat«, flüsterte er.
Könnte sie ihm doch glauben. Zumindest fühlte sie sich getröstet, weil er den Eindruck zu erwecken suchte, sie wären ein ganz normales Paar mit normalen Sorgen.
Es klopfte, und sie ließen einander los. Dann öffnete Wulf die Tür. Phoebe trat ein. Ohne ihn zu beachten, ging sie zum Bett und legte ein Bündel auf das Fußende. »Ich dachte, du brauchst ein paar saubere Kleider, Cassie.«
»Danke. Hast du was von Urian gehört?«
Phoebe schüttelte traurig den Kopf. »Manchmal dauert es ein paar Tage, bis er mit mir reden kann. Manchmal sogar Monate.«
Bestürzt hob Cassandra die Brauen. Obwohl sie Wulf erst seit kurzer Zeit kannte, konnte sie sich unmöglich vorstellen, auch nur einen einzigen Tag zu ertragen, an dem sie nicht mit ihm sprechen, an dem sie ihn nicht zum Lachen bringen würde. Wie schrecklich musste das für ihre Schwester sein. »Warum lebst du nicht mit ihm zusammen?«
»Weil sein Vater mich umbringen wollte. Was wir sind …« Sie zeigte auf Cassandra und sich selbst. »… weiß er. Wenn er uns jemals zusammen erwischt, würde er auch Urian töten.«
Wulf trat an Phoebes Seite. »Da Sie immer noch leben und verheiratet sind, ist Apollos Blutlinie gesichert, nicht wahr?«
»Keineswegs«, erwiderte sie wehmütig. Über ihr Gesicht glitt ein Schatten. »Daimons können keine Kinder zeugen. So wie die Dark Hunter sind wir lebende Tote. Deshalb ließ ich meinen Vater und Cassie im Glauben, ich wäre gestorben. Hätten sie erfahren, was ich geworden bin, wären sie noch unglücklicher geworden.«
»Hat es dich sehr verändert?«, fragte Cassandra. »Ist es so, wie uns immer erzählt wurde?«
»Ja und nein. Einem Daimon fällt es schwer, dem Drang des Tötens zu widerstehen. Er muss die Seelen, die er sich aneignet, sorgfältig auswählen, weil ein Teil ihres Wesens mit seinem verschmilzt. Für Daimons, die morden, ist es anders als für meinesgleichen.«
»Für Ihresgleichen?« Wulf runzelte die Stirn. »Was bedeutet das?«
»Also bist du ein Anaimikos-Daimon, Phoebe«, erriet Cassandra.
Ihre Schwester nickte.
Jetzt wuchs Wulfs Verwirrung. Diese Bezeichnung kannte er nicht. »Was heißt das?«
»So nennt man einen Daimon, der seine Nahrung von anderen Angehörigen seiner Spezies bezieht«, erklärte Phoebe. »Mein Ehemann stillt meinen Hunger.«
»Ist das denn möglich?«, fragte Wulf erstaunt.
»Ja.«
Während er diese Information verarbeitete, begann er
umherzuwandern. In seiner Welt hatte es nur zwei Arten von Daimons gegeben. Die Gewöhnlichen, die davonrannten, wenn sie angegriffen wurden, und die Spathis, die sich wehrten. Seit der Begegnung mit Cassandra hatte er von zwei
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